Außenministerin bei der jährlichen Botschafterkonferenz in Wien
Wien (bmeia) - "Wir verstehen uns als außen- und europapolitische Vernetzungs- und Kompetenzzentrale
für Österreich. Das erfordert vom "Unternehmen Außenministerium", mit seinen weltweit
109 "Filialen", laufende Arbeit an seiner Unternehmenskultur und den konsequenten Ausbau der Servicefunktion
des Ministeriums", erklärte Außenministerin Plassnik bei der Eröffnung der diesjährigen
Botschafterkonferenz am 03.09. in Wien. Die Botschafterkonferenz, bei der fast 90 Leiterinnen und Leiter österreichischer
Vertretungen im Ausland zusammenkommen, wird noch bis Mittwoch andauern. "Die Arbeit an unserer Unternehmenskultur
bedeutet insbesondere auch die Öffnung und aktive Zuwendung zu den Österreicherinnen und Österreichern",
so Plassnik weiter. "Hier besteht - etwa bei der Kommunikation der EU, bei der konsularischen Unterstützung
oder dem Krisenmanagement - zu Recht eine konkrete Erwartungshaltung unserer Bürger. Wir müssen ihr entsprechen,
allerdings mit den Füssen am Boden, ohne unrealistische Vorstellungen zu nähren."
Die Außenministerin verwies auf die umfassenden Neubesetzungen im Ministerium, die aufgrund des Versetzungsstopps
während des EU-Vorsitzes notwendig wurden. 380 der insgesamt 1280 Mitarbeiter haben in den letzten 12 Monaten
eine neue Funktion übernommen. "Die Versetzung von rund einem Drittel der Mitarbeiter war für uns
als Dienstleistungsunternehmen eine besonders anspruchvolle Aufgabe. Dass diese so ruhig und reibungslos gelang,
ist eine besondere Auszeichnung für die Professionalität des gesamten Teams", so Plassnik.
Plassnik skizzierte in ihrem Grundsatzreferat die wesentlichen außen- und europapolitischen Herausforderungen
der kommenden Monate, wobei sie insbesondere auf den Kosovo und den Nahen Osten einging. "Ich erwarte mir
von der internationalen Nahostkonferenz im November neue Impulse für den Friedensprozess. Wir müssen
die Lebensbedingungen der Palästinenser konkret verbessern, aber zugleich auch die Entschlossenheit haben,
die Eckpfeiler einer zukünftigen Nahostlösung anzugehen. Gerade das ermutigende Beispiel Nordkoreas zeigt,
dass das, was noch vor wenigen Monaten utopisch klang, rasch in greifbare Nähe rücken kann."
In Bezug auf den Kosovo unterstrich Plassnik die Bedeutung dieser letzten Verhandlungsrunde bis zum 10. Dezember,
warnte allerdings vor überzogenen Erwartungshaltungen. Sie betonte die Notwendigkeit einer einheitlichen,
selbstbestimmten EU-Linie: "Der Kosovo ist nicht nur eine Reifeprüfung für die gemeinsame europäische
Außenpolitik, sondern auch eine europäische Reifeprüfung für Belgrad und Pristina. Wir haben
ein gemeinsames Interesse daran, dass die Einheit und Geschlossenheit der EU gewahrt bleibt. Das ist auch im Interesse
von Belgrad und Pristina. Letztlich wollen Serbien und Kosovo der Europäischen Union und nicht Russland oder
den USA beitreten."
Die Außenministerin kündigte an, noch heuer, nach dem Vorbild der Nahost-Frauenkonferenz, eine Frauenkonferenz
mit Serbinnen und Kosovarinnen in Wien organisieren zu wollen. "Auch im Kosovo-Prozess müssen Frauen
an den Verhandlungstisch gebracht werden. Zur nachhaltigen Friedenssicherung ist es entscheidend, dass Frauen einbezogen
und ihre Anliegen und Perspektiven entsprechend berücksichtigt werden."
Plassnik sprach sich für ein klares europäisches Eigenprofil in der Außenpolitik aus. Dies sei
gerade auch angesichts der bevorstehenden Wahlen 2008 in den USA und in Russland erforderlich. "Die gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik der EU wird sich weiter verdichten. Auch wenn die Außenpolitik zunehmend
in Brüssel artikuliert wird, so wird sie immer noch in den Mitgliedstaaten definiert. Hier wird es entscheidend
sein, dass sich Österreich entsprechend einbringt. Dabei bleiben wir auf Vierradantrieb: als EU-Kompetenzzentrale,
als Bürgerservice, als Vernetzungszentrale der Auslandskultur und Entwicklungszusammenarbeit sowie bei der
Zusammenarbeit mit der Wirtschaft."
In zahlreichen Bereichen sei - so Plassnik - eine österreichische Handschrift deutlich sichtbar, wie etwa
bei den Bemühungen um den Dialog der Kulturen und Religionen, beim Einsatz für die verstärkte Einbeziehung
von Frauen in internationale Entscheidungsprozesse und im Abrüstungsbereich. "Gerade die österreichischen
Impulse im Abrüstungsbereich zeigen, welche Möglichkeiten auch einem mittelgroßen Staat zur Verfügung
stehen", betonte Plassnik, die insbesondere die österreichischen Initiativen zum Verbot der Streumunition
und zur Schaffung multilateraler Brennstoffbanken für die Urananreicherung nannte. "Österreich ist
und bleibt ein verlässlicher, weltweiter Partner. Darauf werden wir auch bei unserer Kandidatur für den
Sicherheitsrat aufbauen. Unser Weg führt uns vom EU-Vorsitz zur Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat in 2009/2010.
Ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Aufgabe erfolgreich meistern werden."
Weitere Schwerpunkte der außenpolitischen Arbeit im Herbst seien die die Erstellung eines nationalen Fahrplans
für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit und facettenreichen Beziehungen zum Zukunftspartner
Afrika: "Dabei geht es nicht um eine Art linearer Fortschreibung der historisch gewachsenen Beziehungen mancher
EU-Staaten mit Afrika, sondern um eine neue partnerschaftliche Qualität. Der EU-Afrika-Gipfel im Dezember
wird das konkret zum Ausdruck bringen. Ich werde im Übrigen zum Thema "Nachhaltiger Frieden" im
November mit einer Reihe afrikanischer Kollegen ein Seminar in Burkina Faso abhalten."
An der Eröffnung der diesjährigen Botschafterkonferenz nahm auch der slowenischen Außenminister
und kommende Ratsvorsitzende Dimitri Rupel teil, der über die Schwerpunkte für den bevorstehenden slowenischen
EU-Vorsitz 2008 berichtete. Außenminister Rupel folgte damit einer Gegeneinladung von Außenministerin
Plassnik, die im Jänner 2006 vor der slowenischen Botschafterkonferenz über den damals beginnenden österreichischen
EU-Ratsvorsitz sprach. "Slowenien ist vielfacher Vorreiter: bei der Einführung des Euro, bei der Übernahme
des EU-Vorsitzes als erstes Land der "EU-Klasse 2004" und - davon gehe ich aus - beim Eintritt in den
gemeinsamen Schengenraum ab 1.1.2008. Wir werden unseren gutnachbarlichen Austausch und unsere enge Zusammenarbeit
auch weiter pflegen. Unsere slowenischen Freunde können auch bei der anspruchsvollen Arbeit als EU-Vorsitz
auf uns als verlässlichen Partner und Unterstützer zählen", so Plassnik. |