Expertenhearing im Europaparlament mit Dipl.-Ing Josef Glatt
Brüssel (övp-pd) - "Wenn die EU-Kommission ihre Pläne für eine neue europäische
Weinmarktordnung so weiter verfolgt wie bisher, ist eine dramatische Bedrohung der europäischen Weinbaukultur
die unausweichliche Folge. Das ist aus österreichischer Sicht heraus inakzeptabel", sagte Österreichs
Bauernvertreterin im Europäischen Parlament Agnes Schierhuber am 12.09. Bei einem vom Landwirtschaftsausschuss
organisierten Hearing zur Weinmarktreform war auch der Direktor des Österreichischen Weinbauverbands, Dipl.-Ing.
Josef Glatt, auf Initiative der ÖVP-Europaabgeordneten als Referent eingeladen. Glatt kritisierte die unverständliche
Vorgangsweise der Kommission: "Praktisch keine Änderungsvorschläge des betroffenen Sektors wurden
von der Kommission übernommen. Nicht nur der Europäische Bauernverband oder die Konferenz der europäischen
Weinbauregionen, auch die Meinung des Europäischen Parlaments wurden ignoriert. Die Kommission steuert so
auf eine existenzvernichtende Liberalisierung der europäischen Weinwirtschaft hin", warnte Glatt.
"In den ersten fünf Jahren nach Inkrafttreten der Marktordnung will die Kommission rund 200.000 ha Rebfläche,
also 5 Prozent der gesamten europäischen Rebfläche roden. Über eine Milliarde Euro soll für
die Vernichtung europäischer Trauben gezahlt werden. Mit europäischem Geld wird also der Markt für
Drittlandsweine freigemacht werden", kritisierte Schierhuber. Glatt trat hingegen für eine Mittelverwendung
zur Qualitätsverbesserung und zur Förderung der Absatzmaßnahmen für europäischen Wein
ein. "Dazu darf die Kategorie des Qualitätsweines aber nicht in Frage gestellt werden, wie dies die Kommission
plant. Eine Abschaffung der Unterscheidung zwischen hochwertigem Qualitätswein und einfachem Tafelwein würde
den Qualitätsweinbau nach unten nivellieren. Das ist für die österreichische Weinwirtschaft unakzeptabel",
so Glatt.
Auch Schierhuber unterstützt voll die Vorschläge der europäischen und österreichischen Weinwirtschaft,
die insbesondere auf eine Verbesserung der Erfassungs- und Vermarktungsstrukturen, auf gestärkte Qualitätsmanagementprogramme,
Maßnahmen zu Förderung und Unterstützung der Steillagen- und Terrassenproduktion sowie auf zusätzliche
Absatzförderungsmaßnahmen auch für den Binnenmarkt abzielen. "Wenn die Kommission tatsächlich
auf ihren Rodungsprämien beharren sollte, so sind diese im Rahmen des nationalen Rahmens durchzuführen.
Nur dann bekommt der Mitgliedstaat ein Mitspracherecht bei der Umsetzung der Rodung im jeweiligen Gebiet",
sagte Schierhuber.
"In jedem Fall ist eine gerechtere Aufteilung der vorgesehenen EU-Mittel im nationalen Rahmen notwendig. Die
Idee der Kommission, das für die nationalen Unterstützungsprogramme vorgesehene Budget auf die Mitgliedstaaten
zur Hälfte nach einem historischen Schlüssel, nämlich nach der bisherigen Inanspruchnahme von Weinmarktordnungsmitteln
in der alten Marktordnung aufzuteilen, wird von Österreich vehement abgelehnt", so Glatt und Schierhuber
unisono. "Eine neue Weinmarktordnung muss der europäischen Weinwirtschaft eine Zukunft geben und nicht
das Grab schaufeln. Wir wollen die Vielfalt des europäischen Weines erhalten und den ländlichen Raum
auch in den traditionellen Weinbaugebieten lebendig und lebenswert erhalten. Der Wein ist ein großes kulturelles
Erbe unseres Kontinents - für seine Erhaltung zu kämpfen ist für uns selbstverständlich - und
sollte es auch für die Kommission sein", sagte Schierhuber abschließend. |