Außenministerin Plassnik beim inter-religiösen Iftar-Abendessen der Zaman-Verlagsgruppe
Wien (bmeia) - "Ich komme zu Ihnen heute als Vertreterin einer Mehrheit und als Vertreterin
einer Minderheit. Einer Mehrheit, nämlich als Frau - denn sie stellen zumindest demographisch knapp die Mehrheit
in diesem Land und weltweit - und einer religiösen Minderheit, nämlich als Protestantin", mit diesen
Worten eröffnete Außenministerin Ursula Plassnik ihre Dankesrede anlässlich der Einladung zur Teilnahme
am traditionellen Fastenbrechen im Rahmen des islamischen Fastenmonats Ramadan. "Die muslimische Gemeinschaft
in Österreich streckt ihre Hand aus und ich nehme diese Hand wie immer gerne auf. Ich sehe diese Einladung
als besondere Geste des Teilens und Teilnehmenlassens. Das ist ja auch der lebendige Kern der Gastfreundschaft,
die Ihnen und uns so wichtig ist."
Die Ministerin verwies auf den Beschluss der Bundesregierung über die Einrichtung einer Integrationsplattform.
"Wir sind entschlossen, hier eng und engagiert miteinander weiterzuarbeiten", so Plassnik, die aber auch
den anspruchvollen Charakter dieser Arbeit unterstrich: "Integration ist ein Prozess, der von zwei Seiten
geführt werden muss. Er erfordert viel Behutsamkeit und Aufmerksamkeit füreinander. Er erfordert Sorgfalt
in der Wahl der Worte, in der Wahl der Gedanken. Das heißt auch, dass Bezeichnungen wie "artfremd"
missglückt sind."
"Es ist eng geworden im Weltdorf. Und es ist kälter geworden im Zeitalter der Globalisierung. Die Menschen
rücken einander immer näher. Aber diese neue Nähe wärmt nicht unbedingt. Der Dialog ist und
bleibt das unverzichtbare Fundament für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für wirkliches Einander-Näherkommen.
Nur das offene Gespräch kann klären, was uns miteinander verbindet, was wir einander anbieten. Aber es
muss auch klären, was uns aneinander irritiert. Diese Offenheit im Gespräch ist gelebte österreichische
Tradition", so Plassnik weiter.
"Wir stehen dabei auf einer starken Mitte in der Gesellschaft. Um Martin Buber zu zitieren: "Das 'Wir'
entsteht nur, wo 'Du' gesprochen werden kann und eine Mitte vorhanden ist." Wir müssen uns Zeit nehmen,
einander zuzuhören und konkrete Erfahrungen zu teilen. Es gibt diese "Mitte": gleich aus welcher
Kultur wir stammen oder welcher Religion wir angehören, wir haben gemeinsame Grundbedürfnisse und ein
Interesse daran, dass wir in Frieden, Sicherheit und Wohlstand leben können. Das ist gleichzeitig die beste
Langzeit-Strategie gegen Extremisten", unterstrich Plassnik.
Die Ministerin betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Arbeit auf Gemeindeebene. "Die meisten Alltagsprobleme
im Miteinander der Religionen und Kulturen sind auf dieser Ebene am besten und am sachgerechtesten zu lösen.
Und sie sind lösbar, wie viele Positivbeispiele überall in Österreich zeigen."
Plassnik verwies abschließend auf die drei Schwerpunkte, die sie sich für ihre Dialogarbeit als Außen-
und Europaministerin gesetzte habe: Frauen, Jugend und Medien. "Gerade bei Frauen und Jugendlichen besteht
viel ungenütztes Potential für erfolgreiche Integration. Das sollten wir ganz bewusst ansprechen und
wahrnehmen. Hier werden oft Chancen zu wenig wahrgenommen. Dabei trifft auch die Medien eine große Verantwortung.
Sie tragen wesentlich zur Tonalität der Debatte und zur Prägung von Rollenbildern und Vorstellungen bei."
"Das heutige Essen und die Erfolge der ZAMAN-Verlagsgruppe zeigen, wie wichtig es für die muslimische
Gesellschaft ist, sich aktiv einzubringen. Viele, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten dazugekommen sind,
haben für unser Österreich ganz bemerkenswerte Beiträge gemacht. Das muss stärker sichtbar
gemacht werden. Auch hier liegt es an den Medien, die vielen größeren und kleineren muslimischen Erfolgsgeschichten
in Österreich darzustellen." |