Bures will Equal Pay Day bis 2020 vom 27. 9. auf 31. 12. verschieben
Wien (pk) - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnete am 27.09. die 31. Sitzung
des Nationalrates, die erste der Tagungsperiode 2007/08, mit der Angelobung des SP-Abgeordneten Christian Hursky,
der den Platz von Abgeordnetem Anton Gaal einnahm, der kürzlich auf sein Mandat verzichtet hat.
Der Umstand, dass der 27. September im Jahr 2007 als "Equal Pay Day" gilt, als jener Tag also, ab dem
die Frauen wegen ihrer geringeren Einkommen gegenüber den Männern bis Ende des Jahres gratis arbeiten
müssen, war für die SPÖ der Anlass, die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern
in der Aktuellen Stunde zu thematisieren.
Abgeordnete Csörgits (S) unterbreitete den Abgeordneten die diesbezüglichen Daten aus Berechnungen des
Europäischen Gewerkschaftsbundes und machte darauf aufmerksam, dass der Einkommensunterschied zwischen Frauen
und Männern in Österreich 26,4 %, in der EU 24 %, in Schweden aber nur 15,3 % betrage. Dies bedeute,
dass Frauen in Österreich pro Jahr 96 Tage länger arbeiten müssen als Männer, um ein vergleichbares
Einkommen zu erzielen. Anders gesprochen: Vom heutigen Tag an arbeiten die Frauen in Österreich für den
Rest des Jahres gratis. "Das ist inakzeptabel!", rief die Abgeordnete ihren KollegInnen zu und forderte
dringend dazu auf Maßnahmen zu ergreifen um diese Differenz zu verringern. Das Ziel könne nur lauten,
das Datum des "Equal Pay Days" auf den 31. Dezember zu verschieben.
Frauen seien beim Einkommen benachteiligt, weil sie einen sehr hohen Beschäftigtenanteil in Niedriglohnbranchen
wie Handel und Tourismus aufweisen, weil sie familienbedingte Berufsunterbrechungen in Kauf nehmen müssen
und weil Vorurteile in der Gesellschaft die Überweindung der traditionellen Rollenverteilung nach wie vor
behinderten, analysierte Csörgits. "Es gibt viel zu tun", sagte Abgeordnete Csörgits, registrierte
aber auch Fortschritte, etwa die Einführung des 1000 Euro-Mindestlohns. Nicht einzusehen sei allerdings, dass
sich die Rechtsanwälte nach wie vor weigerten, dieser Vereinbarung zugunsten ihrer MitarbeiterInnen anzuschließen.
Als wichtige künftige Schritte bezeichnete Csörgits die Bemühungen der Gewerkschaften zur Veränderung
von Einkommensunterschieden bei den Kollektivvertragsverhandlungen und Maßnahmen der Sozialpartner zur Schließung
der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern. Die Politik sei gefordert, in einem nationalen Kraftakt
dafür zu sorgen, dass Familie und Beruf für die Frauen besser vereinbar seien, schloss Abgeordnete Csörgits.
Frauenministerin Bures erinnerte daran, dass sich der "Equal Pay Day" heuer bereits zum 27. Mal wiederhole
und bekannte, die Forderung nach "gleichem Lohn für gleiche Arbeit" eigentlich "schon nicht
mehr hören zu können". Dennoch laute die Aufgabe, Schritt für Schritt daran zu arbeiten, dass
geschlechtsspezifische Lohnunterschiede bis 2020 überwunden sein werden und die Mädchen, die heute geboren
werden, vom Kampf gegen Lohnungerechtigkeiten nur mehr in Geschichtsbüchern lesen werden.
"Wenn wir dies wollen, müssen wir aber rasch handeln", zeigte sich die Frauenministerin überzeugt.
Die Ministerin wies auf die enormen Differenzen in den Einkommen von Frauen und Männern bei Arbeitern hin,
wo die Einkommensschere 56 % ausmachten; aber auch bei Akademikern verdienten Frauen nur 70 % des Einkommens der
Männer. Wer dies ändern wolle, dürfe nicht auf einfache Lösungen setzen, sondern müsse
viele Maßnahmen setzen, sagte Bures: Beruf und Familie müssten besser vereinbar werden. Die Eltern müssen
sicher sein können, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind, während sie arbeiten. Internationale Beispiele
zeigten, dass die Geburtenrate steigt und die Einkommensunterschiede sinken, wenn ausreichend Kinderbetreuungsplätze
zur Verfügung stehen. "Daran führt kein Weg vorbei", unterstrich die Frauenministerin. Die
Bundesregierung habe daher eine Kindergartenoffensive gestartet und die Investition von 45 Mill. Euro Anschlussfinanzierung
für drei Jahre beschlossen. Als weitere Maßnahmen nannte die Ministerin die Sozialpartnervereinbarung
zum 1000 Euro-Mindestlohn, die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes und die Bemühungen um eine bessere
Entlohnung von Überstunden für Teilzeitbeschäftigte.
Auch Abgeordneter Haberzettl (S) hielt die Beseitigung der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern
für dringend notwendig. Der Abgeordnete erinnerte an die 1000 Euro-Mindestlohnvereinbarung und bezeichnete
es als einen Skandal, dass die Vertretungen der Rechtsanwälte und der Ärzte sich weigerten, an dieser
Vereinbarung teilzunehmen. Der ÖGB werde diese Standesvertretungen nicht aus ihrer Pflicht lassen, sagte Haberzettl.
Kritik übte Haberzettl auch an der letzten Steuerreform, bei der Menschen unberücksichtigt geblieben
seien, die wegen ihrer geringen Einkommen keine Lohnsteuer zahlen. Haberzettl erinnerte einmal mehr an die Forderung,
die Negativsteuer anzuheben. Er räumte ein, dass der ÖGB in der Vergangenheit bei Lohnverhandlungen energischer
hätte auftreten sollen, erinnerte aber auch daran, dass für die ungünstige Entwicklung der Einkommensschere
auch das Vordringen der Teilzeitbeschäftigung bei den Frauen verantwortlich sei. Deren Benachteiligungen,
etwa bei der Überstundenabgeltung, müssen überwunden werden, betonte Abgeordneter Haberzettl.
Abgeordnete Rauch-Kallat erinnerte daran, dass die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern in den letzten
Jahren kleiner geworden, aber immer noch viel zu groß sei. Es sei daher notwendig die Anstrengungen zu erhöhen
und den "Equal Pay Day" für die Töchter und Enkelinnen bis auf den 31. Dezember zu verschieben.
Dabei ließ die Abgeordnete Kritik an der Frauenministerin durchklingen. Rauch-Kallat verlangte, mehr für
die Förderung des Berufseinstiegs von Mädchen zu unternehmen, insbesondere in technische Berufe, wo die
Einkommensschere wesentlich geringer sei. Untätigkeit warf Rauch-Kallat der Ministerin bei der Unterstützung
von Migrantinnen vor, das seien Frauen, die mehreren Benachteiligungen gleichzeitig ausgesetzt seien.
Abgeordnete Mag. Weinzinger (G) warf den Regierungsparteien vor, sich darauf zu beschränken, einander zu kritisieren
oder sich in Nebenthemen wie der Kinderbetreuungsplätze zu verlieren. Selbst wenn man alle familienbedingten
Unterschiede aus den Frauen- und Männerlöhnen herausrechne, blieben Differenzen erkennbar, für die
es keine Erklärung gebe. "Warum verdient eine Wirtschaftsakademikerin um Euro 71.000 weniger als ihr
männlicher Berufsgenosse?" fragte Weinzinger. Erhebliche Unterschiede zeigten auch die Lebenseinkommenskurven
von Frauen und Männern. Frauen steigen mit geringeren Einkommen in ihr Berufsleben ein, erreichen ihre höchsten
Gehälter zwischen 25 und 30 Jahren, dann gehe es bereits wieder abwärts, während Männer eine
kontinuierlich steigende Lebensverdienstkurve verzeichnen. Abhilfe erwartet sich Abgeordnete Weinzinger von einer
Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz, das Wirtschaftsförderungsmittel an die Erfüllung des Gleichbehandlungsgesetzes
in den Betrieben bindet.
Abgeordnete Rosenkranz (F) warf den Regierungsparteien vor, kein Konzept für den Abbau der Einkommensungerechtigkeiten
zwischen Frauen und Männern ausgearbeitet zu haben. Offene Diskriminierungen seien laut Kollektivverträgen
ausgeschlossen, bei der Bewertung der Arbeit würden Frauen aber nach wie vor krass benachteiligt. So sei nicht
einzusehen, dass die Betreuung von kranken und alten Menschen - "eine schwere, anstrengende und verantwortungsvolle
Tätigkeit, die hauptsächlich von Frauen geleistete wird" - nicht gut entlohnt werde. Die Leistung
von Müttern bei der Erziehung von Kindern dürfe nicht zu Benachteiligungen dieser Frauen führen,
sagte Rosenkranz, die darauf aufmerksam machte, dass 49 % der Frauen zu Hause bleiben wollen, wenn sie Kinder zu
betreuen haben, 9 % der Frauen wollen erwerbstätig sein, der Rest wolle Teilzeit arbeiten. Die politische
Aufgabe laute daher, Wahlfreiheit herzustellen und dafür zu sorgen, dass Frauen, die sich selbst der Erziehung
ihrer Kinder widmen wollen, kein finanzieller Nachteil erwachse - dazu gehöre die Einführung einer Mütterpension,
schloss Rosenkranz.
Abgeordneter Westenthaler (B) kritisierte die Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld im Falle der Überschreitung
der Zuverdienstgrenze scharf und sprach von einem "Raubzug" der Familienministerin. Um seine Ausdrucksweise
zu begründen, schilderte der BZÖ-Klubobmann den Fall einer derzeit arbeitslosen Frau, die nach dem Konkurs
ihres Arbeitgebers mit einer Rückforderung von Euro 5.303 konfrontiert sei, weil sie Geld aus dem Insolvenzausgleichsfonds
erhalten habe. Einer anderen Familie werde die Rückzahlung von Euro 3.005 vorgeschrieben, weil der Vater eines
frühgeborenen, wochenlang zwischen Leben und Tod schwebenden Babys Überstunden leistete, um die teuren
Medikamente für sein Kind zu finanzieren. In diesen wie in anderen Fällen leiste seine Fraktion aber
Rechtshilfe, sagte Westenthaler und berichtete von ersten Erfolgen vor Gericht. In seiner Auseinandersetzung mit
der Regierung erinnerte Westenthaler daran, dass der 1000 Euro-Mindestlohn netto nur 818 Euro betrage, also nur
wenig mehr als das Existenzminimum. Das BZÖ setze daher auf eine Steuerreform zugunsten von Frauen und Familien,
aber nicht erst 2010, "sondern möglichst rasch", so Westenthaler.
Staatssekretärin Marek verteidigte Familienministerin Kdolsky gegenüber ihrem Vorredner, indem sie festhielt,
eine Ministerin könne geltende Gesetze nicht ignorieren. Außerdem unterstrich Marek das Engagement der
Ministerin für soziale Härtefälle. Die positive Nachricht beim Thema Einkommensunterschiede zwischen
Frauen und Männern sei laut Marek, dass die Einkommensdifferenzen in den letzten 25 Jahren halbiert werden
konnten. Es sei aber unerlässlich, das Tempo bei der Überwindung der Differenz zu beschleunigen. In diesem
Zusammenhang informierte die Staatssekretärin über das Engagement des Wirtschaftsressorts und des AMS
bei der Förderung von Frauen in technischen Berufen sowie in der Forschung. Der Trend zur Teilzeitbeschäftigung
von Frauen sei teilweise auch auf den Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen zurückzuführen, räumte
die Staatssekretärin ein, wollte in diesem Problembereich aber nicht nur auf zusätzliche Kindergartenplätze,
sondern auch auf Tagesmütter und Schulbetreuungsplätze setzen. Marek trat auch dafür ein, die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf durch familienfreundliche Arbeitszeitangebote von Seiten der Unternehmen zu verbessern.
Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) appellierte an den gemeinsamen Willen aller zur Verbesserung der Situation der Frauen.
Als SPÖ-Ziele nannte sie, Mädchen für atypische Berufe zu interessieren, Stereotypen in der Arbeitsbewertung
zu eliminieren und die Arbeit gleich zu bewerten. Darüber hinaus müsste mehr für die Karriereförderung
der Frauen getan und vorhandene Diskriminierungen müssten abgeschafft werden. Heinisch-Hosek trat auch für
eine bestmögliche Unterstützung jener Frauen ein, die wieder in den Beruf einsteigen wollen. Damit sich
die Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Männern und Frauen ausgleicht, bedürfe es
seitens der Politik auch viel an Bewusstseinsbildung. Durch die unterschiedlichen Lebensformen von Frauen, so Heinisch-Hosek,
gebe es auch zahlreiche unterschiedliche Formen der Erwerbstätigkeit, die viele Chancen, aber auch viele Fallen
enthielten. Daher sei die Politik gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, umgesetzt werden müsse
das Ganze aber von den Sozialpartnern und Betrieben. Konkret forderte die Abgeordnete eine zwingende Frauenförderung
durch das Arbeitsverfassungsgesetz, die Verwirklichung von gleichem Lohn für gleiche Arbeit durch das Gleichbehandlungsgesetz
und die Bindung der Wirtschaftsförderung an die Frauenförderung.
Abgeordnete Dr. BRINEK (V) konzentrierte sich in ihrem Redebeitrag auf den Bereich Bildung und Wissenschaft und
wies darauf hin, dass in den letzten Jahren viel erreicht worden sei. Der Frauenanteil an den Universitäten
habe um 30 % erhöht werden können, derjenige an den Fachhochschulen um 80 %. 2007 sei die erste Rektorin
ernannt worden. Zahlen allein dürften aber nicht zur Beruhigung führen, unterstrich Brinek, und auch
wenn die Aktion zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft greife, sei nicht genug getan. Der Zustrom von
Frauen beispielsweise zum Pharmaziestudium sei dadurch begründet, dass dieser Beruf mit der Familie gut vereinbar
sei. Es sei aber nicht erst in der Berufswelt anzusetzen, sondern bereits in der Schule, sagte Brinek. Man müsse
Vorbilder schaffen, die Stipendien und Studienförderung weiter entwickeln und ständig evaluieren, ob
die Förderprogramme auch zum Ziel führen.
Heftige Kritik an der SPÖ übte Abgeordnete Mag. SCHATZ (G). Frauen verdienen mehr als eine Aktuelle Stunde
mit vielen Ankündigungen, so Schatz, die ihre Kritik mit drei Punkten zu untermauern versuchte. So sei die
Mehrarbeit von Frauen trotz der letzten Novelle zum Arbeitszeitgesetz gegenüber jener von Männern nach
wie vor benachteiligt. Bis jetzt gebe es noch keine Mindestlohnregelung, bemängelte sie, und zweifelte daran,
dass die Sozialpartner hier eine gute Lösung bringen werden. Die männlich dominierte Gewerkschaft trage
ihrer Meinung nach seit 50 Jahren zur Vergrößerung der Einkommensunterschiede bei. Dort habe man die
Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt akzeptiert und sich vor allem um die Absicherung des männlichen
Arbeitssektors gekümmert. So seien heute 70 % aller geringfügig Beschäftigten und 84 % aller Teilzeitbeschäftigten
Frauen. Schatz sah auch keinen Vorteil in der anteilsmäßigen Verdoppelung der Mitarbeiterbeteiligung,
da in jenen Sektoren, wo diese lukrativ sei, nur Männer tätig seien.
Ähnlich äußerte sich Abgeordnete Dr. BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F). Die SPÖ vergesse auf die wirklichen
Bedürfnisse der Frauen, meinte sie. So wollten Frauen selbstverständlich arbeiten, aber nicht unmittelbar
nach der Geburt eines Kindes. Viele wünschten sich Tagesmütter, diese würden aber nicht gefördert.
Meist würden Kinderkrippen forciert. Die SPÖ zeichne auch für die Massenzuwanderung von Männern
verantwortlich, die ein rückwärtsgewandtes Frauenbild haben. Die SPÖ habe auch ein Religionsbuch
für den Unterricht zugelassen, wo der körperlichen Züchtigung von Frauen das Wort geredet werde.
Belakowitsch-Jenewein forderte, bei der Realisierung der Gleichbehandlung die Männer mit einzubeziehen, denn
nur dann könne Gleichberechtigung gelingen. Es könne nur ein Miteinander, aber kein Gegeneinander geben.
Abschließend trat sie dafür ein, Männer im öffentlichen Dienst nicht zu benachteiligen, wenn
diese in Karenz gehen wollen.
Abgeordnete HAUBNER (B) warf der Regierung vor, die Chancen nicht zu nützen. Sie prangerte aber auch Versäumnisse
der Gewerkschaft an und wies in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Branchen hin, wo es noch keinen Kollektivvertrag
gibt. Haubner sprach sich auch für einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto aus, da dies einen Nettobetrag
von 1.000 Euro ergebe. Die von der Regierung geplanten 1.000 Euro brutto würden einen tatsächlichen Mindestlohn
von 818 Euro bedeuten, und davon könne beispielsweise eine Alleinerzieherin nicht leben. Auch Haubner kritisierte
die bevorzugte Förderung von Kinderkrippen gegenüber dem System der Tagesmütter und sie sprach sich
für eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld aus. Dieses sollte ihrer Auffassung nach
eine einkommensabhängige Familienleistung sein. Zur Verbesserung der Altersicherung von Frauen kann sich Haubner
die Anrechung von Pflegezeiten als echte Pensionszeiten vorstellen. |