Sozialminister bei Veranstaltung des Kreisky-Forums
Wien (sk) - "Moderne Sozialpolitik ist möglich! Die Soziapolitik der 70er Jahre wird man
aber heute nicht mehr betreiben können. Stattdessen bedeutet Flexicurity die Verbindung eines erhöhten
Ausmaßes an Flexibilität mit einem gesteigerten Ausmaß an sozialer Sicherheit", erklärte
Sozialminister Erwin Buchinger am 25.09. bei einer Veranstaltung des Kreisky-Forums für internationalen Dialog
(KF) mit dem Titel "Mehr Gerechtigkeit. Geht das?" im Rahmen der KF-Reihe "Genial Dagegen".
Die Frage, ob mehr Gerechtigkeit auch dieser Tage möglich sei, konnte Buchinger also mit einem klaren "Ja"
beantworten: "Nach einer langen Phase der neoliberalen Wende ist es jetzt - unter geänderten Bedingungen
als in der Vergangenheit - wieder möglich, mehr soziale Gerechtigkeit zu erreichen." Er verwies in diesem
Kontext auf den Kurswechsel der Bundesregierung in den Bereichen Sozial-, Bildungs- und Beschäftigungspolitik.
"Die Möglichkeit der staatlichen Einflussnahme durch direkte Interventionen ist wegen der Privatisierungen
und der Deregulierungen am Arbeitsmarkt in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren deutlich gesunken", erläuterte
Buchinger die "Veränderung der Möglichkeiten des Sozialministers". Dieser "Sozialabbau"
habe allerdings nicht dazu geführt, dass die Wirtschaft dynamischer geworden wäre, zeigt er auf: "Bei
der Produktivität ist Österreich vom Spitzenreiter zum europäischen Durchschnitt zurückgefallen".
Seine Schlussfolgerung: "Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und soziale Sicherheit stehen also nicht
im Widerspruch zueinander, sondern bedingen einander".
"Die Regierungen Schüssel I und II haben in vielen Bereichen einen enormen Pfusch hinterlassen. Wenn
ich eine Liste der verpfuschten Gesetze machen müsste, komme ich mit fünfzig nicht aus", ging Buchinger
mit den vorangegangen Regierungen hart ins Gericht. Als Beispiel für solch ein misslungenes Gesetz nannte
er die Schwerarbeiterregelung. "Bei der Pflege hat Schüssel deshalb nicht gepfuscht, weil er in diesem
Bereich überhaupt nichts getan hat", kritisierte er. Aktuell sieht der Sozialminister ein "ganz
gutes Funktionieren bei der stationären und mobilen Pflegebetreuung". Einen echten Notstand habe es hingegen
bei der 24-Stunden-Betreuung gegeben: "Bis zum ersten Juli hat es hier keine leistbare und legale Lösung
gegeben".
Mit dem neuen Gesetz werde es jedem möglich, illegale Pflege mit geringem finanziellem Mehraufwand zu legalisieren,
ist Buchinger zufrieden. Ein Manko ortet er allerdings in der Tatsache, dass die Regelung derzeit mit Ende des
Jahres befristet sei, was daran liege, dass der Bund alle Kosten übernommen habe. Er hofft, dass "die
Länder in Zukunft bereit sein werden, sich an der Finanzierung Pflege zu beteiligen", und schätzt
den zukünftigen Anteil des Bundes auf sechzig bis achtzig Prozent der Gesamtkosten der 24-Stunden-Betreuung
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