Kritik an der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung und am gegenwärtigen Stand
der Ökumene
Wien (epd Ö) - "Geistesgegenwart statt ökumenischer Brauchtumspflege, Zielstrebigkeit statt
Diplomatie und die Zusammenlegung der Konferenz Europäischer Kirchen mit dem Rat der Europäischen Bischofskonferenzen",
das wünscht sich der lutherische Bischof Mag. Herwig Sturm für den Fortgang der Ökumene. Bei einer
Podiumsdiskussion im Rahmen des Festaktes anlässlich des Abschlusses des Lehrgangs Ökumene 2006/2007
der Kardinal König Akademie stellte Sturm im Wiener Kardinal-König-Haus fest: "Die Ökumene
steht heute." Er hoffe auf eine neue Generation von Theologen und Theologinnen, "die über die Differenzen
miteinander reden".
Bei dem Podiumsgespräch, dessen Thema der Rückblick auf die 3. Europäische Ökumenische Versammlung
in Sibiu/Hermannstadt war, berichtete der Bischof, er habe in Sibiu "das internationale Flair genossen".
Die "Perle" der Versammlung sei die 60-köpfige Delegation der Kirchen Österreichs gewesen,
die in der Lage gewesen sei, mit einer Stimme zu sprechen. Zum Verlauf der Versammlung sagte Sturm: "Wir sind
zugeschüttet worden mit Ansprachen. Die Möglichkeit von Diskussionen und Aussprachen war totgebremst."
Der Bischof kritisierte zudem, dass die Gottesdienste in Sibiu streng nach Konfessionen getrennt abgehalten worden
seien. "Das ist nicht das Schlusswort der ökumenischen Spiritualität", sagte Sturm.
Kritik an der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung übte auch der Wiener römisch-katholische
Religionspädagoge Univ.-Prof. Dr. Martin Jäggle. Auf der Versammlung sei keine Sorge um das "Haus
der einen Welt" und damit auch kein "Geist der Ökumene" spürbar gewesen. Auch sei ein
Trend zur "Nationalisierung von Religion" deutlich geworden. So hätten sich Delegierte vielfach
zuerst nach ihren Herkunftsländern, nicht nach ihrer Kirchenzugehörigkeit vorgestellt.
Rumänisch-orthodoxe Theologin Patru: Dreieinigkeit als Ökumene-Modell
Demgegenüber hob die rumänisch-orthodoxe Theologin Dr. Alina Patru bei der von der ORF-Journalistin
Brigitte Krautgartner moderierten Podiumsdiskussion die Bedeutung der Versammlung für ihr Land hervor. Patru,
die im Vorbereitungsteam der Versammlung mitgearbeitet hatte, betonte, die große Veranstaltung sei mit Absicht
in ein von der Orthodoxie geprägtes postkommunistisches Land gelegt worden. Unter großem Beifall der
ZuhörerInnen erinnerte die Theologin an die gastfreundliche starke Unterstützung der Versammlung durch
die Rumänisch-orthodoxe Kirche.
Patru bedauerte jedoch, dass die 3. Europäische Ökumenische Versammlung von der Bevölkerung der
Kulturhauptstadt Sibiu vorwiegend als eine der zahlreichen Veranstaltungen im Rahmen des Kulturhauptstadt-Jahres
gesehen und in ihrer Bedeutung kaum erfasst worden sei.
Als Modell eines ökumenischen Zusammenlebens der ChristInnen schlug die orthodoxe Theologin die Dreieinigkeit
vor.
Zum Abschluss des Festaktes im Kardinal-König-Haus überreichte Bischof Sturm als Vorsitzender des Ökumenischen
Rates der Kirchen in Österreich den 14 AbsolventInnen des Lehrgangs Ökumene ein Diplom. |