"Nacheile" – mit Blaulicht ins andere Land und gemeinsame Polizeistreifen
Bad Radkersburg (lk) - Diese Erweiterung des Schengen-Raumes trifft die Bevölkerung
der Steiermark erstmals vor „ihrer Haustüre" - demnächst wird der EU-Ratsbeschluss fallen, dass
auch EU-Musterschüler Slowenien dem Schengen-Abkommen beitreten kann und spätestens mit Jahresbeginn
2008 ist die Grenzkontrolle zwischen der Steiermark und Slowenien Geschichte. Was aber diese Erweiterung für
die Bevölkerung auf beiden Seiten der Mur bedeutet, sämtliche Risken und Chancen dieses historischen
Schrittes, leuchtete ein Vortrags- und Diskussionsnachmittag am 04.10. im prallvoll besetzten Festsaal der Bezirkshauptmannschaft
Radkersburg aus, hochkarätige Vortragende aus Österreich und Slowenien zeichneten ein durchaus positives
Bild.
Veranstaltet hatten diese Enquete mit dem Titel „Schengen neu - grenzenlos sicher?" das Kuratorium „Sicheres
Österreich - Landesklub Steiermark" (KSÖ) mit seinem Präsidenten Flughafendirektor Mag. Gerhard
Widmann gemeinsam mit der BH Radkersburg und Bezirkshauptmann Dr. Alexander Majcan. Als Vortragende gewonnen wurden
zwei Experten aus Slowenien, Polizeirat und Schengen-Beauftragter der slowenischen Polizei Danijel Lorbek sowie
Aleksander Jevsek, Generaldirektor der slowenischen Kriminalpolizei. Für Österreich traten Generalmajor
Peter Scherer vom Innenministerium und Oberstleutnant Erwin Strametz vom Landeskriminalamt für Steiermark
ans Rednerpult.
„Die alten Grenzen", betonte Mag. Widmann in seinem Einleitungsstatement, „die lange und massiv unser Denken
geprägt haben, werden immer mehr verschwinden und einer neuen Freiheit, aber auch einer neuen Verantwortung
Platz machen." Diese Freiheiten würden jedoch auch kriminelle Elemente nutzen und für Gefahren von
dieser Seite würde man sich gemeinsam stark machen. Es werde sich in Zukunft, knüpfte Bezirkshauptmann
Dr. Majcan an, statt einer Grenzkontrolle eine Grenzraumkontrolle ergeben und verbunden damit eine stärkere
grenzüberschreitende Polizeikooperation und bilate-rale Abstimmungen von Sicherheitsmaßnamen.
Die Zusammenarbeit wird sogar so weit gehen, wie Oberstleutnant Erwin Strametz skizzierte, dass im Rahmen der „Nacheile"
die Exekutive beider Länder auch auf jeweils anderem Staatsgebiet operieren kann, wenn es die aktuelle Situation
- sprich Verbrecherfolgungen etc. erfordern sollte. Bereits jetzt würde, so Strametz, die Zusammenarbeit mit
den Nachbarn bestens funktionieren, gemeinsame Erfol-ge in der Verbrechensaufklärungsstatistik würden
das belegen. Die Statistik weise außerdem bei angezeigten Fällen in der Steiermark ein bescheidenes
Minus aus, bei den aufgeklärten Fällen ein ebensolches Plus. Falschgeld erlebe in dieser Statistik einen
Boom, Hochburg dafür ist Graz gefolgt vom Bezirk Liezen. Drogen, Menschenhandel und Kfz-Diebstähle von
Luxusautos über Traktore bis zu Baggern rangieren in der Statistik ganz oben.
Zumindest beruhigende Nachrichten für die mehr als 150 betroffenen steirischen Grenzpolizisten brachte Generalmajor
Peter Scherer mit: „Der Großteil vom Personal wird in der Region belassen, die Polizei zieht sich nicht zurück,
sie bleibt - zumindest vorläufig." Man würde die ersten Monate nach Schengen als Testphase nutzen
und anschließend eine genaue Analyse erstellen. Gemeinsame Streifen von slowenischen und österreichischen
Exekutivebeamten sind bereits jetzt fix geplant.
Die Frage, was mit der früheren Grenzpolizei geschehen wird, stellt sich auch in Slowenien. Polizeirat Danijel
Lorbek: „Bei uns wird sie in den Polizeikörper integriert, aber es wird in Murska Sobota eine Einheit geben,
die sich schwerpunktmäßig mit fremdenpolizeilichen Agenden beschäftigt. Man bereite sich in Slowenien
bereits seit dem Jahre 1999 intensiv auf Schengen vor, arbeite auch mit Kroatien eng zusammen und sei für
die Umsetzung sämtlicher Schengen-Vorgaben bestens gerüstet.
Ganz offen spricht auch der „oberste Kriminalbeamte" Sloweniens Aleksander Jevsek die Problemstellungen der
Zukunft an: „Die südliche Grenze von Slowenien wird auch weiterhin kriminellen Vereinigungen, die sich mit
dem Schmuggel von Zollwaren über den Zollsteifen der EU beschäftigen, vor allem mit hoch besteuerten
Waren wie Alkohol und Tabakprodukte, ausgesetzt sein." Beim Waffenschmuggel ortet der Experte einen deutlichen
Rückgang, für Heroin aus Afghanistan sei die Route durch Slowenien nach wie vor ein Transportweg erster
Wahl. Aber auch in Slowenien würde man, schloss Aleksander Jevsek, alles unternehmen, um den Bürgern
das Vertrauen zu vermitteln, dass ihre Sicherheit nicht gefährdet sei, wenn nunmehr die Grenzen fallen werden. |