Künftig stehen drei Modelle zur Auswahl
Wien (pk) - Eltern werden künftig beim Kinderbetreuungsgeld zwischen drei verschiedenen Modellen
wählen können. Der Familienausschuss des Nationalrats stimmte am 11.10. mit SP-VP-Mehrheit einem entsprechenden
Vorschlag der Regierung zu. Demnach wird es künftig neben der klassischen Bezugsvariante von Kinderbetreuungsgeld
(30 plus 6 Monate lang 436 Euro), auch zwei weitere Varianten – 18 Monate lang 800 Euro bzw. 24 Monate lang 624
Euro – geben, wobei die Auszahlung an einen Elternteil in der ersten Alternativvariante auf maximal 15 Monate
und in der zweiten Alternativvariante auf maximal 20 Monate beschränkt ist. Beide neue Varianten kommen insbesondere
jenen Eltern entgegen, die anlässlich der Geburt eines Kindes nur für kürzere Zeit aus dem Erwerbsleben
aussteigen möchten. Auch für Eltern, deren Kinder vor dem 1. Jänner 2008 geboren wurden, ist eine
Umstiegsmöglichkeit vorgesehen.
Geeinigt haben sich SPÖ und ÖVP darüber hinaus auf eine Anhebung der jährlichen Zuverdienstgrenze
zum Kinderbetreuungsgeld von 14.600 Euro auf 16.200 Euro sowie eine Einschleifregelung für Kinderbetreuungsgeld-Rückzahlungen
bei Überschreitung der Zuverdienstgrenze. Die Zuverdienstgrenze für den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld
wird künftig ebenfalls 16.200 Euro betragen und damit verdreifacht.
Als geschätzte Mehrkosten für die neuen gesetzlichen Bestimmungen werden in den Erläuterungen der
Regierungsvorlage 918,6 Mill. Euro genannt.
Während sich VertreterInnen der Koalitionsparteien im Familienausschuss mit dem auf Regierungsebene erzielten
Kompromiss grundsätzlich zufrieden zeigten, äußerte sich die Opposition kritisch. Zwar begrüßten
auch Grüne, FPÖ und BZÖ einzelne Bestimmungen der Gesetzesnovellierung, gleichzeitig hoben sie jedoch
eine Reihe von Kritikpunkten hervor. So traten alle drei Oppositionsparteien für eine generelle Abschaffung
der Zuverdienstgrenze zum Kinderbetreuungsgeld ein. Entsprechende Anträge des BZÖ ( 33/A) und der FPÖ
( 188/A[E]) blieben aber ebenso in der Minderheit wie ein Zusatzantrag der Grünen, der darauf abzielte, zumindest
unselbständig Beschäftigten alternativ zur Zuverdienstgrenze eine Arbeitszeitreduktion zu erlauben.
Auch mit der Forderung nach Verlängerung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld für einen Elternteil
auf 36 Monate, nach Verlängerung des Karenzanspruchs bis zum Ablauf des 3. Lebensjahres des Kindes und nach
Beibehaltung der 30-monatigen Krankenversicherungsdauer auch für jene KindergeldbezieherInnen, die sich für
eine kürzere Bezugsdauer entscheiden, konnte sich die FPÖ nicht durchsetzen. Das BZÖ mahnte darüber
hinaus vergeblich die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten ein.
Eingeleitet wurde die Diskussion im Ausschuss von SPÖ-Familiensprecherin Andrea Kuntzl. Sie sei sehr froh,
dass die gegenständliche Regierungsvorlage endlich am Tisch liege, meinte sie, schließlich werde schon
seit Jahren über einen Adaptierungsbedarf des Kinderbetreuungsgeldgesetzes diskutiert. Ihrer Ansicht nach
ist das Kinderbetreuungsgeld-System in der jetzigen Form viel zu starr. Bedauern äußerte Kuntzl allerdings
darüber, dass hinsichtlich weiter gehender Wünsche der SPÖ – Entfall der Zuverdienstgrenze bei Arbeitszeitreduktion,
Kinderbetreuungsgeld auch für subsidiär Schutzberechtigte, Verbesserungen für AlleinerzieherInnen
– keine Einigung erzielt werden konnte.
Abgeordnete Sabine Mandak (G) hielt fest, das Kinderbetreuungsgeldgesetz sei schlicht ein "Murks-Gesetz"
mit vielen Hürden und Stolpersteinen und habe noch dazu seine Intention, nämlich die stärkere Einbindung
von Vätern in die Kinderbetreuung, nicht erreicht. In diesem Sinn sei ihre Partei der Auffassung, dass es
eines völlig neuen Gesetzes – nämlich der Einführung eines einkommensabhängigen Karenzgeldes
– bedürfe. Mandak räumte allerdings ein, dass die vorliegende Gesetzesnovelle Verbesserungen bringe und
nannte konkret die Flexibilisierung des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld sowie die Einschleifregelung bei Überschreitung
der Zuverdienstgrenze.
Sowohl Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) als auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) kritisierten, dass es zu einer
Kürzung des Gesamtbezugs an Kinderbetreuungsgeld komme, wenn Eltern die Kurzleistungsmodelle in Anspruch nehmen.
Nach Ansicht von Rosenkranz widerspricht die Zuverdienstgrenze überdies der angestrebten Wahlfreiheit bei
der Regelung der Kinderbetreuung. Die Forderung der FPÖ nach einem 36-monatigen Bezug von Kinderbetreuungsgeld
auch für nur einen Elternteil begründete die FPÖ-Familiensprecherin damit, dass das verpflichtende
Splitting in 30 plus 6 Monate keinerlei Steuerungseffekt bewirkt habe.
BZÖ-Familiensprecherin Haubner gab generell zu bedenken, dass die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes
im Jahr 2002 ein echter politischer Meilenstein gewesen sei. Viele Mütter, die bis dahin keinen Anspruch auf
Karenzgeld gehabt hätten, würden nun Kinderbetreuungsgeld bekommen. Auch Umfragen hätten stets eine
hohe Zufriedenheit der Eltern mit dem Kinderbetreuungsgeld ergeben, sagte Haubner, lediglich die komplizierte Berechnung
der Zuverdienstgrenze sei bemängelt worden. Sie sprach sich daher wie Abgeordnete Rosenkranz für eine
völlige Abschaffung der Zuverdienstgrenze aus.
ÖVP-Familiensprecherin und Ausschussvorsitzende Ridi Steibl gab im Hinblick auf die Forderungen der Opposition
zu bedenken, dass das Kinderbetreuungsgeld als Familienleistung aus dem Familienlastenausgleichsfonds bezahlt werde
und dieser leer sei. Eine Aufhebung der Zuverdienstgrenze würde ihr zufolge 300 Mill. Euro kosten und wäre
ohne Leistungskürzungen als Ausgleich nicht machbar. Die neuen Auswahlvarianten wurden sowohl von Steibl als
auch von ihren FraktionskollegInnen Nikolaus Prinz, Andrea Eder-Gitschthaler und Anna Höllerer begrüßt.
Die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten will Eder-Gitschthaler im Zuge der für
das Jahr 2010 geplanten Steuerreform diskutieren.
Abgeordnete Bettina Stadlbauer (S) stellte die von Abgeordneter Haubner konstatierte hohe Zufriedenheit mit dem
Kinderbetreuungsgeld in Frage. So werde beispielsweise das Kinderbetreuungsgeld nicht als ideales Instrument gesehen,
um Beruf und Familie zu vereinbaren. Überdies hat das Kinderbetreuungsgeld ihr zufolge Frauen aus dem Arbeitsmarkt
herausgeholt und keinen Beitrag dazu geleistet, Väter verstärkt in die Kinderbetreuung einzubinden. Allgemein
merkte Stadlbauer an, sie freue sich, dass die ÖVP über ihren Schatten gesprungen sei und das Flexibilisierungsmodell
mittrage. Eine steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten lehnte Stadlbauer ebenso wie Grün-Abgeordnete
Barbara Zwerschitz ab, da eine solche, wie beide Abgeordnete argumentierten, nur Wohlhabenden zugute komme.
FPÖ-Familiensprecherin Rosenkranz verwahrte sich gegen die Behauptung, das Kinderbetreuungsgeld wäre
eine Falle für berufstätige Frauen gewesen. Sie plädiere für Wahlfreiheit, betonte die Abgeordnete,
es gehe weder darum, Mütter an den Herd zurückzudrängen noch an die Supermarktkasse.
Familienministerin Andrea Kdolsky hielt fest, bei den Flexibilisierungsmodellen handle es sich ihrer Ansicht nach
um ein gutes Konzept. Gleichzeitig gab sie zu bedenken, dass eine Aufhebung der Zuverdienstgrenze nicht finanzierbar
sei. Die Einführung von Arbeitszeitgrenzen anstelle der Zuverdienstgrenze würde Kdolsky zufolge einen
massiven zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen. Die Berechnung der Zuverdienstgrenze soll laut Ministerin
durch einen ab Jänner 2008 bereit gestellten Online-Rechner vereinfacht werden.
Neben dem Themenkomplex Kinderbetreuungsgeld standen im Familienausschuss auch eine Aktuelle Aussprache und drei
weitere Oppositionsanträge auf der Tagesordnung. |