Debatte über Bleiberecht und Flüchtlingsabschiebungen / Fall Zogaj  

erstellt am
09. 10. 07

 Gusenbauer: Je schneller neuer Lösungsvorschlag umgesetzt wird, umso besser
Asylgerichtshof wird am 1. Juli 2008 endlich seine Arbeit aufnehmen
Villach (sk) - "Der Vorschlag von Hannes Jarolim ist ein sehr guter Vorschlag, weil er zeigt, dass auf Basis der rechtlichen Grundlagen eine menschliche Lösung möglich ist. Der Beitrag von Hannes Jarolim wird Gegenstand der Diskussionen mit dem Innenminister sein", so Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am 08.10. bei einer Pressekonferenz zum Fall der Familie Zogaj. Jetzt gelte: "Je schneller der heute präsentierte Lösungsvorschlag umgesetzt wird, umso besser."

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hatte dargelegt, dass dem Innenminister anhand der bestehenden Rechtslage Mittel zur Verfügung stehen, der Familie Zogaj einen Aufenthalt in Österreich aus humanitären Gründen zu ermöglichen. Jarolim verweist auf Paragraf 22 Fremdenpolizeigesetz ("Humanitäres Visum")und Paragraf 73 Fremdenpolizeigesetz ("Besondere Bewilligung"), wonach eine befristete Einreiseerlaubnis erteilt werden kann - zumindest für die Kinder. Danach wäre die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen möglich.

Zum Asylgerichtshof erklärte Gusenbauer, dass dieser nun beschlossen wurde und er erwarte, dass die Regierungsvorlage bis Mitte November fertig sei, damit der Asylgerichtshof am 1. Juli 2008 "endlich" seine Arbeit aufnehmen kann. "Besser wäre es gewesen, wir hätten den Asylgerichtshof schon seit 1,5 Jahren."

 

Missethon: Alles klar bei der SPÖ?
ÖVP steht zu Regierungsbeschluss, Menschen brauchen Rechtssicherheit und Sicherheit
Wien (övp-pk) - "Alles klar bei der SPÖ?" fragt ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon und wünscht sich eine "klare Position der SPÖ beim Fremden- und Asylrecht". SPÖ-Chef Gusenbauer hatte noch vor wenigen Tagen klargestellt: Keine Änderung des Fremdenrechts, keine vorzeitige Evaluierung des Fremdenrechts und "Ja" zu Platters Kriterienkatalog mit den Landeshauptleuten.

"Heute will Justizministerin Berger eine Änderung des Fremdenrechts sowie eine Änderung des Kriterienkatalogs. Klubchef Cap dagegen will keine Änderung des Fremdenrechts, dafür aber eine Arbeitsgruppe im Innenministerium, er bleibt jedoch dabei, dass es keine vorzeitige Evaluierung geben soll. Nationalratspräsidentin Prammer wiederum will eine vorzeitige Evaluierung, genauso wie Sozialminister Buchinger, der diese heute in den ‚Oberösterreichischen Nachrichten' verlangt. Landesrat Ackerl wiederum forderte in der ORF-Sendung ‚ZIB 2' überhaupt eine Generalamnestie für alle Asylwerber in Österreich, was einer Abschaffung des Fremdenrechts gleichkommt", so Missethon.

"Die Menschen brauchen Rechtssicherheit und Sicherheit. Auch die derzeitigen Asylwerber müssen wissen, woran sie sind. Daher brauchen wir in dieser sehr sensiblen Phase eine gemeinsame Vorgehensweise der Regierung. Die ÖVP steht zum Regierungsbeschluss: ‚Ja' zum Fremden- und Asylrechtspaket, ‚Ja' zur Evaluierung erst 2009, ‚Ja' zum Asylgerichtshof und ‚Ja' zu Platters Kriterienkatalog mit den Landeshauptleuten", so Missethon, der einmal mehr betont, dass "das Gesprächsangebot von Innenminister Platter steht. Jene Berater, die die junge Frau versteckt halten, sollten dieses Gesprächsangebot wahrnehmen."

 

LR Ackerl: "Familien integrieren, nicht kriminalisieren!"
Die gegen die Familie Zogaj erhobenen Vorwürfe sind ein untaugliches Argument gegen den höchstnotwendigen humanitären Aufenthaltstitel
Linz (sk) - Oberösterreichs Sozial- Landesrat Josef Ackerl ist empört über die jüngst gegen die Familie Zogaj erhobenen Vorwürfe: "Es ist schlichtweg menschenverachtend, wenn hier seitens des VP-Innenministeriums der Versuch unternommen wird, Asylwerberfamilien zu kriminalisieren und damit ihren Asylantrag zu diskreditieren!" so Ackerl. "Es wird immer mehr offensichtlich, dass an menschlichen Lösungen in der Asylpolitik kein Interesse besteht!" Ackerl fordert, dass diese unsägliche Debatte endlich beendet wird und allen derzeit auf einen Asylbescheid oder bereits auf die Abschiebung wartenden Familien ein humanitäres Aufenthaltsrecht gewährt wird.
Der Bund hat bislang in seinem Zuständigkeitsbereich in der Asylpolitik völlig versagt. Der selbsternannte Sicherheitspolitiker Platter versucht seit Amtsantritt dieses Versagen zu kaschieren, in dem er die vom Bund verursachte Situation - zahlreiche, aufgrund zu langsam bearbeiteter Asylanträge seit Jahren hier lebende, arbeitende und integrierte Asylwerberfamilien - ignoriert und mit nahezu unmenschlicher Härte agiert. "Dazu ist ihm scheinbar jedes Mittel recht, bis hin zur Kriminalisierung der offensichtlich verzweifelten Familien!" so Ackerl.
Derzeit versteckt sich Platter wieder einmal hinter seinen Beamten und billiger Polemik. Ackerl fordert den Innenminister auf, dieses Versteckspiel zu beenden und selbst zu den einzelnen Fällen Stellung zu beziehen: "Der Minister alleine hat es in der Hand, jeder einzelnen der hier integrierten und jetzt von Abschiebung bedrohten Asylwerberfamilien ein Bleiberecht zu gewähren, ohne Präzedenzfälle für die Zukunft zu schaffen!" meint Ackerl. "Es ist auch allerhöchste Zeit, dieses Mittel des humanitären Aufenthalts auf alle derzeit im Asylverfahren befindlichen Familien anzuwenden!" Platter und die Republik laufen Gefahr, durch ihre unnötig harte, unmenschliche Haltung auch hierorts - wie im Fall der 15jährigen Arigona -den Verlust von Menschenleben verantworten zu müssen. "Die Republik müsste hier nicht einer Erpressung, sondern nur einem Gebot der Menschlichkeit Folge leisten!" schließt Ackerl. "Der Innenminister sollte daher in allen Fällen, in denen zum aktuellen Zeitpunkt Familien von Abschiebung oder einem negativen Asylbescheid bedroht sind, einen humanitären Aufenthaltstitel gewähren!" 

 

 Missethon: Schlepperbanden würde Tür und Tor geöffnet
Gesprächsangebot von Platter steht
Wien (övp-pk) - "Der Amnestie-Vorschlag von oberösterreichs Landesrat Ackerl würde Schlepperbanden Tür und Tor nach Österreich öffnen", so ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon. Eine generelle Amnestie würde bedeuten, "dass Schlepperbanden auf den Plan gerufen werden, möglichst viele Menschen nach Österreich zu bringen - weil dort eben der humanitäre Aufenthalt zum Nulltarif zu haben ist. Das gut funktionierende Asyl-Fremdenrechtspaket würde somit ad absurdum geführt", so Missethon.

"Die Republik darf nicht erpressbar sein. Innenminister Platter hat einen menschlichen und vernünftigen Weg vorgezeigt, sein Gesprächsangebot steht", so Missethon. Wichtig wäre, "dass die Berater des untergetauchten Mädchens das Angebot von Platter annehmen".

"Im Fall Zogaj hat die Familie bei ihrer illegalen Einreise im Jahr 2001 8000 Euro an eine Schlepperbande bezahlt. Bereits 2002, nach drei raschen negativen Asylverfahren hat die Familie gewusst, dass sie nicht bleiben kann. Die Familie ist erst nach dem Kosovo- Krieg nach Österreich eingereist. Der Kosovo steht unter Verwaltung der UNO, die die Rückführung der Familie gewährt haben. Seit 1999 wurden im Kosovo 100.000 Häuser aufgebaut. Es wäre daher besser, der Familie Zogaj ein gutes Leben im Kosovo zu ermöglichen. Im Heimatort der Familie Zogaj befinden sich Schulen, ein Gemeinde- und ein Jugendzentrum sowie eine Moschee. Die Familie hat dort Verwandte, die sie unterstützen - so besitzt der Bruder des Vaters ein Haus, das er nicht benützt", so Missethon.

Trotz des starken Rückgangs der Asylanträge durch das 2005 verabschiedete Asylgesetz, liegt Österreich noch immer, betreffend der Asylanträge, europaweit an vierter Stelle. "Dieser Rucksack muss abgebaut werden. Natürlich gibt es viele Menschen, die ihre wirtschaftliche Situation in Österreich verbessern wollen. Das ist menschlich nachvollziehbar, aber noch lange kein Asylgrund", so Missethon.

 

 Weinzinger: Humanitärer Aufenthalt hält Betroffene in Armut
Auf ein Jahr befristet, kein Zugang zum Arbeitsmarkt - Platter taucht ab
Wien (grüne) - "SPÖ und ÖVP reden laufend von menschlichen Entscheidungen und humanitärem Aufenthalt. Für die Betroffenen ist der humanitäre Aufenthaltsstatus nur eine kurzfristige Erleichterung, aber keine Lösung. Im Gegenteil: er hält sie weiter in Armut und lässt als einzigen Ausweg die Schwarzarbeit", erklärte die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Brigid Weinzinger. Humanitäre Aufenthalte würden in der Regel auf ein Jahr befristet vergeben und erlauben keinen legalen Zugang zum Arbeitsmarkt. Sozialhilfe werde nur nach Ermessen zugestanden. "Der humanitäre Aufenthaltsstatus ist in Wahrheit eine Armutsfalle und hilft keinem der Betroffenen auf Dauer", sagte Weinzinger. "Daher braucht es ein Bleiberecht, das den Menschen auch ermöglicht, in Österreich ein normales Leben führen zu können."

Heftige Kritik übte Weinzinger an der Regierung. "Die Regierungspartei SPÖ ergeht sich im Fall Zogaj in absurden Appellen an den eigenen Innenminister, statt selbst über ihren Regierungschef tätig zu werden. Innenminister Platter taucht noch dazu gänzlich unter. Es ist wohl einmalig, dass ein Innenminister seine Beamten vorschickt und Diskussionen fernbleibt. Offenbar hat Platter Schwierigkeiten, den Betroffenen von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu treten", so die Menschenrechtssprecherin der Grünen. "Die Regierung wird nicht um ein Bleiberecht herumkommen. Die Familie Zogaj braucht ein Bleiberecht und es ist menschenrechtlich und auch verfassungsrechtlich geboten."

 

Strache: Keine Einführung des Bleiberechts durch die Hintertür
Stattdessen konkrete Maßnahmen zur Verhinderung von Asylmissbrauch
Wien (fpd) - Gegen den SPÖ-Vorschlag für ein "humanitäres" Aufenthaltsrecht sprach sich FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache aus. Dies wäre nichts anderes als die Einführung des Bleiberechts durch die Hintertür und geradezu eine Aufforderung zum Asylmissbrauch. Strache sprach sich auch vehement dagegen aus, jetzt Einzelfälle für eine Anlassgesetzgebung zu instrumentalisieren.

Ein Bleiberecht würde Unrecht zu Recht machen, und das sei nicht zu akzeptieren. Österreich brauche stattdessen konkrete Maßnahmen, den Missbrauch hintan zu halten und von vornherein zu verhindern, betonte Strache. Der Vorschlag des oberösterreichischen Landesrats Ackerl sei dafür ganz und gar nicht geeignet, sondern würde unser Land ganz im Gegenteil noch mehr zum Asylmagneten machen.

 

 Grosz: BZÖ strikt gegen generelles Bleiberecht für Asylwerber
Asyl bedeutet temporärer Schutz für politisch Verfolgte
Wien (bzö) - Strikt gegen ein generelles Bleiberecht für Asylwerber sprach sich BZÖ- Generalsekretär Gerald Grosz aus. "Es stellt sich wirklich die Frage, wofür es ein Asylgesetz und Fremdenrecht gibt, wenn Personen, die die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllen, generell im Land bleiben sollen. Asyl bedeutet temporärer Schutz vor politischer Verfolgung, aber keineswegs ein dauerhaftes Bleiberecht für Wirtschaftsflüchtlinge. Es ist ein absolut unzulässiger Versuch hier das Asylrecht, zu dem sich Österreich bekennt, für Zuwanderern und Wirtschaftflüchtlingen zu fordern, um Stimmung zu machen", sagte Grosz.

Jene Asylwerber, die Schutz vor Verfolgung brauchen, müssten diesen Schutz selbstverständlich erhalten. Jenen, die sich aufgrund eines wirklichen Behördenverzuges über 5 Jahre in diesem Land aufhalten, sich dauerhaft gesetzestreu und rechtschaffen integrieren und sich gesellschaftlich und sozialpolitisch anpassen, sollte auch in Einzelfällen im Wege eines gesetzlichen definierten humanitären Aufenthaltstitels der weitere Aufenthalt in Österreich ermöglicht werden. "Wirtschaftsflüchtlinge die aber versuchen, das Asylrecht mit fadenscheinigen Argumenten ausnutzen, den Behördenweg absichtlich in die Länge ziehen, während der Verfahren kriminell werden und keinerlei Anzeichen zur Integration zeigen, gehören abgeschoben", bekennt sich Grosz zu dem auf BZÖ-Initiative gemeinsam mit der ÖVP und SPÖ beschlossenen strengen Fremden- und Asylrecht.

"Das Fremdenrecht ist daher nicht aufzuweichen sondern zügigst zu vollziehen. Mit dem vom BZÖ immer verlangten Asylgerichtshofes werden auch solche in den Medien bekannt gewordenen Fälle in Zukunft nicht mehr möglich sein", so Grosz abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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