Außenministerin Ursula Plassnik in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
22. 10. 07

 Plassnik: "Moderne Gebrauchsanleitung für das gemeinsame Europa"
Außenministerin bei der Pressestunde zum EU-Gipfel
Wien (bmeia) - "Mit dem neuen EU-Reformvertrag haben wir eine solide und zukunftsfeste Grundlage für die künftige Arbeit der EU geschaffen. Am EU-Gipfel in Lissabon erfolgte der letzte Feinschliff an der modernen Gebrauchsanleitung für das gemeinsame Europa", erklärte Außenministerin Ursula Plassnik am 21.10. in der Pressestunde zu den Ergebnissen des EU-Gipfels in Lissabon, bei dem die Verhandlungen zum EU-Reformvertrag erfolgreich zum Abschluss gebracht wurden.

Der künftige "Vertrag von Lissabon" bringe mehr Demokratie und mehr Effizienz in Europa - durch moderne Werkzeuge, klarere Aufgabenbeschreibung, den weltweit modernsten Grundrechtskatalog und zeitgemäße Kontrollrechte für die Bürger und Mitgliedstaaten. "Gerade im Bereich der Polizei und Justiz brauchen und wollen wir in diesem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts eine bessere Zusammenarbeit. Die bevorstehende Schengen-Erweiterung um unsere Nachbarstaaten macht dies noch deutlicher. Mit dem neuen Vertrag werden uns jetzt die notwendigen Werkzeuge zur Hand gegeben", so Plassnik.

Die Ministerin unterstrich, dass der Vertrag keineswegs die Position der kleineren Staaten in der EU schwäche: "Der Vertrag stärkt vielmehr den soliden europäischen Mittelstand der kleinen und mittleren Staaten. Wir sind weiterhin überproportional in den Institutionen der EU vertreten und haben mehr Chancen uns Einfluss und Gehör zu verschaffen." Als konkretes Beispiel nannte sie etwa das System der gleichberechtigten Rotation in der verkleinerten Europäischen Kommission, in der in der Vergangenheit die größeren Mitgliedstaaten durch zwei Kommissare vertreten waren.

Plassnik betonte, dass es sich beim EU-Reformvertrag bewusst um eine "Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsbasis" handle, die bereits in der Vergangenheit wiederholt an die Erfordernisse der Zeit angepasst wurde. Wie bereits zu den Verträgen von Amsterdam und Nizza sei zum künftigen "Vertrag von Lissabon" keine Volksabstimmung erforderlich. "Hier kommt das arbeitsteilige Verfahren der repräsentativen Demokratie zum Tragen. Die gewählten Volksvertreter werden gewissenhaft ihre Arbeit machen", so Plassnik.

Jetzt sei "sachliche und ruhige Informationsarbeit durch die Bundesregierung und das Parlament" zum Reformvertrag gefragt. Dabei gehe es aber nicht um eine "Propagandakampagne, sondern um geduldige und hartnäckige Überzeugungsarbeit", so Plassnik weiter. Die Ministerin verwies unter anderem auf das Europatelefon, über das sich die Bürger informieren können (wochentags 8.00 - 18.00 Uhr, Nummer: 0800 22 1111). Auch beim Tag der offenen Tür im Außenministerium am 26. Oktober werde die Möglichkeit bestehen, sich direkt bei Experten des Ministeriums über den Reformvertrag zu informieren.

Auf die EU-Skepsis in der Öffentlichkeit angesprochen, betonte die Ministerin das stabile Meinungsbild in Österreich. "Die Österreicher sind zufriedene Skeptiker. Wird die Testfrage nach dem Austritt aus der EU gestellt, dann zeigt sich seit 1994 eine klare zwei Drittel Mehrheit, die Österreichs Mitgliedschaft in der Union unterstützt." Jenseits "konjunktureller Schwankungen", wüssten die Österreicherinnen und Österreicher also sehr genau, was sie an der EU haben. Ermutigend sei in diesem Zusammenhang insbesondere die deutliche Zustimmung zur EU unter der Jugend.

"Regieren ist Teamarbeit" unterstrich Plassnik in Bezug auf die Zusammenarbeit innerhalb der Koalition. "Diese Teamarbeit muss noch besser werden. Nur eine verzahnte und gemeinsame Vorgangsweise ist erfolgsversprechend. Gerade auf europäischer Ebene müssen wir an einem Strang ziehen, um Ergebnisse für Österreich zu erzielen", so die Außenministerin.

 

 Schieder begrüßt EU-Reformvertrag - "auch wenn man sich mehr wünschen würde"
Österreichs Rolle in multinationalen Organisationen stärken - Schieder vermisst hier "klare Perspektiven" bei Plassnik"
Wien (sk) - "Der EU-Reformvertrag ist für die Zukunft der Europäischen Union und ihre Handlungsfähigkeit entscheidend. Bei allem, was man sich hätte mehr wünschen können - wichtig ist, dass der Reformvertrag die Union auch außenpolitisch handlungsfähig macht", so der designierte neue außenpolitische Sprecher der SPÖ, Andreas Schieder, am Sonntag. Gleichzeitig betonte Schieder aber auch, dass die österreichische Außenpolitik über die Arbeit in der EU hinausgehen müsse; hier habe er heute klare Perspektiven der Außenministerin vermisst, so Schieder zu den Aussagen Ursula Plassniks in der "Pressestunde".

Es sei richtig, dass man die Bedeutung eines kleinen Landes wie Österreich in der Welt realistisch einschätzen müsse - "aber gerade für kleine neutrale Länder gibt es in multinationalen Organisationen durchaus Spielraum für Initiativen", so Schieder. Diese Rolle gelte es zu stärken; "gerade unsere Neutralität verleiht uns hier Glaubwürdigkeit". Österreich könne mit seinen spezifischen Erfahrungen auch bei globalen Problemen wie Flüchtlingsströme oder internationalen Arbeitnehmerschutz einen Beitrag leisten.

Enttäuschend sind für Schieder Plassniks heutige Aussagen zu aktuellen innenpolitischen Themen. "Gerade eine Außenpolitikerin sollte wissen, dass Österreich Schulreformen braucht, um international konkurrenzfähig zu sein", kritisierte Schieder. Und in der Integrationspolitik stelle sich Plassnik selbst ins ÖVP-Hardliner-Eck von Missethon und Platter. "Dass sie hier die vorgefertigten Statements aus der ÖVP-Zentrale wiederholt und sogar den Vorschlag von Landeshauptmann Pröll, Asylwerber mit der Veröffentlichung privater Daten an den Pranger zu stellen, befürwortet, ist bestürzend", so Schieder abschließend.

 

 Voggenhuber: Plassnik sieht in Verfassungsprozess nur lästige Nabelschau…
…statt mögliche Errichtung einer europäischen Demokratie
Wien (grüne) - "Plassnik demonstrierte heute in der ORF-Pressestunde, dass sie im Verfassungsprozess nichts anderes sieht als eine Nabelschau Europas, die ihr lästig ist und die sie so schnell wie möglich hinter sich bringen will. Dass es dabei um die Entwicklung einer neuen politischen Ordnung in Europa geht, um die Errichtung einer europäischen Demokratie, um die Verwandlung des Einigungsprozesses von einer Sache der Eliten und Staatskanzleien zu einer res publica, zu einer Sache der BürgerInnen, ist ihr bis heute verborgen geblieben. Entsprechend unscharf blieben ihr Antworten", kritisiert Johannes Voggenhuber, Europasprecher der Grünen. Dies beginne mit mangelnder Kenntnis (in der Grundrechtecharta existiert gar kein Recht auf Arbeit) und findet seinen Höhepunkt in der Verweigerung einer Antwort auf die wesentliche Kritik, dass die Regierung den Prozess an sich gerissen und dabei Parlamente und Öffentlichkeit ausgeschalten haben.

Insgesamt scheint Plassnik ihre Arbeit ganz auf Harmonisierung und Sympathiewerte auszurichten. Anders ist es nicht erklärbar, dass sie selbst im Konflikt um das Bleiberecht jede Kritik an der harten ÖVP-Linie vermeidet und eine klare Stellungnahme für einen rechtsstaatliche und humanitäre Lösung schuldig bleibt. "Plassnik demonstriert damit, dass sie in zentralen gesellschaftlichen Fragen eine konservative Hardlinerin in treuer Gefolgschaft zu Schüssel, Platter und Erwin Pröll bleibt. Daran vermag die sanfte Hintergrundsmusik, in die sie sich hüllt, nichts zu ändern", so Voggenhuber.

 

Strache: Verweigerung einer Volksabstimmung ist illegitim und verfassungswidrig
FPÖ-Obmann kritisiert Abgehobenheit der eurokratischen Politikerkaste
Wien (fpd) - Als symptomatisch für die Abgehobenheit der eurokratischen Politikerkaste bezeichnete FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache den Auftritt der Außenministerin in der ORF-Pressestunde. Die gewählten Volksvertreter würden im Zusammenhang mit dem EU-Reformvertrag wie Volksverräter agieren

Strache bekräftigte die freiheitliche Forderung nach einer Volksabstimmung. Die Ablösung unserer Bundesverfassung durch den EU-Reformvertrag wäre ohne Volksabstimmung nicht legitim und verfassungswidrig. Man müsse die Neutralität, die Souveränität und die Freiheit Österreichs retten.
Mit ihrer Ablehnung einer Volksabstimmung ignoriere Plassnik den Willen von über 70 Prozent der Österreicher, warf Strache der Außenministerin vor, die sich mit ihrer Haltung auch gegen die Bundesverfassung stelle, in der klipp und klar nachzulesen sei, dass das Recht vom Volk ausgehe. Und diese Verfassung könne nur durch eine Volksabstimmung durch eine andere ersetzt werden.
"Wir wollen unsere Neutralität und unsere Verfassung nicht am Altar des Brüsseler EU-Diktats geopfert sehen", betonte Strache, der die Richtigkeit und Notwendigkeit der freiheitlichen Initiative gegen die EU-Verfassung und für eine Volksabstimmung darüber einmal mehr bestätigt sieht. Der Abgehobenheit der politischen Entscheidungsträger in Europa und Österreich müsse ein kräftiges Signal der österreichischen Bevölkerung entgegengehalten werden.

 

 Grosz: Plassnik tritt Demokratie mit Füßen
Schleichende EU-Diktatur droht
Wien (bzö) - "Es ist unfassbar, dass die auf die österreichische Verfassung vereidigte Außenministerin die Demokratie und die Selbstbestimmung der Österreicherinnen und Österreicher mit Füßen tritt. Ursula Plassnik macht sich damit zur Handlangerin der schleichenden EU-Diktatur des 21. Jahrhunderts", so BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz zum Auftritt von Außenministerin Ursula Plassnik in der ORF Pressestunde. Die Aussagen Plassniks beweisen für Grosz, dass die Bundesregierung unter Duldung von Bundespräsident Fischer die österreichische Bevölkerung in der wichtigen Frage der EU-Verfassung für entmündigt erklärt. "Die ÖVP verkauft Österreich, damit Schüssel in Brüssel was wird. Plassnik ist der Beweis dafür, dass sich die ÖVP immer mehr von den Menschen wegbewegt und sich in der Frage der EU-Verfassung mittlerweile außerhalb des österreichischen Verfassungsbogens befindet", so Grosz.

"70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher treten laut IMAS-Umfrage für eine Abstimmung ein. Deshalb wird am 8. November der Antrag des BZÖ auf eine Volksbefragung im Parlament behandelt und eine Nagelprobe dafür sein, wer in Österreich wirklich für ein mehr an Mitsprache der Menschen eintritt. Diese Volksbefragung ist ein deutliches Zeichen für die Stimmung in der Bevölkerung und ein gutes Instrument, das erstmalig bundesweit zum Einsatz kommen würde," betont Grosz. Der BZÖ-Generalsekretär kritisiert abschließend auch den heutigen "Kniefalljournalismus" in der Pressestunde, wo jede kritische Frage zur EU tunlichst vermieden wurde.
 
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