Dresden (idw) - Uran kommt in unserer Umwelt natürlich vor. In dicht besiedelten Regionen wie Sachsen,
wo lange Jahre Uranerz abgebaut wurde, ist es besonders wichtig zu wissen, wie sich Uran in der Natur ausbreitet.
Neueste Untersuchungen im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) belegen, dass Bakterien eine wichtige Rolle
beim Transport von Uran in der Umwelt übernehmen können. Die Ergebnisse wurden vor kurzem im Fachjournal
"Environmental Science & Technology" veröffentlicht.
Bakterien sind keine Einzelgänger, vielmehr sind 99 Prozent aller Bakterien in Biofilmen organisiert. Typische
Biofilme sind Zahnbeläge oder schleimige Überzüge auf in Gewässer befindlichen Steinen. Biofilme
sind allgegenwärtig und treten insbesondere an Grenzflächen zwischen fest und flüssig auf. Ein Biofilm
besteht zu 50 bis 95 % aus Wasser. Der Rest setzt sich aus Mikroorganismen und organischen Makromolekülen
zusammen. In Biofilmen findet man sehr komplexe und zugleich gut aufeinander abgestimmte Lebensgemeinschaften von
Mikroorganismen vor. Dabei kann es zur Ausbildung von Nischen mit unterschiedlichen geochemischen Parametern (z.
B. pH-Wert, gelöste Sauerstoffkonzentration) innerhalb des Biofilms kommen. Biofilme sind von Wasserkanälen
durchzogen, auf denen den Bakterien Nährstoffe zugeführt und deren Ausscheidungen abtransportiert werden.
Auf diese Weise gelangen auch toxische Schwermetalle in den Biofilm und können dort zurückgehalten werden.
Somit können Biofilme einen natürlichen Filter für Wasserreinigungs-Prozesse bilden.
Uran kann über das Transportmedium Wasser zu den Biofilmen gelangen. Hierbei spielt die Oxidationsstufe des
Urans eine große Rolle: das sechswertige Uran ist wasserlöslich und somit mobil (im Zentrum dieser Verbindung
steht das Uranyl-Ion UO22+ - das Uranatom ist von zwei Sauerstoffatomen umgeben), das vierwertige Uran dagegen
ist kaum wasserlöslich. Wird das mobile Uran(VI) in einen solchen Biofilm geleitet, ist die Wahrscheinlichkeit
groß, dass es durch den Weg von der Oberfläche in das Innere des Biofilms chemisch in vierwertiges Uran
umgewandelt wird. Bei dieser Reaktion gibt das Uran(VI) zwei Elektronen ab, allerdings war bisher der genaue Reaktionsvorgang
unklar. Die ausgefeilten Analysetechniken, die im FZD zur Verfügung stehen, ermöglichten erstmals die
genaue Untersuchung des chemischen Verhaltens von Uran in lebender Umgebung. So konnte die komplexe Wechselwirkung
zwischen dem Schwermetall und den Bakterien, die in einem Biofilm leben, aufgedeckt werden. Dieses Wissen könnte
in Zukunft dabei helfen, Konzepte für intelligente Sanierungsmaßnahmen zu erstellen.
Den Redox-Prozess von Uran in einem Biofilm hat ein Wissenschaftler- Team um Dr. Thuro Arnold im Forschungszentrum
Dresden-Rossendorf in Kooperation mit Prof. Isolde Röske und Dr. Axel Wobus von der Technischen Universität
Dresden nun erstmalig untersucht. Mit einem konfokalen Laser-Fluoreszenz-Mikroskop gelang es, die Reduktion von
Uran(VI) zum Uran(V) zu visualisieren und spektroskopisch zu identifizieren. Die Forscher gaben zunächst einem
der Natur nachempfundenen Biofilm eine wohldefinierte Lösung mit Uranyl(VI)-Ionen bei. Um Uran im Mikroskop
sichtbar machen zu können, wird ausgenutzt, dass einige Uran-Verbindungen bei gezielter Laseranregung Lumineszenz
zeigen, also nachleuchten. Einmalig ist das per Mikroskop entstandene Bild, auf dem sechs- und fünfwertiges
Uran gleichzeitig zu sehen sind. Da Uran(V) nur kurze Zeit stabil ist, herrscht dieser Oxidationszustand nicht
lange vor. Dr. Arnold: "Wir konnten nachweisen, dass die Umwandlung in wasserunlösliches Uran in zwei
Etappen vor sich geht. Während der im Biofilm ablaufenden Reaktion gibt das sechswertige Uran erst ein Elektron
ab, woraus das fünfwertige Uran entsteht. Für die weitere Umwandlung zum wasserunlöslichen Uran(IV)
gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen kann das Uran(V) im Biofilm unter Abgabe eines zusätzlichen Elektrons
weiter zu Uran (IV) reduziert oder aber in einem komplizierteren Prozess zu Uran(IV) und Uran (VI) umgewandelt
werden. Da das im Biofilm entstandene vierwertige Uran quasi wasserunlöslich ist, fällt es aus und wird
im Biofilm festgehalten."
Eine besondere Leistung der Rossendorfer Wissenschaftler besteht zudem darin, dass sie gleichzeitig mit dem mikroskopischen
Nachweis der Reduktion von Uran in einem Biofilm die genaue Wertigkeit der Uran- Verbindungen mit der Methode der
Laser-Fluoreszenz-Spektroskopie nachweisen konnten. Dr. Arnold: "Wir wollen die von uns entdeckten Prozesse
nun noch besser verstehen lernen, um dieses Wissen beispielsweise in intelligente Sanierungsprozesse einfließen
zu lassen." Dafür werden derzeit die Untersuchungsgeräte weiter verfeinert und verbessert. Jetzt
schon können Uran-Partikel und deren genaue chemische Form, in Biofilmen identifiziert werden. Bald schon
sollen mit der Fluoreszenz-Spektroskopie auch zeitaufgelöste Informationen zu gelösten Uranverbindungen
in Biofilmen möglich sein, so dass die Kombination der beiden Methoden dann sogar zur Untersuchung von Wechselwirkungen
von Zellen mit fluoreszierenden Schwermetallen geeignet sein wird. |