Konsum und Direktinvestitionen sind die Wachstumstreiber in Südosteuropa.
Handelsabkommen steigert Attraktivität der Region und treibt EU-Integration voran
Wien (ri) - Die Volkswirtschaften Südosteuropas wachsen weiterhin kräftig. Für 2007
wird abermals ein sehr robustes reales Wirtschaftswachstum von 5,6 Prozent für die gesamte Region erwartet.
Dieses wird vor allem durch eine stabile private Nachfrage nach Konsumgütern als auch vor allem durch stark
steigende ausländische Direktinvestitionen gestützt. Darüber hinaus wird das neue zentraleuropäische
Freihandelsabkommen die Region als Investitionsstandort noch attraktiver machen. Das sind die zentralen Aussagen
des neuen Südosteuropa-Reports von Raiffeisen-Research, dem Researchbereich des RZB-Konzerns, der anlässlich
einer derzeit stattfindenden Südosteuropa-Konferenz in Dubrovnik veröffentlicht wurde.
Auch für die kommenden Jahre erwarten die Analysten reale Wachstumsraten von etwa 5,5 Prozent pro Jahr, womit
Südosteuropa einer der Motoren des europäischen Wirtschaftswachstums bleibt. Insbesondere das erneuerte
Central European Free Trade Agreement (CEFTA) soll für einen weiteren Wachstumsschub, vor allem durch steigende
Auslandsdirektinvestitionen, sorgen. Dieses trat für die ersten fünf Länder (Albanien, Mazedonien,
Moldau, Montenegro und Kosovo), die das Abkommen bereits ratifiziert hatten, im Juli 2007 in Kraft. Im August folgte
Kroatien gemeinsam mit Bosnien und Herzegowina und im September schließlich Serbien. Neben der angestrebten
Handelsharmonisierung unter den Vertragspartnern und der Vereinbarung zur Schaffung eines gemeinsamen Marktes mit
rund 29 Mio. Einwohnern, bezieht sich das Abkommen vor allem auf die handelspolitischen Bereiche Öffentliches
Beschaffungswesen und Schutz Geistigen Eigentums. Das erneuerte Abkommen sollte die Attraktivität der Region
als Investitionsstandort steigern und die EU-Integration vorantreiben.
EU-Förderungen als Reformanreiz
Als Ansporn zur raschen Umsetzung politischer, wirtschaftlicher und institutioneller Reformen stellt die EU gezielt
Fördermittel bereit. Begünstigte sind Kandidatenländer und potenzielle Kandidaten sowie eingeschränkt
auch neue Mitgliedstaaten. Seit 1. Jänner 2007 ersetzt das neue Förderinstrument IPA (Instrument for
Pre-accession Assistance) alle früheren Vorbeitrittsinstrumente. Damit wurden die Förderprogramme PHARE,
ISPA, SAPARD, das Vorbeitrittsinstrument für die Türkei sowie CARDS, das Finanzierungsinstrument für
den Balkan, in einem Schritt abgelöst. IPA deckt alle Länder mit Vorbeitrittsstatus – derzeit Kroatien,
Mazedonien und die Türkei – sowie die Länder mit potenziellem Kandidatenstatus – darunter Albanien, Bosnien
und Herzegowina, Montenegro, Serbien (inkl. Kosovo) – ab. Im Juni 2007 bewilligte die Europäische Kommission
insgesamt 3,96 Milliarden Euro für das IPA-Programm für die Finanzperiode 2007 bis 2009.
Wirtschaftsentwicklung entspricht durchwegs den Erwartungen
Die Wirtschaft in Südosteuropa entwickelte sich erwartungsgemäß gut. Einige Regionen verzeichneten
sogar überdurchschnittliche Ergebnisse in der Wirtschaftsaktivität. So wird für Kroatien für
2007 ein Wirtschaftswachstum von 5,5 Prozent erwartet, das wäre der höchste Wert der letzten fünf
Jahre. Zurückzuführen ist dies vor allem auf den gestiegenen Konsum sowie vermehrte Investitionen. Durch
die bevorstehenden Wahlen in Kroatien dürfte die Wirtschaftsentwicklung jedoch vorübergehend etwas geschwächt
werden und für 2008 wird ein etwas geringeres BIP-Wachstum erwartet. Positiv hat sich die Situation auf dem
kroatischen Arbeitsmarkt entwickelt. Die Arbeitslosenrate fiel nach zehn Jahren auf ein Rekordtief von 14 Prozent,
nach ILO-Werten (International Labour Organisation) sogar noch tiefer. Erwartungsgemäß wird die Arbeitslosigkeit
im Herbst zunehmen, jedoch sollte sie insgesamt unter dem Schnitt von 2007 liegen.
Für Albanien wird ein Wirtschaftswachstum von 6 Prozent für 2007 erwartet, das entspricht in etwas dem
langjährigen durchschnittlichen Wachstum und wird vor allem durch die Bereiche Bau, Verkehr, Dienstleistungen
und Exporte getragen. In Bosnien und Herzegowina indizieren die wirtschaftlichen Schlüsselfaktoren ein Wachstum
von nahezu 10 Prozent in der industriellen Produktion. Die Energieproduktion, der wichtigste Industriesektor dieser
Region, weist jedoch einen Rückgang um 8 Prozent auf. In Serbien hingegen zeigte das BIP sogar eine Wachstumsrate
von 8,7 Prozent und liegt damit über der allgemeinen durchschnittlichen Wachstumsrate. Zurückzuführen
ist dieser positive Trend auf den Aufschwung im industriellen Handel (24,1 Prozent), Transportwesen (19,4 Prozent),
Finanzvermittlung (18,7 Prozent), Bauwirtschaft (16,2 Prozent) sowie beim Handwerk (8,8 Prozent). Es wird erwartet,
dass sich das BIP 2008 auf 6 Prozent einpendelt. Rumänien ist „Schlusslicht“ und konnte als einziges Land
die Wachstumsprognosen nicht erfüllen. Es wird vermutlich im 3. und 4. Quartal des Jahres eine BIP-Wachstumsrate
unter 5 Prozent aufweisen. Da 2008 noch dazu politische Wahlen anstehen, kann ein Aufschwung noch einige Zeit auf
sich warten lassen.
Konsum und Investitionstätigkeit beeinflussen das Wachstum positiv
Die Wachstumstreiber in Südosteuropa sind hauptsächlich der steigende Privatkonsum und Investitionsaktivitäten.
Beide dieser Wachstumssäulen der Wirtschaft profitieren vom Boom auf dem Kreditmarkt, der durch die breite
Privatisierung des Bankensektors und durch Rechtsreformen als Bestandteil des EU-Integrationsprozesses angekurbelt
wurde.
Die Südosteuropa-Eurobonds haben den globalen Liquiditätsengpass gut überstanden. Die derzeitigen
Bandbreiten sind ausreichend attraktiv, um sich besser zu positionieren. Albanien soll im Frühjahr 2008 sein
Debüt mit einem Eurobond im Wert von EUR 300 Millionen feiern.
Die Aktienmärkte in Südosteuropa setzten ihren positiven Trend fort und erreichten im Frühsommer
erneut ein Rekordhoch. Für den Rest des Jahres wird ein Anhalten der positiven Stimmung prognostiziert. Der
andauernde Aufschwung wird sich in den kommenden sechs Monaten auf so manchen interessanten Börsengang positiv
auswirken und die Aufmerksamkeit ausländischer Investoren auf die Region Südosteuropa ziehen. |