Plassnik:
"Kein Grund zur Selbstgefälligkeit beim Menschenhandel"
Außenministerin eröffnet Veranstaltung mit MinisterInnen Maria Berger, Doris
Bures und Günther Platter
Wien (bmeia) - "Menschenhandel hat viele, grausame Gesichter. 80 Prozent der Opfer sind Frauen
und Kinder. Sie sind die Hauptleidtragenden dieser modernen Form der Ausbeutung und Misshandlung. Menschenhandel
ist eine der schwersten Verletzungen fundamentaler Menschenrechte und eine Missachtung der menschlichen Würde",
betonte Außenministerin Ursula Plassnik bei der Eröffnung der Veranstaltung am 16.10. gemeinsam mit
Justizministerin Maria Berger, Frauenministerin Doris Bures und Innenminister Günther Platter. Anlässlich
des EU-Tages gegen Menschenhandel, der am 18. Oktober erstmals begangen wird, lud das Außenministerium zu
dieser Veranstaltung unter dem Motto "Gemeinsam gegen Menschenhandel".
"Die heutige Veranstaltung ist eine Premiere: dass vier Regierungsmitglieder zusammenkommen, um sich gemeinsam
dieses Themas anzunehmen, zeigt die Vielschichtigkeit der Problemstellung, aber auch den Willen zum gemeinsamen
Engagement", so die Ministerin weiter, die auf den Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel verwies, der
im März 2007 gemeinsam verabschiedet wurde. "Es geht auch darum, die Öffentlichkeit auf diese oft
zu wenig erkannte, ja zu wenig wahrgenommene Menschenrechtsverletzung aufmerksam zu machen. Jeder Einzelne ist
aufgerufen, zum Kampf gegen Menschenhandel beizutragen."
"Kein Land ist gegen Menschenhandel immun. Auch Österreich ist aufgrund seiner Lage im Zentrum Europas
unmittelbar betroffen. Es gibt daher keinen Grund zur Selbstgefälligkeit, sondern nur das Bemühen, konkrete
Verbesserungen zu bewirken", unterstrich Plassnik. Der vom Außenministerium geleiteten innerösterreichischen
"Task Force Menschenhandel" komme dabei als "wichtigem Vernetzungsinstrument" zwischen Ministerien,
Behörden, Ländern und NGO eine zentrale Aufgabe zu.
Plassnik hob die Bedeutung einer zielgerichteten internationalen und europäischen Zusammenarbeit in diesem
Bereich hervor. Gerade Wien als Sitz des UNO-Büros für Drogen und Verbrechensbekämpfung, der Organisation
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und des Internationalen Zentrums für die Entwicklung von
Migrationspolitik habe dabei eine besondere Netzwerkfunktion. So werde etwa das UNO-Büro für Drogen und
Verbrechensbekämpfung im Februar 2008 das Wiener Forum ("Vienna Forum") gegen Menschenhandel veranstalten,
mit dem Ziel auf internationaler Ebene konkrete Ideen zu entwickeln, wie Menschenhandel wirksam verhindert werden
kann. Österreich habe auch als erstes EU-Land die Konvention des Europarats gegen Menschenhandel im Oktober
2006 genehmigt und bereits umsetzt. Notwendig sei zudem die Zusammenarbeit mit so genannten Risikoländern,
die Ausgangspunkt von Schlepperbanden sind. Die österreichischen Vertretungen und Konsulate in diesen Ländern
seien beauftragt, besonders gefährdete Personengruppen über mögliche Gefahren, die rechtliche Lage
in Österreich und über Notrufnummern zu informieren.
"Wir müssen das Potential in unserer ministeriumsübergreifenden Zusammenarbeit in Zukunft auch auf
europäischer Ebene besser nützen", erklärte die Außenministerin. Sie habe daher beispielsweise
gestern beim EU-Außenministerrat eine gemeinsame Sitzung der Außen- und Innenminister zum Thema Krisenmanagement
und Katastrophenhilfe angeregt. "Auch der Kampf gegen Menschenhandel verlangt eine stärkere Bündelung
unserer Kräfte und Möglichkeiten auf europäischer Ebene und ist daher - wie Migration und Asyl -
ein Problemkreis der gemeinsam zu bearbeiten sein wird. Hier sind wir gemeinsam gefordert", so Plassnik abschließend. |
Berger und Bures erfreut über gemeinsames Vorgehen der Bundesregierung
Berger: Österreich beim Kampf gegen Menschenhandel "gut positioniert"
Wien (sk) - Justizministerin Maria Berger betonte in ihrem Statement, dass auf europäischer
Ebene viele Initiativen gesetzt wurden, um dem Menschenhandel zu begegnen. "Das war aber nicht immer selbstverständlich",
so Berger. Lange Zeit habe man beispielsweise dem Kampf gegen Autodiebstahl einen höheren Stellenwert auf
europäischer Ebene eingeräumt. Jetzt erkenne man auch auf internationaler Ebene die Wichtigkeit des Themas
Menschenhandel und auch Österreich habe sich im Kampf dagegen "gut positioniert". So verbiete der
Paragraph 104a des Strafgesetzbuches den Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und der Zwangsarbeit.
Mit diesem Paragraphen sei man in Übereinstimmung mit internationalen Aktionen gegen Menschenhandel, allerdings,
räumte Berger ein, sei es in Österreich noch zu keinen Verurteilungen laut Paragraph 104 gekommen, und
dies, obwohl man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen müsse. Verurteilungen habe es allerdings nach Paragraph
217 StGB gegeben, jenem Paragraphen, der grenzüberschreitende Prostitution verbiete.
Die niedrige Zahl an Verurteilungen sei darauf zurückzuführen, dass es Opfern von Menschenhandel oft
nicht möglich sei, auszusteigen und zum zweiten, dass die Opfer oft schnell außer Landes gebracht würden
und deshalb nicht als Zeugen zur Verfügung stehen würden. Überdies würde von den Behörden
oftmals nicht erkannt, dass es sich um einen Fall von Menschenhandel handle, deshalb brauche es hier noch mehr
Sensibilisierung der Beamten. Im Bereich des Opferschutzes sei es wichtig, so Berger, "dass gut mit den Opfern
umgegangen wird und erneute Traumas vermieden werden." Man habe jetzt eine Koordinationsstelle für Verbrechensopfer
und versuche auch eine bessere Prozessbegleitung zu gewährleisten. Sowohl Berger als auch Bures zeigten sich
erfreut, dass bei diesem wichtigen Thema ein gemeinsames Vorgehen der Bundesregierung möglich ist.
Bures: Beratungsstellen für Betroffene von Frauenhandel langfristig finanziell absichern"
Menschenhandel ist Frauenhandel", bemerkte Frauenministerin Bures. Rund 80 Prozent der Opfer seien Frauen
oder Kinder, diese würden "belogen, betrogen und ausgebeutet und die Menschenrechte werden mit Füßen
getreten". Nicht vergessen dürfe man auch die wirtschaftliche Dimension, rund sieben Milliarden Dollar
würden pro Jahr umgesetzt, der Menschenhandel rangiere somit hinter Waffen- und Drogenhandel an dritter Stelle
bei illegalen Geschäften. Das Verbrechen mache vor Österreich nicht halt, Österreich sei beim Menschenhandel
Transit- und Zielland. Die Menschenhändler würden international kooperieren, deshalb brauche man auch
eine verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Behörden.
Bures verwehrte sich dagegen "Frauenhandel mit Prostitution gleichzusetzen", oft passiere Frauenhandel
auch in Zusammenhang mit der Ausbeutung der Arbeitskraft. Man müsse auch darauf achten, dass Frauenhandel
nicht mit Schlepperei und illegaler Einwanderung assoziiert werde. "Das würde nur verschleiern, dass
Frauen ausgebeutet werden", unterstrich die Frauenministerin.
Seit 1998 gebe es eine Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel, diese sei oft "der letzte
Rettungsanker" für die Opfer. Die Interventionsstelle berate die Frauen psychologisch, medizinisch und
juristisch, man helfe bei Anträgen auf Aufenthaltsbewilligung, bei der Heimkehrvorbereitung und bei Fragen
der Integration und man biete Schutzwohnungen an, erklärte Bures. Sie sei erfreut, dass es gemeinsam mit Innenminister
Platter gelungen sei, eine zusätzliche Finanzierung für die IBF zu gewährleisten, jetzt gehe es
darum auch die längerfristige finanzielle Absicherung dieser Einrichtung sicher zu stellen. |