Wien (tu) - PhysikerInnen der Technischen Universität (TU) Wien forschen an neuen Isolationsmaterialien für
die Kernfusions-Versuchsanlage "ITER", die 2008 in Cadarache in Frankreich in Bau gehen soll. Mit Hilfe
von riesigen Magnetspulen, die aus supraleitendem Material gefertigt sind, werden bei der Kernfusion Bedingungen
wie auf der Sonne geschaffen. Ob die neuen Materialien der Neutronenstrahlung standhalten, testeten die WissenschafterInnen
im Triga Reaktor des Atominstitutes.
"Es gibt keinen einzigen Werkstoff, der 150 Millionen Grad heiße Materialien einschliessen könnte.
Aus diesem Grund wurde der Tokamak entwickelt, ein kreisförmiges Gebilde, in dessen Zentrum sich Wasserstoffisotope
befinden und von riesigen Magnetspulen aus supraleitendem Material eingeschlossen sind", erläutert Professor
Harald Weber, Vorstand des Atominstitutes der Österreichischen Universitäten. Langjährige Forschungsarbeiten
unter seiner Leitung beschäftigten sich mit Strahlenschäden in diesen Supraleitern. An die Materialien
selbst werden hohe Anforderungen gestellt. Weber: "Paradox ist, dass Helium, das auch bei der Kernfusion entsteht,
auf ca. Minus 270 Grad für die supraleitenden Magnetspulen abgekühlt werden muss. Daneben werden Plus
100 Millionen Grad erzeugt. Es geht also hier um extreme Tieftemperaturphysik, die sich neben extrem hohen Temperaturen
abspielt."
Die Spulenisolation muss die Belastungen, die durch die Neutronenstrahlung entstehen, dauerhaft aushalten. Seit
10 Jahren analysieren Weber und sein Team das Verhalten der verschiedenen Werkstoffe. "Das Standardisolationsmaterial
Epoxidharz (Glasfasern mit Harz imprägniert) würde "ITER" (= International Thermonuclear Experimental
Reactor, heute steht es für lateinisch "Der Weg" ) nicht überleben. Eine Mischung aus Epoxidharz
(60 Prozent) und Cyanatester (40 Prozent) erweist sich als ideal und somit können wir es als Erfolg werten,
dass der Reaktor mit unserem Material gebaut werden soll", sagt Weber.
Am 17. Juli 2007 wurde die europäische Gesellschaft "Fusion for Energy" in Barcelona gegründet.
Die Organisation ist neben anderen internationalen Partnern mit dem Bau und Betrieb von ITER betraut. Harald Weber,
der die Gesamtleitung der österreichischen Aktivitäten auf dem Gebiet der Kernfusion im November letzten
Jahres übernommen hat, ist auch im "governing board" von "Fusion for Energy". Die Bauzeit
für ITER ist von 2008 bis 2015, gefolgt von einer 20jährigen Betriebszeit, geplant. Erstmals in der Geschichte
soll durch ITER zehnmal mehr Energie bei der Kernfusion produziert werden, als hineingesteckt wird. Die Versuchsanlage
dient der Erprobung und Entwicklung vieler technischer Einzelheiten, soll jedoch noch keinen Strom produzieren.
Parallel dazu wird auch ein Demonstrationskraftwerk konzipiert.
Im übrigen nimmt die internationale Dachorganisation "ITER" nach Ratifizierung der internationalen
Verträge durch alle Partner am 24. Oktober 2007 offiziell ihren Betrieb auf. |