Blinde Menschen im öffentlichen Verkehr  

erstellt am
25. 10. 07

Innsbruck (rms) - Wild geparkte Fahrräder, verstellte Leitlinien, Gastgartentische, ungesicherte Baustellen oder Blindenampeln, die von Zeitungsständern oder Plakaten verhängt sind. Das alles sind Hürden, die für blinde Menschen nicht nur unüberwindbar, sondern mitunter auch lebensgefährlich sein können. Die Stadt Innsbruck und der Tiroler Blinden- und Sehbehinderten Verband (TBSV) machten deshalb am 24.10. in der Maria-Theresien-Straße gemeinsam auf diese Hürden aufmerksam. Stadträtin Dr. Marie-Luise Pokorny-Reitter, Stadtrat Dipl.-HTL-Ing. Walter Peer und der TBSV Verkehrsreferent Dietmar Graff zeigten mit blinden Statisten und einem Hindernisparcours, auf was Teilnehmer im Straßenverkehr achten sollten, damit blinde und sehbehinderte Menschen nicht behindert werden.

Innsbruck ist eine sehr blindenfreundliche Stadt
In keiner Stadt in Österreich gibt es, prozentual auf die Einwohnerzahl gerechnet, so viele Blindenampeln, wie in Innsbruck. Rund 150 solcher Ampeln, die blinden Menschen ein gefahrloses Überqueren der Straße ermöglichen, gibt es im ganzen Stadtgebiet. Zudem wurden rund zehn Kilometer Leitlinien verlegt. Sehbehinderte Personen können sich mithilfe ihres weißen Stockes entlang der Rillen orientieren. "Seit 2002 wurden im Tiefbauamt die Neubauten aller Übergänge behindertengerecht ausgeführt", berichtete Tiefbaustadträtin Dr. Marie-Luise Pokorny-Reitter. Allein im Jahr 2006 wurden zehn behindertengerechte Übergänge neu errichtet, 23 Übergänge wurden nachgerüstet.

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen städtischem Tiefbauamt, der Verkehrsplanung und dem Tiroler Blinden- und Sehbehinderten-Verband (Verkehrsreferent Dietmar Graff) können immer wieder Gefahrenstellen aufgedeckt und entschärft werden.

Was kann ich tun, damit blinde Menschen nicht behindert werden?
Beispiel Fahrräder: Das Abstellen der Räder auf Gehsteigen führt bei Blinden oder stark Sehbehinderten oftmals zu bösen Stürzen und schweren Verletzungen. Auf den Rillen abgestellte Fahrräder, Plakatständer oder Gastgertentische stellen große Hürden für die blinden Verkehrsteilnehmer dar! Beim Fußgängerübergang vor den RathausGalerien in der Maria-Theresien-Straße wird deshalb auch mit gelber Schrift darauf hingewiesen: "Bitte keine Räder abstellen. Taktiles Blindenleitsystem."

Beispiel Baustellen: Bänder, die Gruben oder gefährliche Vorsprünge absichern, bieten keinen Schutz. Herausstehende Stützen oder Latten bei können für FußgängerInnen mit Sehbehinderung zu groben Verletzungen führen. Eine stabile Baugrubenabsicherung und ein Baugerüst, welches im Bewegungsraum keine Hindernisse hat, sind ein Muss.

Beispiel öffentliche Verkehrsmittel: Das Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel wird durch die Errichtung von Niederflurhaltestellen für BenutzerInnen, so auch für Sinnesbehinderte und RollstuhlfahrerInnen erleichtert. Das gefährliche Überqueren eines Radweges oder eines Teils einer Fahrbahn fällt weg. Die erhöhte Haltestellencupkante macht zudem das Einsteigen problemlos.

Unwissenheit der Bevölkerung als Gefahrenquelle
Wie sehr Unachtsamkeit die Orientierung von Blinden im öffentlichen Verkehrsraum behindert, testeten StRin Pokorny-Reitter und StR Peer am 24. Oktober in der Maria-Theresien-Straße. Mit Augenmasken und weißem Stock versuchten sie sich entlang der Leitlinien zu orientieren und mussten Hindernisse wie abgestellte Fahrräder und einen Gastgartentisch überwinden. Nach dieser Erfahrung mit den "Stolpersteinen" im Blindenparcours erklärte Verkehrsstadtrat Dipl.-HTL-Ing. Walter Peer: "Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung ist notwendig."

Es ist nicht Bosheit, sondern Unwissenheit der Bevölkerung, die zu massiven Behinderungen blinder Menschen führen kann. Aufgrund von Umfragen weiß man beim TBSV, dass viele Menschen die Leitlinien für Kunstwerke halten. Daher der Appell, Leitlinien und Blindenampeln freizuhalten!

Internationaler Tag des weißen Stockes
Der internationale Tag des weißen Stockes am 15. Oktober wurde 1969 von der UNO ins Leben gerufen. Blindenorganisationen weltweit machen deshalb in diesem Monat besonders auf die Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Menschen aufmerksam.

Informationen: http://www.tbsv.org
 
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