Regensburg (idw) - Wenn Zellen sich im Organismus fortbewegen oder sich teilen, spielt das Protein Aktin
dabei eine wichtige Rolle. Es lagert sich zu langen, flexiblen Strängen zusammen, ohne die es um die Vermehrung
und die Beweglichkeit der Zellen schlecht bestellt wäre. Würzburger Forscher haben nun herausgefunden,
dass bei der Entstehung dieser Stränge Proteine aus der Familie der Formine und der Spir-Proteine kooperieren.
Diese bislang unbekannte Funktion beschreibt der Zellforscher Eugen Kerkhoff mit Kollegen aus den USA in der renommierten
Zeitschrift The Journal of Cell Biology. Dem zufolge kann ein bestimmtes Formin - getauft auf den wohlklingenden
Namen Cappuccino - sowohl existierende Aktin-Stränge verlängern als auch die Bildung neuer Stränge
in Gang setzen. Das erledigt es allerdings nicht in leitender Funktion, sondern nur als Assistent: Cappuccino unterstützt
bei diesem Prozess andere Moleküle, die vor einigen Jahren in Kerkhoffs Arbeitsgruppe entdeckt wurden, die
so genannten Spir-Proteine. Damals wie jetzt gelang den Forschern die Entdeckung in Kooperation mit Margot Quinlan
und Dyche Mullins von der Universität von Kalifornien in San Francisco.
Kerkhoff spricht von einer "weiteren bahnbrechenden Erkenntnis" zur Regulation der Aktin-Strukturen in
der Zelle. Diese Vorgänge sind offensichtlich auch für Krankheitsprozesse bedeutsam. Bei 20 Prozent aller
Brustkrebspatientinnen werden im Blut Antikörper gefunden, die sich gegen ein Spir-Protein richten. Eine Mutation
bestimmter Formine des Menschen könnte die Ursache für bisher ungeklärte Fälle von Unfruchtbarkeit
bei Frauen sein. "Auch bei der Entwicklung der Nervenzellen und im Gehirn spielt Spir eine Rolle", so
der Wissenschaftler.
Kerkhoff, der mittlerweile einem Ruf der Universität Regensburg gefolgt ist und seine Arbeiten dort fortsetzt,
war zuvor am Institut für Medizinische Strahlenkunde und Zellforschung der Uni Würzburg tätig. Auf
einen Antrag von Institutsvorstand Ulf R. Rapp hin wird Kerkhoffs Arbeitsgruppe seit 2006 finanziell durch das
Bayerische Genomforschungsnetzwerk unterstützt. Mit dieser Initiative fördert der Freistaat exzellente
Wissenschaftler.
Kerkhoff untersucht, wie sich die Strukturen von gesunden Zellen aufbauen und was sich verändert, wenn die
Zellen zu Krebszellen entarten. Dabei konzentriert er sich auf Nervenzellen des Gehirns und so genannte Epithelzellen,
die zum Beispiel den Darm auskleiden oder bei Frauen die Milchgänge in der Brust. Oft entarten genau diese
Zellen und lösen dann Brust- oder Darmkrebs aus. |