Österreichs Anleger parken ihre Ersparnisse in liquiden Finanztiteln  

erstellt am
23. 10. 07

Wien (oenb) - Von den insgesamt 11,4 Mrd Euro, die private Anleger in den ersten sechs Monaten 2007 in Finanzanlagen investierten, entfielen 7,8 Mrd Euro auf Einlagen und damit mehr als im gesamten Jahr 2006. Höhere Volatilitäten auf den Aktienmärkten und damit erhöhter Sicherheitsbedarf sowie weitere Zinsanhebungen im Neugeschäft der Banken dürften die wesentlichsten Motive gewesen sein – zumindest temporär –, verstärkt in liquide Mittel zu veranlagen. Während der Haushaltssektor seine Geldvermögensbildung gegenüber dem ersten Halbjahr 2006 ausweitete, reduzierte er im ersten Semester 2007 seine Neuverschuldung auf 2,1 Mrd Euro.

„Zunehmend überdenken neben Banken und institutionellen Anlegern auch Privatinvestoren ihre Risikoposition“ erklärte Direktor Dr. Zöllner anlässlich der jährlichen Präsentation zur Geldvermögensbildung und Finanzierung privater Haushalte. So sei in den ersten sechs Monaten des heurigen Jahres eine starke Präferenz für besonders liquide Finanzanlagen, die dem höheren Bedürfnis nach Sicherheit entsprechen, zu beobachten gewesen.

Das Geldvermögen der privaten Haushalte erhöhte sich im ersten Semester 2007 durch Neuveranlagungen um 11,4 Mrd Euro. Dieser Zuwachs liegt rund 1½ Mrd Euro über dem Vergleichswert des Vorjahres. Der Haushaltssektor legte aktiv 6,4 Mrd Euro in Form von Bankeinlagen an, wobei täglich fällige bzw. kurzfristig gebundene Sparformen bevorzugt wurden. 3,4 Mrd Euro oder mehr als 50% aller Einlagen wurden in den ersten sechs Monaten auf Sichtkonten deponiert. Auf Grund des hohen Volumens an Spareinlagen (140 Mrd Euro) erhöhte sich die Einlagenposition zusätzlich durch kapitalisierte Einlagenzinsen um 1,4 Mrd Euro.

Begünstigt wurde diese Veranlagungsform durch ein – für Sparer – günstiges Zinsumfeld. Die Leitzinsanhebungen seit Dezember 2005 in Höhe von 2 Prozentpunkten wurden bis auf 6 Basispunkte über kurzfristig gebundene Einlagen im Neugeschäft der Banken weitergegeben. Dämpfend auf die Realverzinsung wirkt hingegen die Inflationsrate in der für das Gesamtjahr prognostizierten Größenordnung von 1,9% (2006: 1,5%).

„Die Wertpapierveranlagungen des Haushaltssektors waren hingegen im heurigen Jahr sehr selektiv“, führte Direktor Dr. Zöllner weiter aus und begründete damit die insgesamt geringere Wertpapiernachfrage. Kauften private Anleger im Jahr 2006 noch um 5,5 Mrd Euro Wertpapiere, so betrug der Wert zur „Halbzeit“ im Jahr 2007 erst 1,7 Mrd Euro. Der Haushaltssektor kaufte vor allem Bankenemissionen um 1,5 Mrd Euro sowie Investmentzertifikate von gemischten Fonds und Immobilienfonds in Höhe von 1,4 Mrd Euro. Per Saldo standen hingegen inländische Aktien sowie Aktien- und Rentenfonds (1,5 Mrd Euro) auf der Verkaufsliste. Unter Hinweis auf die Struktur in der Geldvermögensbildung der letzten 25 Jahre sei dies als temporäres Phänomen zu werten. Daher stehe bei veränderten Rahmenbedingungen einem Wiederaufleben der Nachfrage nach diesen Titeln nichts im Wege, so Direktor Zöllner.

Ein wichtiges Motiv für das Sparen ist für die österreichischen Haushalte das Vorsorgemotiv, das zunehmend eine strukturelle Komponente im Sparen einnimmt. Einen Eckpfeiler dieser privaten Vorsorge bilden die Ansprüche aus Lebensversicherungen und gegenüber Pensionskassen. Diese erhöhten sich im ersten Semester 2007 um 1,8 Mrd Euro. In den letzten vier Jahren betrug ihr Anteil an der gesamten Geldvermögensbildung rund 25%. Dass hier noch Nachholbedarf besteht, zeigt ein Vergleich mit den anderen Ländern im Euroraum: Der Zuwachs der Ansprüche von Haushalten im Euroraum machte in diesem Zeitraum im Durchschnitt 43% der Geldvermögensbildung aus.

Nachteilig wirkte sich der kontinuierliche Anstieg des Zinsniveaus naturgemäß für Kreditnehmer aus, die seit Dezember 2005 wieder mit steigenden Zinszahlungen konfrontiert waren. Für Kreditnehmer von Wohnbaukrediten fiel die Zinssatzerhöhung – auf Grund der starken Wettbewerbssituation in dieser Kreditsparte – geringer aus als für Konsumkredite. Die Neuverschuldung der privaten Haushalte ging in den ersten sechs Monaten 2007 auf 2,1 Mrd Euro zurück (1.Halbjahr 2006: 2,7 Mrd Euro). Die treibende Kraft für die Kreditaufnahmen waren die Wohnbaukredite, während Konsumkredite eingeschränkt wurden.

Das Finanzvermögen des Haushaltssektors betrug zum 30.Juni 2007 413 Mrd Euro, wovon 384 Mrd Euro auf private Haushalte (im engeren Sinn) und 29 Mrd Euro auf private Organisationen ohne Erwerbszweck sowie auf Privatstiftungen entfielen.

Die Verschuldung des Haushaltssektors erreichte zum Semesterende einen Wert von 141 Mrd Euro, wovon fast ein Viertel auf Fremdwährungskredite entfiel. Eine neue Statistik der OeNB zeigt, dass insbesondere bei diesen Krediten viele private Haushalte die Rückzahlungsvariante „endfällig mit einem Tilgungsträger“ wählten. Das Aushaftungsvolumen dieser Kreditvariante betrug zum 30.6.2007 24 Mrd Euro. „Damit übt neben dem Vorsorgesparen auch diese Form der Kreditfinanzierung einen zunehmenden Einfluss auf die Struktur und Höhe des Vermögensaufbaus aus“, skizzierte Direktor Dr. Zöllner die mittelfristige Entwicklung abschließend.
 
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