Wichtige Beiträge zur Erforschung der Humanen Papillomviren (HPV) aus Innsbruck
Innsbruck (universität) - Um die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) gibt es seit Monaten
rege Diskussionen. Politik, Pharmaunternehmen und Fachärzte bemühen sich um einen Konsens zur Kostenübernahme
und diskutieren über die Sinnhaftigkeit und Wirkung der Impfung, die vor vier HPV-Typen schützt. Wissenschaftler
der Medizinischen Universität Innsbruck haben in der Vergangenheit zur Erforschung der humanen Papillomviren
beigetragen, mit dem Schwerpunkt Immunologie und dem Ziel, die Entwicklung einer auch therapeutisch wirksamen Impfung
zu bahnen.
Die Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) ist eine vorwiegend sexuell übertragene Krankheit und weltweit
stark verbreitet. Bis zum heutigen Tag sind mehr als 100 Typen von humanen Papillomviren bekannt, wobei diese in
drei Risikogruppen aufgeteilt sind. "Allein die Hochrisikotypen 16 und 18 sind für 70% der Gebärmutterhalstumore,
sowie für mindestens 30 bis 50% der Analkarzinome und 10% der Kopf- und Halskarzinome verantwortlich",
so Univ.-Prof. Dr. Robert Zangerle von der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie in Innsbruck. "Eine
frühzeitige vorbeugende Impfung, vor den ersten Geschlechtskontakten, bietet einen nahezu vollständigen
Schutz vor den lästigen Feigwarzen, verursacht durch die wenig gefährlichen Viren (6, 11), sowie den
gefährlichen Virustypen (16, 18) und verhindert damit die Entstehung jener Karzinome, die durch diese Viren
verursacht werden." Bei Immunschwachen wie HIV-Positiven oder Transplantierten ist eine bedrohliche Zunahme
von HPV-bedingten Malignome auch bei Männern zu verzeichnen.
Wann und für wen ist eine Impfung sinnvoll?
"Die derzeit angebotene HPV-Impfung schützt nur, wenn man noch nicht mit dem Virus Kontakt hatte",
erklärt der Gynäkologe Ass.-Prof. Dr. Kurt Heim von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Frauenheilkunde.
"Das Problem ist auch, dass nach abgelaufener Infektion das Virus meist nicht mehr nachgewiesen werden kann."
In der Regel kommt es (meist unbemerkt) zu Veränderungen z.B. am Muttermund, die sich spontan in wenigen Monaten
zurückbilden. Die Viren werden also in fast allen Fällen vom Immunsystem erfolgreich abgewehrt, persistieren
zu einem kleinen Teil aber "still" und DNA-Bruchstücke können sogar in das zelluläre Genom
eingebaut werden. Nach Jahren oder Jahrzehnten kann sich daraus über noch heilbare Vorläuferstadien Krebs
entwickeln. Da die Viren fast ausschließlich durch sexuelle Kontakte übertragen werden, gibt Prof. Heim
folgende Empfehlung ab: "Solange Partner mit keinen weiteren Personen Geschlechtsverkehr haben, ist eine Impfung
nicht essentiell, weil die vorhandenen Viren bereits ausgetauscht wurden und keine neuen hinzukommen." Mit
jedem Partner aber steigt die Infektionsrate und die Impfung könnte zu spät kommen. Mädchen, die
noch keine Sexualkontakte hatten, sind daher die primäre Zielgruppe für den Impfstoff. "Wichtig
ist jedoch", betont Prof. Heim, "das regelmäßige PAP-Screening ("Krebsabstrich")
zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs nicht zu vernachlässigen, denn trotz Impfung besteht
leider weiterhin ein kleines Restrisiko, an einem Karzinom zu erkranken, denn nicht alle Hochrisikotypen sind in
dem Impfstoff der aktuellen Generation enthalten.Nur eine frühzeitige Diagnose kann die Heilungschancen deutlich
verbessern." Auch Männer sind als Überträger und Patienten involviert, die Miteinbeziehung
der Buben in ein Impfprogramm wäre deshalb vernünftig. Der Dermatologe Univ.-Prof. Dr. Reinhard Höpfl
spricht sich als eingeladener Experte im Bundesministerium für Gesundheit - in Anlehnung an internationale
Richtlinien der Amerikanischen Krebsgesellschaft - für die kostenfrei Durchimpfung aller 12-jährigen
mit Priorität für die Mädchen aus, mit einer "Catch up" Strategie bis etwa zum 17. Lebensalter.
Wichtige Beiträge aus Innsbruck
Das Innsbrucker Forscherteam um Prof. Höpfl von der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie
und Prof. Heim von der Univ.-Klinik für Frauenheilkunde hat bereits Ende der 1980er-Jahre damit begonnen,
die Papillomviren zu erforschen. So arbeitete Prof. Höpfl 1986 am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg,
wo die Erforschung der Papillomviren ihren Ausgang nahm. Seit dieser Zeit liegt sein Forschungsschwerpunkt auf
den immunologischen Aspekten der HPV-Infektion. Prof. Heim untersuchte zuerst die Beteiligung von HPV bei verschiedenen
gynäkologischen Erkrankungen. In den Jahren 1991 und 1992 arbeitete Reinhard Höpfl im Forschungsteam
von Prof. John Kreider (Hershey, Pennsylvania, USA), einem Pionier der HPV-Forschung, der mit der erstmalig gelungenen
Produktion von infektiösen Papillomviruspartikeln einen wichtigen Grundstein für die Impfstoffentwicklung
gelegt hatte. Anschließend stieß auch Kurt Heim zu dieser Arbeitsgruppe, um wichtige serologische Untersuchungen
durchzuführen. Prof. Heim konnte erstmals zeigen, dass Antikörper gegen künstliche Virushüllen
(gentechnologisch hergestellte Virushüllen, die mit dem Wildvirus praktisch identisch sind und den heutigen
Impfstoff bilden) typenspezifisch sind und dass diese Antikörper sogar prognostischen Wert für Gebärmutterhalskrebs
haben. Prof. Neil Christensen, der Nachfolger von Prof. Kreider und zweite HPV-Pionier aus Hershey, demonstrierte
unter Mitarbeit von Prof. Höpfl schließlich die prophylaktische Schutzwirkung der neutralisierenden
Antikörper nach einer Impfung mit HPV-Virushüllen. Weitere serologische Untersuchungen der Innsbrucker
Gruppe mit mehreren HPV-Typen bei verschiedenen gynäkologischen und dermatologischen Erkrankungen, Schwangeren
und Neugeborenen erbrachten zusätzliche Erkenntnisse auch in polyklonalen Patientenseren. Damit lieferten
die Innsbrucker Forscher einen wesentlichen Beitrag für die erfolgreiche Entwicklung des seit dem Vorjahr
zugelassenen prophylaktischen Impfstoffes.
Fernziel therapeutische Impfung
Der Innsbrucker Arbeitsgruppe ist es im Rahmen eines weiteren vom FWF geförderten Projekts auch gelungen,
durch einen patentierten Hauttest eine spezifische zelluläre Immunantwort gegen HPV nachzuweisen. So konnten
sie zeigen, dass Patientinnen mit Krebsvorstadien am Muttermund, die eine so genannte spontane Heilung erfahren,
T-Zellen gegen krebsauslösende Frühproteine der HPV richten. Aufgrund dieser Beobachtungen wurde Prof.
Höpfl im Jahr 2000 mit dem Österreichischen Dermatologenpreis ausgezeichnet, er fungiert seither als
Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Entwicklung von HPV-Impfstoffen und ist als Experte in internationale
Projekte eingebunden, die das Ziel verfolgen, eine therapeutische Impfung zu entwickeln, die auch nach einer Infektion
noch heilen soll. "Erste klinische Studien an Patientinnen sind abgeschlossen, ein Durchbruch sei noch nicht
gelungen", erklärt Prof. Höpfl, "eine solche Entwicklung braucht leider seine Zeit." |