Für wen macht eine HPV-Impfung Sinn?   

erstellt am
23. 10. 07

Wichtige Beiträge zur Erforschung der Humanen Papillomviren (HPV) aus Innsbruck
Innsbruck (universität) - Um die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) gibt es seit Monaten rege Diskussionen. Politik, Pharmaunternehmen und Fachärzte bemühen sich um einen Konsens zur Kostenübernahme und diskutieren über die Sinnhaftigkeit und Wirkung der Impfung, die vor vier HPV-Typen schützt. Wissenschaftler der Medizinischen Universität Innsbruck haben in der Vergangenheit zur Erforschung der humanen Papillomviren beigetragen, mit dem Schwerpunkt Immunologie und dem Ziel, die Entwicklung einer auch therapeutisch wirksamen Impfung zu bahnen.

Die Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) ist eine vorwiegend sexuell übertragene Krankheit und weltweit stark verbreitet. Bis zum heutigen Tag sind mehr als 100 Typen von humanen Papillomviren bekannt, wobei diese in drei Risikogruppen aufgeteilt sind. "Allein die Hochrisikotypen 16 und 18 sind für 70% der Gebärmutterhalstumore, sowie für mindestens 30 bis 50% der Analkarzinome und 10% der Kopf- und Halskarzinome verantwortlich", so Univ.-Prof. Dr. Robert Zangerle von der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie in Innsbruck. "Eine frühzeitige vorbeugende Impfung, vor den ersten Geschlechtskontakten, bietet einen nahezu vollständigen Schutz vor den lästigen Feigwarzen, verursacht durch die wenig gefährlichen Viren (6, 11), sowie den gefährlichen Virustypen (16, 18) und verhindert damit die Entstehung jener Karzinome, die durch diese Viren verursacht werden." Bei Immunschwachen wie HIV-Positiven oder Transplantierten ist eine bedrohliche Zunahme von HPV-bedingten Malignome auch bei Männern zu verzeichnen.


Wann und für wen ist eine Impfung sinnvoll?
"Die derzeit angebotene HPV-Impfung schützt nur, wenn man noch nicht mit dem Virus Kontakt hatte", erklärt der Gynäkologe Ass.-Prof. Dr. Kurt Heim von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Frauenheilkunde. "Das Problem ist auch, dass nach abgelaufener Infektion das Virus meist nicht mehr nachgewiesen werden kann." In der Regel kommt es (meist unbemerkt) zu Veränderungen z.B. am Muttermund, die sich spontan in wenigen Monaten zurückbilden. Die Viren werden also in fast allen Fällen vom Immunsystem erfolgreich abgewehrt, persistieren zu einem kleinen Teil aber "still" und DNA-Bruchstücke können sogar in das zelluläre Genom eingebaut werden. Nach Jahren oder Jahrzehnten kann sich daraus über noch heilbare Vorläuferstadien Krebs entwickeln. Da die Viren fast ausschließlich durch sexuelle Kontakte übertragen werden, gibt Prof. Heim folgende Empfehlung ab: "Solange Partner mit keinen weiteren Personen Geschlechtsverkehr haben, ist eine Impfung nicht essentiell, weil die vorhandenen Viren bereits ausgetauscht wurden und keine neuen hinzukommen." Mit jedem Partner aber steigt die Infektionsrate und die Impfung könnte zu spät kommen. Mädchen, die noch keine Sexualkontakte hatten, sind daher die primäre Zielgruppe für den Impfstoff. "Wichtig ist jedoch", betont Prof. Heim, "das regelmäßige PAP-Screening ("Krebsabstrich") zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs nicht zu vernachlässigen, denn trotz Impfung besteht leider weiterhin ein kleines Restrisiko, an einem Karzinom zu erkranken, denn nicht alle Hochrisikotypen sind in dem Impfstoff der aktuellen Generation enthalten.Nur eine frühzeitige Diagnose kann die Heilungschancen deutlich verbessern." Auch Männer sind als Überträger und Patienten involviert, die Miteinbeziehung der Buben in ein Impfprogramm wäre deshalb vernünftig. Der Dermatologe Univ.-Prof. Dr. Reinhard Höpfl spricht sich als eingeladener Experte im Bundesministerium für Gesundheit - in Anlehnung an internationale Richtlinien der Amerikanischen Krebsgesellschaft - für die kostenfrei Durchimpfung aller 12-jährigen mit Priorität für die Mädchen aus, mit einer "Catch up" Strategie bis etwa zum 17. Lebensalter.

Wichtige Beiträge aus Innsbruck
Das Innsbrucker Forscherteam um Prof. Höpfl von der Univ.-Klinik für Dermatologie und Venerologie und Prof. Heim von der Univ.-Klinik für Frauenheilkunde hat bereits Ende der 1980er-Jahre damit begonnen, die Papillomviren zu erforschen. So arbeitete Prof. Höpfl 1986 am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, wo die Erforschung der Papillomviren ihren Ausgang nahm. Seit dieser Zeit liegt sein Forschungsschwerpunkt auf den immunologischen Aspekten der HPV-Infektion. Prof. Heim untersuchte zuerst die Beteiligung von HPV bei verschiedenen gynäkologischen Erkrankungen. In den Jahren 1991 und 1992 arbeitete Reinhard Höpfl im Forschungsteam von Prof. John Kreider (Hershey, Pennsylvania, USA), einem Pionier der HPV-Forschung, der mit der erstmalig gelungenen Produktion von infektiösen Papillomviruspartikeln einen wichtigen Grundstein für die Impfstoffentwicklung gelegt hatte. Anschließend stieß auch Kurt Heim zu dieser Arbeitsgruppe, um wichtige serologische Untersuchungen durchzuführen. Prof. Heim konnte erstmals zeigen, dass Antikörper gegen künstliche Virushüllen (gentechnologisch hergestellte Virushüllen, die mit dem Wildvirus praktisch identisch sind und den heutigen Impfstoff bilden) typenspezifisch sind und dass diese Antikörper sogar prognostischen Wert für Gebärmutterhalskrebs haben. Prof. Neil Christensen, der Nachfolger von Prof. Kreider und zweite HPV-Pionier aus Hershey, demonstrierte unter Mitarbeit von Prof. Höpfl schließlich die prophylaktische Schutzwirkung der neutralisierenden Antikörper nach einer Impfung mit HPV-Virushüllen. Weitere serologische Untersuchungen der Innsbrucker Gruppe mit mehreren HPV-Typen bei verschiedenen gynäkologischen und dermatologischen Erkrankungen, Schwangeren und Neugeborenen erbrachten zusätzliche Erkenntnisse auch in polyklonalen Patientenseren. Damit lieferten die Innsbrucker Forscher einen wesentlichen Beitrag für die erfolgreiche Entwicklung des seit dem Vorjahr zugelassenen prophylaktischen Impfstoffes.

Fernziel therapeutische Impfung
Der Innsbrucker Arbeitsgruppe ist es im Rahmen eines weiteren vom FWF geförderten Projekts auch gelungen, durch einen patentierten Hauttest eine spezifische zelluläre Immunantwort gegen HPV nachzuweisen. So konnten sie zeigen, dass Patientinnen mit Krebsvorstadien am Muttermund, die eine so genannte spontane Heilung erfahren, T-Zellen gegen krebsauslösende Frühproteine der HPV richten. Aufgrund dieser Beobachtungen wurde Prof. Höpfl im Jahr 2000 mit dem Österreichischen Dermatologenpreis ausgezeichnet, er fungiert seither als Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Entwicklung von HPV-Impfstoffen und ist als Experte in internationale Projekte eingebunden, die das Ziel verfolgen, eine therapeutische Impfung zu entwickeln, die auch nach einer Infektion noch heilen soll. "Erste klinische Studien an Patientinnen sind abgeschlossen, ein Durchbruch sei noch nicht gelungen", erklärt Prof. Höpfl, "eine solche Entwicklung braucht leider seine Zeit."
 
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