Begegnung mit dem neuen orthodoxen Patriarchen Daniel I. im Bukarester
Flughafen
Bukarest/Wien (pew) - Kardinal Christoph Schönborn wurde am 29.10. in Sibiu mit dem Ehrendoktorat
der orthodoxen Theologischen Fakultät ausgezeichnet. Der Wiener Erzbischof war am im Bukarester Flughafen
vom rumänisch-orthodoxen Patriarchen Daniel I. und dem scheidenden Apostolischen Nuntius, Erzbischof Jean-Claude
Perisset, empfangen worden. Am Dienstag wird Kardinal Schönborn in Cluj-Napoca mit einem Ehrendoktorat der
dortigen Babes-Bolyai-Universität ausgezeichnet. Im Verlauf seines Rumänien-Besuchs trifft der Wiener
Erzbischof mit orthodoxen, griechisch-katholischen und römisch-katholischen Bischöfen sowie mit Theologen
aller in Rumänien vertretenen Konfessionen zusammen.
Bei seiner Rumänien-Reise wird Kardinal Schönborn u.a. vom Präsidenten der Stiftung "Pro Oriente",
Hans Marte, und von der Generalsekretärin der Stiftung, Marion Wittine, begleitet.
Die "Schönheit der Barmherzigkeit"
In seinem Festvortrag in Sibiu ging Kardinal Schönborn vom Thema seiner Dissertation "Die Christus-Ikone"
aus. Für viele Christen aller Konfessionen sei die östliche Ikonen-Tradition heute ein "Ort der
Begegnung" für alle Christen geworden. Sprache und Symbolik der Ikone faszinierten viele Zeitgenossen,
betonte der Wiener Erzbischof.
Es gebe den - oft auch von orthodoxen Christen - geäußerten Verdacht, dass die Begeisterung für
die Ikonen so etwas wie eine Modeerscheinung sei. Er sei aber überzeugt, dass mehr hinter der Freude an den
Ikonen stehe, sagte Kardinal Schönborn. Offensichtlich erkenne das "Glaubensbewusstsein" der Menschen,
der "sensus fidei", in der östlichen Ikonentradition etwas wie eine "kanonische" Ausdrucksform
des christlichen Glaubens, die alle "kulturellen Modeerscheinungen" überschreite.
Das Geheimnis der Ikone bestehe letzten Endes darin, dass sie das "Geheimnis Christi", des menschgewordenen
Wortes Gottes, abbilde. Jenseits aller kulturellen Einflüsse und aller künstlerischen Schattierungen
gebe es eine einzigartige Quelle der Ikonenkunst: Das Antlitz Christi. Die Ikone habe eine solche Anziehungskraft,
weil sie Christus darstelle, betonte Kardinal Schönborn. Deshalb könnten Glaubende - und oft auch Nichtglaubende
- ausrufen "Das ist Jesus", wenn sie eine Ikone sehen.
Die Christus-Ikone werde als "Zusammenfassung des christlichen Glaubens" gesehen, so der Wiener Erzbischof.
Es gebe eine Intuition, die sich auf tausendfache Weise bewahrheite: "Dort, wo Christus ist, dort ist auch
die Schönheit". Ein Beweis dafür seien die vielen Menschen, die aus aller Welt nach Rumänien
kommen, um den Glanz der orthodoxen Klöster und ihrer Kunstwerke zu sehen. Johannes Paul II. habe in seinem
Werk über den Heiligen Albert Chmielowski dargelegt, dass Christus der Welt eine "andere Schönheit"
geschenkt habe, die "Schönheit der Barmherzigkeit". Kardinal Schönborn zitierte in diesem Zusammenhang
das Beispiel eines rumänischen Freundes, des Künstlers, Ikonenmalers und Verlegers Sorin Dumitrescu,
der einen Kalender mit zwölf großformatigen Fotos von orthodoxen "Starzen" (alten Mönchen)
publiziert hat. Die Schönheit dieser alten zerfurchten Gesichter sei ein "eklatanter Hinweis" auf
diese "Schönheit Christi", die "Schönheit der Barmherzigkeit". |