Plassnik: "Überwindung von Grenzen und Trennlinien im neuen Europa"   

erstellt am
12. 11. 07

Außenministerin beim 25-Jahr-Jubiläum des Wiener Instituts für die Wissenschaften vom Menschen
Wien (bmeia) - "Durch konsequente und hartnäckige Arbeit, vor allem der Innenminister, wurde ein europäischer Quantensprung möglich gemacht. Dort, wo früher der Eiserne Vorhang stand, wird es in nicht einmal sechs Wochen keine Grenzkontrollen mehr geben", erklärte Außenministerin Ursula Plassnik am 10.11. bei ihrer Rede vor dem Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM). Die Außenministerin hatte anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums des Instituts zu einem gemeinsam Mittagessen geladen, an dem unter anderen die ehemaligen Außenminister von Deutschland und Polen, Joschka Fischer und Bronislaw Geremek, sowie eine Reihe hochrangiger Vertreter des IWM-Netzwerks teilnahmen.

"Hinter der technisch klingenden Bezeichnung "Schengen-Erweiterung" steht eine tiefgreifende Neuerung mit weitreichenden Folgen, vor allem für die Menschen in unseren Nachbarländern. Nichts könnte die epochalen Änderungen der letzten Jahrzehnte besser verdeutlichen als dieses Ereignis. Europa - das neue Europa - ist das Europa der Überwindung von Grenzen und Trennlinien auf friedlichem Weg. Erinnern wir uns: Alois Mock und Gyula Horn haben am 27. Juni 1989 bei Klingenbach gemeinsam den Stacheldraht durchschnitten. Das zeigt, worum es bei der europäischen Integration im Kern geht: das friedliche Zusammenwachsen des Kontinents durch gemeinsame Definition von Zielen und konkrete Zusammenarbeit", so Plassnik weiter. Die Ministerin verwies auch darauf, dass sich heute der Fall der Berliner Mauer in der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 zum 18. Mal jährt.

Die über 1200 Kilometer österreichische Grenze mit der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn und Slowenien würden demnächst sein, wie die Grenzen mit Deutschland und Italien, unterstrich die Ministerin. "Wir haben den neuen Schengen-Staaten geholfen, ihre Sicherungsmaßnahmen kräftig aufzurüsten. Personell, mit gründlichen Schulungen, mit neuem modernen Gerät. Früher hatte zum Beispiel die Slowakei 240 Polizeibeamte an ihrer Grenze zur Ukraine, jetzt sind 886 dort im Einsatz. Um die 100 Millionen Euro hat die Slowakei für ihre Schengen-Maßnahmen ausgegeben; über 50 Millionen davon stammen aus EU-Geldern. Wir haben uns also gründlich auf diesen Schritt vorbereitet."

Plassnik würdigte die Arbeit des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen in interreligiösen Dialog und sprach in diesem Zusammenhang auch das Thema Frauen und Religion an. "Dieses Thema darf kein akademisches sein, hier muss vielmehr auf ganz praktischer Ebene konsequent gearbeitet werden. Denn Religionen tun sich oft im Umgang mit Frauen nicht leicht. Es ist Zeit, auch dieses Thema in einem breit angelegten Dialog anzusprechen", so Plassnik. Hier könnten gerade Institute wie das IWM wichtige Beiträge leisten.

Die Ministerin unterstrich die Notwendigkeit, den Stimmen der Frauen gerade in Konflikt- und Postkonfliktsituationen Gehör zu verschaffen und ihnen einen gleichberechtigten Platz am Verhandlungstisch einzuräumen. "Das ist schlicht eine Frage der Vernunft und des Social Engineering. Keine Gesellschaft kann es sich auf Dauer leisten auf das Potential und die Kreativität von Frauen zu verzichten. Auch für die Menschen- und Bürgerrechte gilt: sie sind weder "männlich" noch "weiblich". Da darf es weltweit keine religiös oder traditionell begründeten Abstriche oder Unterscheidungen geben."
 
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