Asylgerichtshof beschlossen  

erstellt am
08. 11. 07

 Platter: Ein guter und erfreulicher Tag für die Asylpolitik in Österreich
Innenminister in der Aktuellen Stunde des Nationalrates
Wien (övp-pk) - "Heute ist ein erfreulicher Tag für die Asylpolitik in Österreich. Denn heute haben wir im Ministerrat die Installierung eines Asylgerichtshofes beschlossen, der dazu beitragen wird, dass innerhalb eines Jahres alle Asylverfahren abgeschlossen werden und der derzeitige Rückstau bis 2010 abgebaut wird." Das erklärte Innenminister Günther Platter am 07.11. in der Aktuellen Stunde des Nationalrates zum Thema Fremdenrecht.

Der Ministerratsbeschluss sehe vor, dass dieser Asylgerichtshof in letzter Instanz entscheidet und keine Anrufung an den Verwaltungsgerichtshof mehr möglich ist, außer in grundsätzlichen Rechtsfragen. In diesen Fällen müsse der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung innerhalb von sechs Monaten treffen - "damit ist eine rasche Abwicklung der Verfahren garantiert", kündigte Platter an. Die parlamentarische Behandlung dieses Ministerratsbeschlusses kann noch in diesem Jahr stattfinden, der Minister hofft auf eine "breite Zustimmung zu dieser guten Lösung." Damit könne das Gesetz mit 1.1.2008 in Kraft treten, der Asylgerichtshof könne im Sommer 2008 seine operative Tätigkeit aufnehmen.

In seinem Debattenbeitrag erinnerte Platter an den Beschluss des Fremdenrechtspaketes 2005: "Dass wir dieses Paket beschlossen haben, war richtig und wichtig. Denn damit haben wir erreicht, dass Österreich für Asylmissbrauch deutlich unattraktiver geworden ist, dass Österreich ein geringerer Anziehungspunkt für illegale Einwanderer wurde und dass den Schlepperorganisationen ein Riegel vorgeschoben ist." Platter unterlegte diese Worte auch mit Zahlen: "2005 hatten wir in Österreich rund 22.000 Asylwerber, im zehn Mal so großen Deutschland waren es gerade 28.000, in den USA, dem klassischen Einwanderungsland, waren es 48.000. Das war eine grobe Unverhältnismäßigkeit. Mittlerweile zeigt das Fremdenrechtspaket Wirkung: 2006 hatten wir bereits um 40 Prozent weniger Asylwerber, heuer werden es um weitere zehn Prozent weniger sein. Es geht also in die richtige Richtung."

"Österreich ist ein Land mit hohem Lebensstandard und exzellentem Gesundheits- und Sozialsystem. Es ist verständlich, dass viele Menschen aus dem Ausland lieber in Österreich leben würden als in anderen Ländern. Daher mussten wir aber beim Fremdenrechtspaket deutlich und klar zwischen Asyl und Zuwanderung unterscheiden. Asyl ist ein Recht. Wer Schutz und Hilfe durch Asyl tatsächlich braucht, bekommt es. Es kann aber nicht sein, dass man unter Deckmantel des Asyls zuwandert. Bei der Zuwanderung entscheidet Österreich selbst im Interesse unseres Arbeitsmarktes, wie viele Menschen wir dafür brauchen."

In diesem Zusammenhang sprach sich der Innenminister dezidiert gegen ein Bleiberecht aus. "Das würde bedeuten, dass man sich nur bemühen muss, eine bestimmte Zeit in Österreich zu leben, um daraus ein Bleiberecht abzuleiten. Das ist nicht unser Weg. Wir müssen alle Kriterien in ihrer Gesamtheit betrachten und dann über den humanitären Aufenthaltstitel entscheiden." Platter sieht dabei einen Gleichklang im Vorgehen von Verfassungsgerichtshof und Innenministerium. "Auch Karl Korinek hat sich nicht für ein generelles Bleiberecht ausgesprochen."

Dass es einen großen Rückstau an Asylanträgen geben, sei Tatsache. In diesem Zusammenhang dankte Platter seiner Vorgängerin im Innenressort, Liese Prokop, die für eine enorme Personalaufstockung bei Bundesasylamt und Bundesasylsenat gesorgt hat. "Damit haben wir erstmals eine Trendumkehr erreicht. Ende 2006 hatten wir 39.743 offene Verfahren, jetzt 33.560. Das sind innerhalb von neun Monaten immerhin um rund 6000 weniger", dankte Platter den zuständigen Beamten.

"Es ist meine Absicht, dass wir die Verfahren künftig rasch abwickeln können. Und daher macht der Ministerratsbeschluss den heutigen Tag zu einem besonders erfreulichen", schloss Platter.

 

 Hagenhofer begrüßt Einrichtung des Asylgerichtshofes
Appell an Platter: Rückstau bei Asylverfahren rasch aufarbeiten
Wien (sk) - Es sei zu begrüßen, dass es nun endlich - wie von der SPÖ seit langem gefordert - zur Einrichtung des Asylgerichtshofes komme, unterstrich SPÖ-Menschenrechtssprecherin Marianne Hagenhofer am 07.11. im Nationalrat. Innenminister Platter sei "eindringlich ersucht", dafür zu sorgen, dass der Rückstau bei den Asylverfahren durch Einsatz von mehr Personal aufgearbeitet werden kann. Zudem sei es "höchste Zeit" im Niederlassungsrecht für klare und transparente Regelungen sowie für die Wahrung der Menschenrechte auch im Vollzug zu sorgen, so Hagenhofer.

Man dürfe nicht vergessen, dass "mit der Art, wie seit 2001 im Asylbereich gearbeitet wird, das Leben von vielen Menschen auf den Kopf gestellt und kaputt gemacht wurde" - oft auch das Leben von Menschen, die in Österreich jahrelang lebten, integriert waren und sich nichts zuschulden kommen hatten lassen, erinnerte Hagenhofer an die Politik der abgewählten Regierung. Umso mehr sei es zu begrüßen, dass der Asylgerichtshof jetzt endlich seine Arbeit aufnehmen kann, so Hagenhofer, die sich neben einer Aufarbeitung des Rückstaus bei den Asylverfahren auch für eine entsprechende Evaluierung aussprach.

Erfreulich sei es weiters, dass der Kriterienkatalog entsprechend der Menschenrechtskonvention nunmehr erweitert wurde, indem nun auch die familiären Konsequenzen einer Abschiebung sowie der Grad der Integration Berücksichtigung finden. Die SPÖ-Menschenrechtssprecherin stellte zudem klar, dass es gelte, eine Regelung zu schaffen, die für alle gilt, und nicht nur für die, die es als Härtefälle in die Medien schaffen". Schließlich zeichne sich ein Rechtsstaat auch dadurch aus, dass er nicht allein Bestehendes fortschreibe, sondern sich auch weiterentwickelt, schloss Hagenhofer.

 

Glawischnig: Asylgerichtshof: "Unabhängigkeit nicht gesichert"
Die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig ortet neue Probleme beim von der Regierung geplanten Asylgerichtshof.
Wien (grüne/apa) - Im Gespräch mit der APA kritisiert Eva Glawischnig, "dass die Unabhängigkeit und Objektivität der RichterInnen nicht gesichert ist". Grund: Die Mitglieder des Asylgerichtshofes sollen von der Bundesregierung vorgeschlagen werden. Ein Dreiervorschlag des Gerichts ist, anders als beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH), nicht vorgesehen.

Ernannt werden sollen die AsylrichterInnen vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung. Beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) liegt der Auswahl neuer RichterInnen ein Dreiervorschlag der Vollversammlung des Gerichts an die Regierung zu Grunde. Beim Asylgericht ist das jedoch nicht vorgesehen. Glawischnig befürchtet daher einen zu großen Einfluss der Regierung auf das Asylgericht: "Die können sich die Leute aussuchen." Sie kritisiert, dass auch bei den Landesverwaltungsgerichten eine ähnliche Vorgangsweise geplant ist: "Das ist kein Höchstgericht, weder von der Unabhängigkeit noch von der Objektivität."

Außerdem kritisiert die stellvertretende Grünen-Chefin, dass sich AsylwerberInnen künftig nicht mehr an den Verwaltungsgerichtshof wenden dürfen: "Damit wird ein rechtsstaatlicher Grundsatz, dass die Verwaltung an die Gesetze gebunden ist und dass das von einem Höchstgericht überprüft wird, aufgegeben. Das ist ein negatives Novum." Während der Innenminister zumindest eine Grundsatzentscheidung des Höchstgerichtes beantragen könne, sei den AsylwerberInnen selbst dieser Schritt verwehrt: "Deroder die Rechtsschutzsuchende wird zum Zaungast."

Eine "Utopie" ist für Glawischnig auch der Abbau aller offenen Asylverfahren bis 2010: Dafür brauche es nicht nur mehr VerwaltungsrichterInnen, sondern vor allem mehr Qualität (also ausgebildete JuristInnen) in der Asylbehörde. Unverständlich ist für die Grüne auch, dass so weitreichende Änderungen ohne öffentliche Begutachtung im Parlament beschlossen werden sollen. Vom "neuen Parlamentarismus", den die SPÖ noch unter schwarz-blau versprochen hatte, sei in dieser Causa "nichts zu merken".

 

Diakonie zu Asylgerichtshof
Chalupka warnt vor Schnellschuss, der Probleme nicht löst
Wien (diakonie) - "Die Einführung des Asylgerichtes, soll offensichtlich als Schnellschuss ohne Befassung des betroffenen Verwaltungsgerichtshofes und des bisher zuständigen unabhängigen Bundesasylsenates, sowie ohne Begutachtungsverfahren im Schnellschuss durch das Parlament gepeitscht werden", zeigt sich Diakonie Direktor Michael Chalupka sehr überrascht.
Der Abbau der rechtsstaatlichen Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofs durch die Koalitionsregierung wäre nur durch eine 2/3 Mehrheit im Parlament möglich. Dadurch würde eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof verunmöglicht.

Michael Chalupka: "Derzeit wird immerhin jede fünfte Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof behoben. Eine Abschaffung des Individualbeschwerderechtes, gerade in Asylfragen, wo es bei Entscheidungen um Leben oder Tod gehen kann, ist daher inakzeptabel. Es geht nicht an, dass in letzter Instanz eine Einzelperson über das Schicksal eines Menschen entscheidet. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden Entscheidungen am Verwaltungsgerichtshof immer durch mindestens drei Richter gefällt."

Weiters weist Chalupka darauf hin, dass mit der Errichtung eines Asylgerichtes die Probleme, die das unzulängliche Fremdenrecht geschaffen haben, nicht einfach zu lösen wären. Auch das Asylgericht kann nur Fälle, die derzeit schon viele Jahre anhängig sind zur Entscheidung bringen, wobei es wiederum zu Hunderten von humanitären Dramen für inzwischen gut integrierten Familien kommen würde. Die Schaffung eines Asylgerichts ohne die notwendige Sanierung des Fremdenrechts bei dem "hinten und vorne nichts passt" (Copyright Korinek) und ohne ein gesetzlich geregeltes Bleiberecht, löst keine Probleme, sondern schafft neue.

Die Diakonie plädiert für ein gründliches Überdenken der Idee eines Asylgerichtshofs sowie einen seriösen und transparenten Weg der Gesetzwerdung, der sowohl den Höchstgerichten wie auch den Hilfsorganisationen die Möglichkeit gibt, in einem Begutachtungsverfahren ihre Problemlösungskompetenz einzubringen.

 

Küberl: "Regierung unterwandert Qualitätssicherung"
Geplante Personalaufstockung sei aber positiv zu werten
Wien (caritas) - "Indem sie mit dem neuen Asylgerichtshof Asylwerbern das Recht nimmt, sich im Zweifelsfalle persönlich an den Verwaltungsgerichtshof zu wenden, unterwandert die Regierung die rechtliche Qualitätssicherung im Asylbereich. Das darf nicht sein", sagt Caritas-Präsident Franz Küberl. Denn immerhin würden noch immer über 30 Prozent der Entscheidungen der ersten Instanz in der zweiten wieder aufgehoben. Das zuständige Höchstgericht als dritte Instanz würde noch einmal 20 Prozent der Entscheidungen aufgrund von Mängeln kippen.

"Diese Kontrolle bei fehlerhaften Bescheiden darf nicht ausgeschalten werden", betont der Caritas-Präsident."Wir brauchen sowohl Schnelligkeit als auch eine deutliche Qualitätsverbesserung bei den Asylverfahren. Das eine darf aber nicht auf Kosten des anderen gehen", fordert Küberl. Positiv sei in diesem Zusammenhang die geplante Aufstockung des Personals zu werten, so der Caritas-Präsident.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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