Berger
bringt Haftentlastungspaket durch Ministerrat
Reform der bedingten Entlassung - "Schwitzen statt Sitzen" und Electronic Monitoring
gesetzlich verankert
Wien (bmj) - Als wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Sicherheit in Österreich präsentierte
Justizministerin Maria Berger im Februar dieses Jahres ein umfangreiches "Haftentlastungspaket". Der
erste Teil der dort geplanten Maßnahmen wurde am 07.11. von der Regierung im Ministerrat beschlossen, wie
Berger erfreut berichten konnte. Die Regelungen sollen mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten.
"Wir wollen bessere Entscheidungsgrundlagen für die Richter schaffen", nannte Justizministerin Maria
Berger als eine der wesentlichsten Intentionen dieses Sicherheitspaketes. "Wir müssen generell Rückfälle
vermeiden", sagte die Ministerin. Berger bekannte sich dazu, Straftäter in der Regel früher, aber
betreut zu entlassen und sie auf das Leben "draußen" vorzubereiten, anstatt sie die gesamte Strafe
verbüßen und dann sehr unvermittelt zu entlassen. Die Gefahr, dass solche Täter sehr schnell wieder
zu ihren alten Bezugspersonen Kontakt aufnehmen und so rückfällig werden, sei sehr groß. Im Zentrum
dieser Betreuung stehen Therapie und Bewährungshilfe.
Die Maßnahmen im Einzelnen:
1. Schaffung der Möglichkeit der elektronischen Aufsicht bei Frei- und Ausgang
Die Einführung von "Electronic Monitoring" (Fußfesseln) wird auf der Basis stabiler
und simpler Festnetz-Technologie erfolgen, daher im Regelfall nur am Wohnsitz und am Arbeitsplatz. Im Vordergrund
steht die Ausarbeitung einer klaren Rollenverteilung zwischen der Vollzugsanstalt, der privaten Überwachungsfirma
und dem Verein NEUSTART, der die Betreuung übernimmt. Wurde die elektronische Aufsicht bislang nur als Modellversuch
durchgeführt, wurden nun die gesetzlichen Grundlangen zur flächendeckenden Einführung geschaffen.
2. Verbesserung der Gefährlichkeitsprognose
Künftig wird vor einer Entscheidung des Anstaltsleiters über Frei- und Ausgänge (sowie Haftunterbrechungen,
die aber selten sind) eine Prognose der "Begutachtungsstelle und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter
(BEST)" eingeholt, es sei denn, dass dies nach den Umständen des Einzelfalls nicht zweckmäßig
ist.
3. Reform der bedingten Entlassung
Ziel: Senkung des Rückfallrisikos durch mehr Weisungen und Bewährungshilfe bei bedingten Entlassungen.
Im Vordergrund der Entscheidung über die bedingte Entlassung steht künftig die Frage, welche von zwei
Möglichkeiten langfristig die Gefahr eines Rückfalls minimiert: Die bloße "schlagartige"
Entlassung zum Strafende oder eine abgestufte Entlassung, die schrittweise Kontrolle abbaut und den Gefangenen
nach und nach wieder an ein Leben in Freiheit gewöhnt, zudem die Möglichkeit von Therapieweisungen voll
ausnützt. Das heißt: Im Regelfall hat das Gericht mit der bedingten Entlassung die Anordnung von Bewährungshilfe
und (therapeutischen oder die Lebensführung betreffenden) Weisungen zu verbinden. Bei Straftätern unter
21 Jahren ("junge Erwachsene") muss hinkünftig bei jeder bedingten Entlassung ein Bewährungshelfer
bestellt werden.
Das Kriterium der Generalprävention (Keine Haftentlassung als Abschreckung für potentielle Täter)
bleibt erhalten, wird aber in seiner Bedeutung den Empfehlungen der ExpertInnen und dem europäischen Trend
entsprechend zurückgedrängt (Berücksichtigung nur mehr bei Hälfte-, nicht mehr bei 2/3-Entlassung).
4. Bedingte Entlassung auch bei teilbedingten Freiheitsstrafen
Künftig soll eine bedingte Entlassung auch aus dem unbedingten Teil einer teilbedingten Freiheitsstrafe
möglich sein. Der Täter muss auch hier die Hälfte des unbedingten Strafteils und mindestens drei
Monate verbüßt haben. Beipiel: ein schwerer Betrüger bekommt drei Jahre Haft, davon wird ein Jahr
bedingt nachgesehen. Das heißt: Die zwei unbedingten Jahre muss der Betrüger absitzen, dann darf er
in Freiheit. Wenn er eine bestimmte Probezeit nichts anstellt, verfällt das dritte Jahr. In Zukunft darf der
Delinquent nach der Hälfte des unbedingten Strafteils in Freiheit, sofern das Gericht eine bedingte Entlassung
ausspricht.
5. Vorläufiges Absehen vom Strafvollzug zur Durchsetzung eines Aufenthaltsverbots
Drittstaatsangehörigen, die mit einem Aufenthaltsverbot belegt sind, wird die Möglichkeit eingeräumt,
unter bestimmten Voraussetzungen nach Verbüßung von mindestens der Hälfte der Strafe freiwillig
auszureisen; der Strafrest wird im Falle der (verbotenen) Wiedereinreise (vor Ablauf des Aufenthaltsverbots) vollstreckt.
Damit wird der drohende Vollzug der Reststrafe benützt, um das Aufenthaltsverbot durchzusetzen, das ja seinerseits
das Ziel verfolgt zu verhindern, dass der straffällige Fremde in Österreich weitere strafbare Handlungen
begeht. Das bislang zahnlose Aufenthaltsverbot wird auf diese Weise (im Interesse der Sicherheit durch Rückfallvermeidung)
um eine effektive Sanktion verstärkt. Technisch wurde die Regelung der bedingten Entlassung nachgebildet,
sodass eine Gleichbehandlung von in- und ausländischen Staatsbürgern gewährleistet ist. Die Justizanstalten
werden die ausreisewilligen inhaftierten Drittstaatsbürger bis zur Grenze (etwa: Flughafen) begleiten und
die Ausreise sicherstellen.
6. Anerkennung des bewährten Instruments der gemeinnützigen Leistung anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen
im Gesetz.
Das Projekt "Schwitzen statt Sitzen" hat sich im Modellversuch bewährt und soll daher nun
eine gesetzliche Grundlage erhalten. Damit wird der Schädlichkeit von kurzen Freiheitsstrafen entgegengewirkt,
zumal bei Tätern, die nach dem Willen des Gerichts eine Geldstrafe zahlen und nicht eine Freiheitsstrafe verbüßen
sollen. |
Westenthaler empört über Haftentlassungspaket
ÖVP hat als Sicherheitspartei abgedankt
Wien (bzö) - Empört über das im Ministerrat von SPÖ und ÖVP beschlossene
Haftentlassungspaket zeigt sich BZÖ-Chef Klubobmann Peter Westenthaler. "Mit dem heutigen Beschluss macht
die ÖVP den sozialistischen Träumen einer gefängnislosen Gesellschaft die Räuberleiter. Die
ÖVP hat damit als Sicherheitspartei abgedankt."
Es sei ein Skandal, dass Straftäter künftig früher und vermehrt auf die Bevölkerung losgelassen
werden. "Dies ist ein Anschlag auf die Sicherheit Österreichs. Unfassbar ist die Tatsache, dass ausländische
Straftäter mit Urteilen bis zu drei Jahren bereits nach der Hälfte entlassen werden", kritisiert
Westenthaler.
Mit dem Haftentlassungspaket der Regierung sei die Brodasche Utopie einer gefängnislosen Gesellschaft heute
zum Leben erweckt worden, so Westenthaler, der daran erinnert, dass in der "Broda Zeit" der höchste
Anstieg der Kriminalität verzeichnet wurde. "Das BZÖ wird den Kampf gegen diese rot-schwarze Politik
der Gefährdung Österreichs aufnehmen", so der BZÖ-Chef abschließend. |