Außenministerin zu den Fortschrittsberichten der Europäischen Kommission
Wien (bmeia) - "Der EU-Heranführungsprozess darf nicht zum Stillstand kommen. Es gibt aber auch,
wie die Fortschrittsberichte deutlich machen, keinen Automatismus in Richtung EU-Beitritt." Dieses Resümee
zog Außenministerin Ursula Plassnik aus der von der Europäischen Kommission vorgestellten Erweiterungsstrategie
und den Fortschrittsberichten.
"Die Berichte enthalten einen deutlichen Weckruf für die Staaten des Balkans. Der Reformeifer darf nicht
nachlassen. Allen muss klar sein, dass es im Heranführungsprozess weder Abkürzungen noch Rabatte geben
wird", so Plassnik weiter. Die Kommission habe insbesondere den "Aufbau staatlicher Strukturen"
und die "Regierungsführung" klar als die neuralgischen Bereiche identifiziert, in denen weitere
Reformbemühungen dringend gefordert sind. Österreich werde jedenfalls seine Ermutigungs- und Unterstützungspolitik
für jeden einzelnen Balkanstaat unbeirrt fortsetzen. "Wir wollen, dass die Region schneller auf ihrem
europäischen Weg vorankommt. Ein wichtiger Schritt wäre dabei, dass endlich alle Staaten – auch Serbien
– vertragliche Beziehungen mit der EU haben." In diesem Zusammenhang begrüße Plassnik auch ausdrücklich,
dass die Kommission in ihren Berichten zwei österreichische Initiativen aufgegriffen hat: die Weiterentwicklung
der im vergangenen Jahr unter österreichischem Vorsitz in der Salzburger Erklärung festgelegten Strategie
und den Beginn eines Dialogs über eine Visa-Liberalisierung zur Förderung der menschlichen Kontakte.
Positiv hob die Ministerin die bemerkenswerten Fortschritte Kroatiens in den Beitrittsverhandlungen hervor. "Das
vergangene Jahr hat für Kroatien den Durchbruch in den Verhandlungen mit der EU gebracht. Knapp die Hälfte
der Verhandlungskapitel ist nunmehr eröffnet. Das zeigt, dass sich konsequente Reformarbeit lohnt. Kroatien
ist damit ein anspornendes Beispiel für die gesamte Region", erklärte Plassnik, die aber auch auf
die noch bestehenden Defizite vor allem in der Justiz- und Verwaltungsreform und in der Korruptionsbekämpfung
verwies.
Der diesjährige Fortschrittsbericht für die Türkei sei eigentlich ein "Stillstandsbericht",
bedauerte Plassnik in Übereinstimmung mit der Beurteilung der Kommission das weitgehende Stocken der türkischen
Reformvorhaben. Die Wahlen hätten die türkische Regierung nun mit einem starken Mandat ausgestattet,
die von der EU verlangten Anpassungen in essentiellen Bereichen vorzunehmen. "Es muss der Türkei klar
sein, dass Reformen unerlässlich sind, wenn der Verhandlungsprozess vorankommen soll", unterstrich Plassnik.
Entscheidend seien die Herstellung voller Meinungsfreiheit, die echte Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften
und eine reformierte Verfassung, die den demokratiepolitischen Anforderungen der EU entspricht. "Die Europäische
Union hat bereits zu Beginn des Verhandlungsprozesses klargestellt, dass dabei auch das Verhalten gegenüber
den Nachbarstaaten Teil der Gesamtbeurteilung durch die EU sein wird", betonte Plassnik. |