Bildung: Einigung auf Modellversuche  

erstellt am
06. 11. 07

 Schmied: Bildungsreform ist eröffnet
Einigung mit ÖVP zum Start der Modellversuche ab 2008
Wien (sk) - "Es gibt eine Einigung, dass die Modellversuche zur gemeinsamen Schule der 10-14jährigen ab 2008 starten, wir werden den Gesetzesvorschlag dazu am Mittwoch im Ministerrat einbringen. Damit ist die Bildungsreform eröffnet", zeigte sich Unterrichtsministerin Claudia Schmied am Abend des 05.11. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wissenschaftsminister Johannes Hahn erfreut über die Einigung zu den Modellschulen mit dem Koalitionspartner ÖVP. Die Modelle werden mit Bestandsgarantie ausgestattet, sie werden wissenschaftlich begleitet, für die Eltern sei Wahlfreiheit gegeben und eine einmalige Grundsatzentscheidung der Eltern und Lehrer entscheide über den Modellversuch, dann sei keine weitere Abstimmung bis zum Ende der Modell mehr nötig, skizzierte Schmied die wichtigsten Eckpunkte der Reform.

Ganz wesentlich sei, dass es eine Bestandsgarantie gebe, und keine jährlichen Abstimmungsrituale. Dadurch werde Rechtssicherheit für Eltern, SchülerInnen und LehrerInnen geschaffen, betonte Schmied. Die Entscheidung, ob eine Schule an einem Modellversuch teilnimmt, erfolgt durch eine einmalige Grundsatzentscheidung der Eltern und LehrerInnen an der Schule mit qualifizierter Mehrheit. Nach dieser Grundsatzentscheidung seien keine weiteren Abstimmungen notwendig und es bestehe Bestandsgarantie bis zum Ende der Modelle. Die Modelle seien auf acht Jahre befristet, erklärte die Unterrichtsministerin.

Jetzt beginne die intensive Phase der Detailarbeit. Die Bundesländer und die breite Personengruppe von ExpertInnen rund um Prof. Schilcher werde die Arbeit intensivieren, um die Pläne für den Start 2008 zu erarbeiten. Weiters werde es für die Öffentlichkeit breite Informationen über die weiteren Schritte geben. Der Gesetzesbeschluss werde noch vor Weihnachten erfolgen, damit die Anmeldung für die Modellschulen im Februar beginnen kann.

"Dann werden die Modelle der gemeinsamen Schule starten und sich einem Praxistest unterziehen. Ich freue mich sehr über die breite Unterstützung seitens der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung. Mit dem Rückenwind der bewährten Zusammenarbeit mit Minister Hahn werden wir die Modellversuche zur gemeinsamen Schule der 10-14jährigen starten", so die Unterrichtsministerin.

Gegen den Willen der Betroffenen gebe es keine Innovation, daher sei für die Umsetzung der Modellschulen ganz zentral, dass wir engagierte LehrerInnen finden, die mitmachen wollen. Dies sei jetzt ein erster Schritt, es sei gut, "dass jetzt Dynamik und Innovation in die Schule kommt", so Schmied. Es gebe schon recht gute Vorarbeiten in den einzelnen Bundesländern und man werde voraussichtlich mit den Modellregionen im Burgenland Süd, Graz, Voitsberg, Kärnten und Salzburg beginnen. Die Unterrichtsministerin rechnet mit 30 bis 40 Standorten der gemeinsamen Schule der 10-14jährigen in ganz Österreich ab September 2008.

 

 Stummvoll: Wahlfreiheit bleibt erhalten, Mitbestimmung am Schulstandort ist gesichert
ÖVP-Klubobmann-Stellvertreter: Linie der ÖVP hat sich durchgesetzt - bereits bei der Klubklausur so festgelegt
Wien (övp-pk) - "Wir probieren neue Wege und erhalten gleichzeitig unsere bewährten Hauptschulen und Gymnasien. Das ist die Richtung, die die ÖVP in der Schulfrage vorgegeben hat und nach der gestrigen Einigung zwischen Wissenschaftsminister Hahn und Unterrichtsministerin Schmied vorgesehen ist. In diesem Sinne werden wir auch den Gesetzesentwurf im Parlament beraten. Das heißt: ohne Mitbestimmung der Schulpartner am Schulstandort geht nichts und die Wahlfreiheit bleibt erhalten. Zusätzlich erfolgt eine Evaluierung, sprich, eine begleitende Beobachtung während und eine ehrliche Bewertung am Ende der Versuche. Damit hat sich die ÖVP in jenen Punkten klar durchgesetzt, die wir bereits von Anfang an gefordert und bei der Klubklausur der ÖVP Anfang Oktober diskutiert und beschlossen haben. Ein erfreuliches Ergebnis!", erklärte ÖVP-Klubobmann-Stellvertreter Dr. Günter Stummvoll am 06.11. zur Einigung über die Schul-Modellversuche.

Die wichtigsten Ergebnisse im Detail

  • Die Schulpartner - das heißt Lehrer und Eltern - der betroffenen Schulen müssen mit Zweit-Drittel-Mehrheit Ja zum vorgeschlagenen Modellversuch sagen.
  • Innerhalb des politischen Bezirks muss es als Alternative zum Modellversuch auch weiterhin die Regelschule geben.
  • Auf Antrag des Landesschulrates können die Modellversuche vom Unterrichtsministerium erlassen werden.
  • Der Modellversuch wird laufend in seiner Entwicklung kontrolliert, damit auch sichergestellt ist, dass ein Vergleich mit der Regelschule möglich ist.

"Die ÖVP hat sich tatsächlich in allen wesentlichen Punkten durchgesetzt. Wir sehen das nicht als persönlichen Triumph, sondern als wichtige Weichenstellung im Interesse der Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer und der Eltern, vor allem aber im Interesse der schulischen Ausbildung der jungen Menschen in unserem Land", schloss Stummvoll.


 

 Lockl: SPÖ-Schulreformpläne an ÖVP-Beton-Fraktion zerschellt
Grüne zu "Schuleinigung": Von Grundidee einer Gemeinsamen Schule nichts mehr übrig geblieben
Wien (grüne) - "Die Schulreformpläne der SPÖ sind an der Beton-Fraktion der ÖVP politisch zerschellt. Von der Grundidee einer Gemeinsamen Schule ist kaum mehr übrig geblieben als ein paar zusätzliche Schulversuche", stellt der Bundesparteisekretär der Grünen, Lothar Lockl, zur "Schuleinigung" fest, die am 07.11. im Ministerrat beschlossen werden soll. "Die Regierung hat leider eine große Chance verspielt. Die ÖVP hat sich mit ihrer Njet-Haltung durchgesetzt und die Schulpolitik auf dem Stand der Amtszeit von Elisabeth Gehrer einzementiert. Bedauerlich ist einmal mehr das Verhalten der SPÖ. Bildungsministerin Schmied hat ihren Handlungsspielraum nicht genützt, sich der ÖVP ausgeliefert und durch die Hintertür die 2/3-Mehrheit de facto wieder eingeführt. Nach den Eurofightern, den Studiengebühren und dem Bleiberecht ist die SPÖ einmal mehr vor der ÖVP in die Knie gegangen", so der Bundesparteisekretär der Grünen.

 

 Graf: "Viel Lärm um Nichts"
Österreich brauche aber eine umfassende Reform des Unterrichtswesens
Wien (fpd) -
"Die Berge haben gekreißt, aber herausgekommen ist nicht einmal ein Mäuslein", meinte FPÖ-Bildungssprecher Dr. Martin Graf zur Einigung von SPÖ und ÖVP zur Schulreform. In Wahrheit gehe es den beiden Koalitionsparteien nur um die Sicherung und den Ausbau ihrer jeweiligen Einflusssphären. Insgesamt könne man nur sagen: "Viel Lärm um Nichts." In Wien sei das heute paktierte Modell schon vor Jahren gescheitert.

Österreich brauche aber eine umfassende Reform des Unterrichtswesens. "Das freiheitliche Bildungskonzept sieht beispielsweise vor, dass die Klassenzahl von 25 Schülern durchgängig im gesamten Unterrichtswesen umgesetzt werden muss, nicht nur in den Pflichtschulen. Außerdem muss in den Klassen der Anteil von Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache auf maximal 30 Prozent beschränken werden", erläuterte Graf. Der Gesamtschule erteile die FPÖ eine klare Absage.

 

 Westenthaler: SPÖ - ÖVP Einigung Flop des Jahres
Besonders ungerecht sei es auch, dass SPÖ und ÖVP die Hauptschullehrer anscheinend für dumm verkaufen
Wien (bzö) - "Wenn die Bundesregierung zur Schulreform meint "the job is done", kann ich nur sagen "the damage is done". SPÖ und ÖVP richten Schaden an der Zukunft der Bildung unserer Kinder an und liefern mit dieser Scheineinigung den Flop des Jahres, wenn nicht sogar der ganzen Legislaturperiode", so BZÖ-Chef Klubobmann Peter Westenthaler im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz. Die beiden Regierungsparteien hätten sich Wochen und Monate einen erbitterten Kleinkrieg geliefert, so habe die SPÖ eine große Bildungsreform angekündigt und jetzt ändert sich nichts. "Die so genannte Einigung ist nichts als eine reine Verblendungsaktion, ohne Konsequenzen: Erstens, weil die ÖVP-Lehrergewerkschaft jeden Schulversuch torpedieren wird und dies heute auch schon in Aussendungen ankündigt. Zweitens, weil nicht einmal zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, denn nur Nichts kostet nichts. Drittens, weil die Wahlfreiheit positiverweise bleibt, denn wer will schon sein Kind in einen Zwangsversuch schicken. Unsere Kinder sind keine Versuchsobjekte, sondern müssen über Leistung in der Schule zum Erfolg geleitet werden", argumentiert Westenthaler.

"Die groß angekündigte Bildungsreform ist gescheitert - die Gusenbauer SPÖ ist wieder einmal mit beiden Beinen über den Tisch gezogen worden und das Ende der Gesamtschule ist da, bevor sie noch begonnen hat. Es gibt in Österreich nur mehr einen "Regierungsversuch" und da herrscht Stillstand, Streit und Hader", so Westenthaler. Besonders ungerecht sei es auch, dass SPÖ und ÖVP die Hauptschullehrer anscheinend für dumm verkaufen. So würden in der Gesamtschule AHS- und Hauptschullehrer gemeinsam unterrichten, die Hauptschullehrer aber ein viel niedrigeres Gehalt als die AHS-Lehrer bekommen. Es sei absurd, hier seitens der Hauptschullehrer eine 2/3 Mehrheit für einen Schulversuch zu erwarten. "Ich gratuliere der SPÖ mit dem gestrigen Umfaller zum 40er. Das 40. gebrochene Versprechen - 40 Mal hat Gusenbauer die Menschen angelogen - damit erklärt sich auch, dass gerade die SPÖ Neuwahlen derzeit fürchtet wie der Teufel das Weihwasser - 40 Lügen wären der Garant für ein schlechtes Wahlergebnis", so Westenthaler.

 

Beyrer: Schulreform-Kompromiss wichtiger erster Schritt
Leistungsdifferenzierung, Schulautonomie, externe Leistungsbeurteilung und modernes Lehrer/innendienstrecht bleiben im Mittelpunkt
Wien (pdi) - „Österreich braucht das beste Bildungssystem, wollen wir als Hochlohnland in internationalem Wettbewerb die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich meistern“, betont der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Markus Beyrer. Die Einigung der beiden Regierungsparteien im Schulbereich ist auf diesem Weg ein wichtiger erster Schritt – durchaus auch für die Umsetzung des umfassenden IV-Bildungsprogramms „Schule 2020“. „Nur im Miteinander der großen politischen Parteien und in einer „Allianz der Vernunft“ ist es möglich, dass das ebenso wichtige wie politisch sensible Thema der Schulreform sachlich und nachhaltig behandelt und umgesetzt wird.“

Die Führung von Schulversuchen der „Neuen Mittelschule“ ab dem kommenden Schuljahr eröffnet die notwendige Weiterentwicklung des guten österreichischen Bildungswesens, eine Berücksichtigung neuer pädagogischer Möglichkeiten sowie Erkenntnisse einer verstärkten Individualisierung des Unterrichts und damit die Förderung und Entfaltung von Potenzialen bei Schülerinnen und Schüler, so die Industrie. Gleichzeitig bleibt auch die „wichtige Wahlfreiheit“ für Eltern bestehen, da bestehende Allgemein bildende höhere Schulen innerhalb des politischen Bezirkes in erforderlicher Anzahl und Klassen weiterzubestehen haben. Die einmalig notwendige Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der Lehrer und Erziehungsberechtigten sichert darüber hinaus die Mitbestimmung der Schulpartner. „Wesentlich aus Sicht der Industrie ist eine entsprechende wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung der Modellversuche durch das Bundesinstitut für Bildungsforschung. Damit besteht die Möglichkeit einer qualitativ hochwertigen Evaluierung der geplanten Schulversuche“, betonte der IV-Generalsekretär.

Mit der Einigung innerhalb der Bundesregierung sind die grundsätzlichen Eckpunkte für die Einführung und Erprobung neuer Schulmodelle in Form von Schulversuchen festgelegt worden, die im Rahmen der parlamentarischen Behandlung noch einer inhaltlichen Präzisierung bedürfen. „Die wirkliche Umsetzungsarbeit beginnt erst jetzt: Innerhalb dieser Rahmenbedingungen müssen die pädagogisch wie organisatorisch notwendigen Maßnahmen gesetzt werden. Nur wenn dies gelingt, kann der immer noch hohe Grad an Verunsicherung bei Eltern, Schülern und in der Lehrerschaft abgebaut werden.“

Weiters von besonderer Bedeutung sind Fragen zur Möglichkeit einer Umsetzung der Schulversuche in das Regelschulwesen und Konsequenzen für die Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Lehrerinnen und Lehrer. „Sie sind es, die einen wesentlichen Beitrag zum möglichen Gelingen leisten.“, erklärte Beyrer

Aus Sicht der Industrie stehen nach wie vor folgende Punkte im Mittelpunkt aller schulpolitischen Reformüberlegungen:

  • Mehr Schulautonomie. Dies bedeutet Selbstverantwortung, nicht Beliebigkeit, sondern mögliche Kooperationen, Vernetzung und Abstimmung mit dem Umfeld sowie Gestaltung und Entwicklung von Potenzialen mit Konsequenzen bei Nichterreichen der gesteckten Ziele. Die Direktorinnen und Direktoren als echte Manager brauchen mehr personelle und finanzielle Eigenverantwortung, was eine wirkliche Entpolitisierung der Schulen voraussetzt
  • Unabhängige Qualitätssicherung. Regelmäßige autonome Leistungsüberprüfungen von Schulen und Lehrer/innen und Schüler/innen nach internationalen Standards
  • Leistungsorientierte Differenzierung zwischen einzelnen Schülern
  • Modernes und attraktives Lehrerdienstrecht mit Auf- wie Umstiegsmöglichkeiten einschließlich leistungsorientierter Bezahlung
  • Professionalisierung der Lehrer/innenausbildung, fachlich, pädagogisch und praktisch


Die IV steht selbstverständlich weiterhin als konstruktive Partnerin und kritische Begleiterin in diesem notwendigen Reformprozess zur Verfügung, da es um die erfolgreiche Zukunft für unsere Jugend, Arbeitsplätze und folglich auch Wirtschaftsstandort im Herzen Europas geht.

     
zurück