Tschechischer Verfassungsausschuss zu Gast
im Hohen Haus
 

erstellt am
06. 11. 07

Tschechien anerkennt EuGH-Entscheidungen nicht bedingungslos
Wien (pk) - Eine Delegation des Verfassungs- und Rechtsausschusses des tschechischen Abgeordnetenhauses traf zu einem Gespräch mit Mitgliedern des Verfassungsausschusses des Nationalrates zusammen. Abgeordneter Rudolf Parnigoni begrüßte die Gäste und unterstrich die sehr guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern.

Der tschechische Delegationsleiter Stanislav Krecek von der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei teilte mit, dass in Tschechien die Grundfesten der Rechtsordnung geändert werden; so werden ein neues bürgerliches Gesetzbuch und ein neues Strafgesetzbuch vorbereitet. Auch sei in Tschechien beschlossen worden, dass sich das Verfassungsgericht nicht bedingungslos an die Entscheidungen des EuGH zu halten habe. Diese letzte Feststellung des tschechischen Abgeordneten veranlasste Abgeordnete Elisabeth Hlavac (S) zu der Frage, ob man dies im Beitrittsvertrag vereinbart habe und wie sich diese Bestimmung in der Praxis auswirke, zumal Österreich nicht immer mit EuGH-Entscheidungen "glücklich" sei. Auch beklagte sie, dass die Richtlinien und die Verordnungen oft unklar formuliert seien, was ihrer Meinung nach dazu führe, dass der EuGH die Möglichkeit erhalte, politische Entscheidungen zu treffen. Stanislav Krecek stellte klar, dass Tschechien - ähnlich wie Deutschland und Dänemark – beschlossen habe, dass in Verfassungsfragen das nationale Verfassungsgericht die höchste Instanz sei und nicht der EuGH. Hinzu komme, dass der EuGH mit Entscheidungsanfragen überhäuft werde und diese in keiner vernünftigen Zeit abarbeiten könne.

Abgeordneter Robert Aspöck (F) erinnerte daran, dass seine Partei schon vor vielen Jahren für den EU-Beitritt gewesen sei. Sie habe auch die Meinung vertreten, dass Europa kein Einheitsstaat sein dürfe, sondern ein Europa der Vaterländer, also ein Friedensprojekt, das die Selbständigkeit der einzelnen Staaten nicht tangiere.

Die Frage der Abgeordneten Jana Rybinova (Bürgerlich-demokratische Partei) nach der Strafmündigkeitsgrenze in Österreich – sie soll in Tschechien von 15 Jahren auf 14 Jahre herabgesetzt werden – beantwortete Abgeordnete Elisabeth Hlavac und verwies zugleich darauf, dass während der V-F-Regierungszeit der Jugendgerichtshof abgeschafft worden sei, was sie außerordentlich bedaure, da dieser Gerichtshof spezialisierte Richter beschäftigt und es eine enge Zusammenarbeit mit den Sozialbehörden gegeben habe. Im Justizministerium werde an neuen Plänen für einen Jugendgerichtshof gearbeitet, gab sie bekannt.

An dem lebhaft geführten Meinungsaustausch nahmen von österreichischer Seite außerdem die Abgeordneten Johann Georg Schelling (V) und Ursula Haubner (B) teil.
 
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