Bundes-Tierschutzbericht zieht Zwei-Jahres-Bilanz  

erstellt am
15. 11. 07

Erster Bericht seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2005
Wien (pk) - Die Bundsministerin für Gesundheit, Familie und Jugend hat dem Nationalrat alle zwei Jahre einen Tierschutzbericht vorzulegen, um die Fortschritte in diesem Bereich zu dokumentieren. Nunmehr wurde der erste Bericht nach Inkrafttreten des Bundes-Tierschutzgesetzes dem Parlament zugeleitet. Ministerin Andrea Kdolsky stellt darin einleitend fest, dass - dem Wunsch der breiten Bevölkerungsmehrheit folgend – eines der vorbildlichsten und weltweit modernsten Tierschutzgesetze entstanden sei. Österreich sei damit im Tierschutz zu einem Vorreiter und Vorbild innerhalb der europäischen Gemeinschaft geworden.

Der 92 Seiten starke Bericht zeigt die zahlreichen Bereiche auf, in denen für den Schutz der Tiere gearbeitet wird. Neben einem Abriss über die Entwicklung des Gesetzes und einer Kurzdarstellung der Inhalte informiert der Bericht über die Situation und Entwicklung des Tierschutzes aus europäischer und globaler Sicht (z.B. Tiertransport, Europarat, OIE-Welttiergesundheitsorganisation), die Arbeit der Tierschutzombudsmänner, die Tätigkeit und Beratungsschwerpunkte des Tierschutzrates, die Abhaltung der ersten europäischen Tierschutzkonferenz unter österreichischer EU-Präsidentschaft im März 2006, die Tierschutzkennzeichnung sowie über Projekte des Ministeriums.

Die Entwicklung des Tierschutzgesetzes und die wichtigsten Inhalte
Mit 1. Jänner 2005 trat das von allen vier im Nationalrat vertretenen Parteien einstimmig beschlossene Tierschutzgesetz des Bundes in Kraft. Damit ist die Gesetzgebung im Tierschutz gemäß Artikel 11 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes - mit Ausnahme der Bereiche Fischerei und Jagd - in die Kompetenz des Bundes übergegangen. Auf Bundesebene liegt der größte Teil der Tierschutzagenden in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend. Auch die Agenden des Tierschutzes beim Transport, die zuvor im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie angesiedelt waren, wechselten im März 2007 in das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend. Das Tierversuchswesen ist nach wie vor im Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung.

Die Tierschutzinteressen werden in den Ländern von weisungsfreien Tierschutzombudsmännern vertreten. Für die Erarbeitung von Richtlinien, die für eine einheitliche Vollziehung dieses Tierschutzgesetzes in den Ländern notwendig sind, wurde im BMGFJ (vormals BMGF) ein Tierschutzrat eingerichtet. Die Vollziehung des Tierschutzgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Durchführungsverordnungen obliegt, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, der Bezirksverwaltungsbehörde.

Verbot der Käfighaltung von Hühnern ab 2009
Ein besonderes Augenmerk wird im Gesetz auf die Verhinderung von Tierleid gelegt, heißt es im Bericht. Es gibt strenge und klare Bestimmungen gegen Tierquälerei und eine demonstrative Auflistung von Tierquälereitatbeständen. Besonders hergehoben wird, dass der Bau oder die Neuinbetriebnahme von konventionellen Käfigen für die Legehennenhaltung in Österreich verboten sind. Der Betrieb von vor dem 1. Jänner 2003 gebauten konventionellen Käfigen ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2008 zulässig und endet bereits drei Jahre vor der Frist, die das Gemeinschaftsrecht hiefür vorsieht.

Das Schächten als besonders sensibles tierschutzrelevantes Unterfangen ist durch die strengen Bestimmungen sehr detailliert geregelt und schaffe einen Kompromiss zwischen dem Grundrecht der Religionsausübungsfreiheit und dem Tierschutz, erklären die Autoren des Berichts. Das Schächten im privaten Bereich ist dadurch nicht gestattet. Im Gesetz geregelt sind weiters das Halten von Wildtieren. Besondere Bestimmungen für die Haltung von Tieren in Zoos, in Zirkussen, Varietes und ähnlichen Einrichtungen, in Tierheimen und im Rahmen gewerblicher Tätigkeiten werden angeführt und bedürfen einer Bewilligung. Es gilt zudem ein Verbot der Haltung oder Mitwirkung von Wildtieren in österreichischen Zirkussen sowie das Verbot der Haltung und Ausstellung von Hunden und Katzen zum Zweck des Verkaufs in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen, da dort die artgemäße und verhaltensgerechte Haltung nicht zu gewährleisten ist, wurden im Gesetz verankert.

Zur näheren Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben sieht das Tierschutzgesetz zahlreiche Verordnungsermächtigungen vor. So regelt z.B. die erste Tierhaltungsverordnung (1.THV) die Mindestanforderungen für die Haltung von Pferden, pferdeartigen Tieren, Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen, Schalenwild, Lamas, Kaninchen, Hausgeflügel, Straußen und Nutzfischen. Weiters gibt es die Tierhaltungs-Gewerbeverordnung (beinhaltet z.B. Mindestanforderungen für Tierpensionen), die Tierschutz-Schlachtverordnung, die Tierschutz-Zirkusverordnung (bei jeder Dressur dürfen dem Tier nur Körperhaltungen und Bewegungsabläufe abverlangt werden, die im Rahmen seiner arttypischen Verhaltensweisen liegen), die Tierheim-Verordnung, die Tierschutz-Veranstaltungsverordnung (besondere Bestimmungen gelten für Tierschauen und Tierausstellungen) oder die Diensthunde-Ausbildungsverordnung.

In den Jahren 2005 und 2006 gab es einige Rechtsverfahren, die das österreichische Tierschutzgesetz und die darauf gegründeten Verordnungen betrafen. Im Bericht werden die Inhalte, die Positionen und der Prozessstand dieser Verfahren wiedergegeben.

Die Tierschutzkennzeichnung
Der Kennzeichnung von Lebensmittel im Hinblick auf eine tiergerechte Produktion komme eine immer größere Bedeutung zu, heißt es im sechsten Kapitel des Berichts. Als Beispiel kann die Eierkennzeichnung und deren Auswirkungen auf den Markt genannt werden. Seit 1. Jänner 2004 gilt die EU Verordnung Nr. 5/2001, die bis auf wenige Ausnahmen vorsieht, dass jedes Ei mit einem Erzeugercode zu kennzeichnen ist. Durch den Erzeugercode soll der Konsument über Haltungsform, Erzeugerland und den Produzenten informiert werden. Ungeachtet des Käfighaltungsverbotes ab 2009 sind bereits jetzt kaum mehr Eier, die aus Käfighaltung stammen, in Supermärkten zu finden. Jedes einzelne Ei ist mit einem Erzeugercode zu kennzeichnen, den die Bezirksverwaltungsbehörde ausstellt.

Ungeachtet des Käfighaltungsverbotes ab 2009 haben bereits jetzt sämtliche Supermärkte und Diskonter Eier, die aus Käfighaltung stammen, aus ihrem Sortiment genommen. Eier aus Käfighaltung sind somit in über 80 % der Lebensmittelgeschäfte nicht mehr erhältlich. Sie können nur noch in der Nahrungsmittelindustrie, in Gaststätten oder anderen Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung abgesetzt werden. Der Anteil der alternativen Haltungsarten erhöhte sich von 44 % im Jahr 2004 auf derzeit 61 %. Mit weiteren Zunahmen ist zu rechnen.

Tierschutzprojekte des Ministeriums
Das BMGF vergab in den Jahren 2005 und 2006 zahlreiche Forschungsprojekte. Auch Förderungen im Rahmen des Tierschutzes wurden gewährt. Da Abferkelbuchten von zentraler Bedeutung in der gesamten Schweinefleischproduktionskette sind und eine optimale Funktion Grundvoraussetzung für den ökonomischen Erfolg des Tierhalters, das Wohlbefinden der Schweine und die Akzeptanz durch den Konsumenten ist, wurde das Projekt "Beurteilung von serienmäßig hergestellten Abferkelbuchten" in Bezug auf Verhalten, Gesundheit und biologische Leistung der Tiere sowie in Hinblick auf Arbeitszeit und Rechtskonformität in Auftrag gegeben. Der Endbericht wird im Juni 2008 vorliegen.

Ziel des Projektes "Alternative Haltungssysteme in der Rindermast unter österreichischen Verhältnissen und unter besonderer Berücksichtigung von Betonspaltenböden mit Gummiauflagen" ist die Erarbeitung objektiver, wissenschaftlich fundierter Informationen über die Eignung alternativer Haltungssysteme (insbesondere Betonspaltenböden mit Gummiauflage) in Bezug auf Tiergerechtheit, Leistung, Produktqualität und Verfahrenstechnik für die Rindermast sowie die Untersuchung der Eignung und Praktikabilität dieser Haltungssysteme besonders im Hinblick auf die Rindermastsituation in Österreich.

Um die schmerzärmste und tierschutzgerechteste Enthornungsmethode mit geringster Belastung für das Tier zu finden, wurden Untersuchungen zur Methodik, Schmerz- und Stressbelastung bei der Enthornung von Kälbern mit zwei verschiedenen Enthornungsgeräten durchgeführt. Durch das Projekt Grundlagen zur Selbstevaluierung Tierschutz im Tiergesundheitsdienst 2005 wurden für die Haltung von Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen und Geflügel Checklisten und Handbücher auf Basis des TSchG und seiner Verordnungen erstellt.

Mit dem Österreichischen Bergrettungsdienst wurden Förderungsverträge zur Ausbildung, Ausrüstung und gesundheitlichen Versorgung von Lawinen- und Suchhunden sowie zur Übernahme der anfallenden Kosten im Bereich des Katastropheneinsatzes der Hunde abgeschlossen. Im Herbst 2006 wurde auch ein Förderungsvertrag mit dem Verein "Tierschutz macht Schule" für Leistungen zwischen September 2006 und September 2009 abgeschlossen, da es eines der zentralen Anliegen des Gesetzes ist, das Verständnis der Öffentlichkeit und insbesondere der Jugend für den Tierschutz zu wecken und zu vertiefen. Ein weiteres Projekt "Grundlagen zur Selbstevaluierung Tierschutz im Tiergesundheitsdienst 2005" betraf die Erstellung von Checklisten und Handbücher zur Selbstevaluierung bezüglich der Haltung von Rindern, Schafen, Ziegen, Schweinen und Geflügel auf Basis des Tierschutzgesetzes und seiner Verordnungen.
 
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