Linz (market) - Vor wenigen Wochen hat market die Stimmungslage in der österreichischen Bevölkerung
rund um die Vorkommnisse der Meinl Bank unter die demoskopische Lupe genommen. Eine Folgestudie zeigt nun als
aktueller Stimmungsbericht die Auswirkung der damaligen - aber auch anderer Vorgänge - an der Wiener Börse.
Basis des vorliegenden Forschungsberichtes ist die derzeitige Stimmung bei führenden Wirtschafts-Journalisten
und den CFO´s der österreichischen Top-Unternehmen.
Die Interviews mit ausgewählten Wirtschaftsjournalisten und den Finanz-Vorständen der großen österreichischen
Unternehmen zum Image des Börseplatzes Wien zeichnen ein grundsätzlich positives Bild. Insgesamt 92 Prozent
in dieser Zielgruppe beurteilen den Börseplatz als zumindest attraktiv. Auffallend ist allerdings, dass kritische
Stimmen immer die gleichen Unternehmen und Manager benennen.
Indessen verdeutlicht bereits die grundsätzliche Einstellung, dass der Börseplatz in Wien zwar positiv
beurteilt wird, es jedoch an Begeisterung fehlt - nur 16 Prozent urteilen in der Top-Box "sehr attraktiv".
Wenig Begeisterung wird bei der Beurteilung des Agierens der Finanzmarkt-Aufsicht deutlich, die Gruppen mit positivem
und negativem Urteil halten sich die Waage, vor allem die Wirtschaftsjournalisten orten hier Verbesserungspotential.
Besonders negativ ist das Image von Bwin, das als einziges ATX-Unternehmen mehr Kritiker als Befürworter findet.
Ebenfalls bedenklich ist das Ergebnis für A-Tec Industries, das sich ebenfalls erst am Ende des Rankings platzieren
kann. Vergleichsweise viele Kritiker finden auch die Österreichische Post und Austrian Airlines.
Wesentlicher Erfolgsfaktor für die Wiener Börse dagegen sind die etablierten Imageträger im ATX;
die Finanzexperten sind davon überzeugt, dass sich die Präsentation von Unternehmen wie Raiffeisen International,
voestalpine, Strabag, Böhler-Uddeholm, Erste Bank und OMV ebenso wie eine Vielzahl anderer Unternehmen äußerst
positiv auf das Image der Wiener Börse auswirkt.
Nimmt man das Engagement um Investoren und Kleinanleger zu gewinnen als zweiten Maßstab zur Bewertung der
ATX-Unternehmen, so zeigt sich ein ähnliches Ergebnis: Die Befragten zeigen sich in diesem Punkt gegenüber
A-Tec Industries besonders kritisch. Das Unternehmen liegt im Ranking der ATX-Unternehmen in diesem Themenfeld
noch hinter Bwin an letzter Stelle. Ein Drittel der Befragten beurteilt das Werben um Investoren und Kleinanleger
bei A-Tec Industries als weniger oder gar nicht vorhanden.
Dagegen erhalten Raiffeisen International, voestalpine oder die Erste Bank auch in diesem Befragungspunkt hohes
Lob von den Finanzexperten.
Die befragten Experten zeigen sich davon überzeugt, dass das Image des jeweiligen CEO einen großen Anteil
an der Entwicklung des Börsenkurses seines Unternehmens hat. Deshalb ist das Ergebnis der Beurteilung ausgewählter
Wirtschaftskapitäne von ATX-Unternehmen durch die CFO's und Wirtschaftsjournalisten besonders spannend.
Die Zukunft der Wiener Börse kann aus der Sicht der Befragten nur durch Offenheit und Transparenz gesichert
werden. So erwarten sich die Top-Experten, dass Kleinanleger-Vertreter, ohne mit Klagen rechnen zu müssen,
mit durchaus pointierten Aussagen Missstände aufzeigen können.
Vermieden werden sollen - nach Ansicht der Befragten - Skandale wie die Vorkommnisse um Meinl European Land oder
das Gerichtsverfahren gegen Mirko Kovats. Derartige Vorgänge werden als äußerst schädlich
für das Image der Wiener Börse eingeschätzt.
Es ist daher wohl auch nicht besonders überraschend, dass im Sympathieranking Mirko Kovats erst am Ende des
Rankings rangiert: Der A-Tec Industries CEO Mirko Kovats wird von mehr als der Hälfte der befragten Finanz-Experten
als wenig bis gar nicht sympathisch beschrieben.
Die Mehrzahl der abgefragten Wirtschaftspersönlichkeiten wird dagegen von den Wirtschafts-Journalisten und
CFO´s absolut positiv beurteilt - Andreas Treichl und Boris Nemsic führen sowohl bei Kompetenz als auch
bei Sympathie die Bewertung an; exzellente Noten erhalten des weiteren Wolfgang Eder, Wolfgang Ruttenstorfer, Claus
Raidl und Hans-Peter Haselsteiner. Vergleichsweise wenig Begeisterung wird bei der Beurteilung der Kompetenz von
Anton Wais (Achtung - Befragungszeitraum in der Woche mit dem Verlust des Quelle-Auftrags) und Alfred Ötsch
deutlich.
Genaue und strenge Kontrollen sind daher der einhellige Wunsch für die Zukunft; die Regeln des österreichischen
Kapitalmarkts sind unabhängig vom Unternehmenssitz einzuhalten, Aktienrückkäufe oder die Ankündigung
des Engagements von potenten Investoren kurz vor Ergebnisveröffentlichungen sind genauestens zu überwachen.
Insiderhandel ist strenger als bis dato zu bestrafen - kurzum, mehr Transparenz wird gefordert. Knapp drei Viertel
der Finanz-Experten gehen dabei sogar so weit, dass Unternehmen mit wegen Finanzvergehen verurteilten Managern
keine Zulassung am Börseplatz Wien erhalten sollten.
Fazit
Die Stimmungslage an der Wiener Börse ist zwar gut, aufgrund der aktuellen Vorkommnisse erwartet man
sich für die Zukunft aber eine schärfere Vorgangsweise - mehr Kontrolle und mehr Transparenz heißt
das Motto für die nächsten Jahre. Die Mehrzahl der Unternehmen und der Wirtschaftspersönlichkeiten
passen bereits heute perfekt in dieses Zukunftsbild, nur ganz vereinzelt sieht man bei den ATX-Unternehmen (z.B.
Bwin und bei A-Tec Industries) und Managerpersönlichkeiten (z.B. Wais, Ötsch und Kovats) Handlungsbedarf.
Dokumentation der Umfrage P.F581.0711.P2:
n=50, davon n=20 Wirtschaftsjournalisten und n=30 CFO´s der österreichischen Top-Unternehmen;
telefonische CATI-Interviews; Erhebungszeitraum: 5. bis 11. November 2007. |