Mitarbeiterbeteiligung  

erstellt am
20. 11. 07

 Vizekanzler Molterer: "Von Mitarbeiterbeteiligung profitieren die Menschen und der Standort"
Bartenstein: Intelligente Mitarbeiterbeteiligung als Win-Win-Situation
Wien (bmf) - Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer bezeichnete bei einer gemeinsamen Enquete von Finanz- und Wirtschaftsministerium die Mitarbeiterbeteiligung als zentrale Frage der Stärkung des Standorts Österreich in den nächsten Jahren. "Wir haben durch gute Politik und richtige Reformen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Konjunktur in Österreich derzeit gut läuft. Österreich ist Globalisierungsgewinner. Außerdem hat eine produktivitätsorientiertere Lohnpolitik in den letzten Jahren einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit geleistet. Gleichzeitig sehen wir eine Auseinanderentwicklung von Lohn- und Gewinnquote. Eine stärkere Mitarbeiterbeteiligung ist die richtige Antwort auf diese soziale und ökonomische Frage - sie schafft eine win-win-Situation", betonte Molterer.

Die derzeit gute Wettbewerbssituation gelte es zu behaupten. "Mitarbeiterbeteiligung kann eine zusätzliche Säule zur Teilung des Produktivitäts-Fortschrittes neben der Lohnpolitik sein. Eine steuerliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligung wird Thema der Steuerreform 2010 sein. In den nächsten Monaten werden wir die möglichen Modelle genauer diskutieren", so der Vizekanzler.

Positiv seien die Reaktionen auf den österreichischen Vorstoß zur Mitarbeiterbeteiligung auf europäischer Ebene gewesen. "Ich habe das Thema auch mit meinen EU-Finanzminister-Kollegen in Brüssel diskutiert und orte dort breite Unterstützung. Wir werden diese Diskussion auf EU-Ebene in den nächsten Monaten vertiefen. Österreich hat bei diesem Zukunftsthema eine Vorreiterrolle eingenommen. Das ist richtig und notwendig, denn von Mitarbeiterbeteiligung profitieren die Menschen und der Standort", schloss Molterer.

Intelligente Mitarbeiterbeteiligung als Win-Win-Situation
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein erinnerte daran, dass er gemeinsam mit Molterer schon Ende August beim Forum Alpbach mit diesem Thema an die Öffentlichkeit getreten sei. Das sei als Reaktion auf die wirtschaftliche Entwicklung zu sehen, die Österreich in der EU-Länderreihung nach BIP pro Kopf an den vierten Platz hinter Luxemburg, Irland und den Niederlanden gebracht und die Trendwende am Arbeitsmarkt dauerhaft verfestigt hat. Mit einer Beschäftigungsquote von 70,2% liege Österreich jetzt schon über dem von der EU für 2010 angepeilten Ziel von 70,0%. Außerdem werde die Staatsschuldenquote heuer unter die 60-Prozent-Marke sinken, kündigte Bartenstein an.

Er zeigte sich überzeugt, dass "intelligente Mitarbeiterbeteiligung eine Win-Win-Situation" sei. Notwendige Voraussetzung seien allerdings maßgeschneiderte Rahmenbedingungen für die spezifischen Erfordernisse auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite. Für den Minister sind neben entsprechender Flexibilität die Prinzipien "Zusätzlichkeit für Arbeitnehmer" und "Freiwilligkeit für Arbeitgeber" unbedingt erforderlich. "Die Mitarbeiterbeteiligung darf nicht zur Substituierung fixer Lohn- und Gehaltsbestandteile werden", betonte Bartenstein.

Als mögliche Formen der Mitarbeiterbeteiligung nannte Bartenstein einerseits die Erfolgsbeteiligung in Form von Prämien, die in Abhängigkeit von Gewinn, Produktivitätssteigerung oder Umsatzzuwächsen ausgeschüttet werden, andererseits die Kapitalbeteiligung, bei der Arbeitnehmer am Unternehmen selbst beteiligt sind.

Zur Erfolgsbeteiligung in Form von Prämien ließ Bartenstein in der Diskussion eine Präferenz für die Einzahlung in ein Altersvorsorgemodell vor der - im Übrigen von der Mehrzahl der Arbeitnehmer bevorzugten - Sofortauszahlung erkennen: "Die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge sind zu einem Erfolgsmodell geworden, auf dem man aufbauen sollte. Daher bin ich grundsätzlich für Wahlfreiheit, plädiere aber dafür, die Einzahlung der Erfolgsbeteiligung in die Altersvorsorge steuerlich gegenüber der Sofortauszahlung zu begünstigen."

Als konkretes Beispiel für eine Entwicklung in Richtung Erfolgsbeteiligung nannte Bartenstein das Ergebnis der Lohnverhandlungen für die Metallarbeiter mit einem fixen Bestandteil plus einer Einmalzahlung. Für die Zukunft seien jedenfalls im Bereich der Mitarbeiterbeteiligung Know-how und weitere Kreativität gefragt.

Bartenstein: "Wir sind gut unterwegs, gehören im europäischen Vergleich zwar nicht zu den Spitzenreitern, aber auch keineswegs zu den Nachzüglern. Bei uns in Österreich gibt es Best-Practice-Modelle, und ich freue mich, dass auch Mittelstandsunternehmen dabei sind. Die Sozialpartner haben in den letzten Jahren schon viele gute Beispiele erarbeitet, jetzt müssen wir gemeinsam und ohne Scheuklappen auf das Thema zugehen, um an weiteren Umsetzungsschritten konkret zu arbeiten."

Umfrage zur Mitarbeiterbeteiligung unter Unternehmen und Mitarbeitern
Bartenstein präsentierte die Ergebnisse einer Umfrage, die "Eurosearch" im Auftrag des Wirtschaftsministeriums unter Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durchgeführt hat und an der 1.346 Unternehmen sowie 1.775 Mitarbeiter teilgenommen haben. Aus deren Antworten lasse sich ein Trend in Richtung mehr Mitarbeiterbeteiligung erkennen, wobei eine deutliche Präferenz für eine Erfolgsbeteiligung vorhanden sei, so der Wirtschaftsminister. Dabei seien die Unternehmer überwiegend für eine Beteiligung am Gewinn, während Mitarbeiter eine Beteiligung am Umsatz vorziehen würden. Eine Ausbezahlung mit dem Gehalt habe für beide Seiten deutliche Priorität vor einer steuerlich begünstigten Einzahlung in Pensionskassen.


Mitarbeiterbeteiligung erhöht Motivation
Hauptmotive zur Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells, so Bartenstein zu einem weiteren Ergebnis der Befragung, seien vor allem Faktoren wie höhere Motivation, mehr Eigenverantwortung und besseres Betriebsklima. 90 Prozent der Unternehmer hätten sich dabei für eine Freiwilligkeit ausgesprochen, während die Mitarbeiter eine leichte Präferenz für gesetzliche Vorgaben zeigen.

Als Hindernisse für die Einführung eines derartigen Modells sind laut Bartenstein durch die Befragung rechtliche Unklarheiten, Kosten und Aufwand sowie ein Mangel an Information genannt worden.

Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine leichtere Einführung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells sei in den Antworten entsprechenden Änderungen im Steuerrecht die oberste Priorität zugewiesen worden, fuhr Bartenstein fort. Weiterer Verbesserungsbedarf sei im Bereich des Gesellschaftsrechts oder des Arbeitsrechts gesehen worden.

Internationaler Vergleich der Mitarbeiterbeteiligung
Zur Positionierung im internationalen Vergleich verwies Bartenstein auf deutliche Unterschiede, die sich zwischen den einzelnen europäischen Ländern im Hinblick auf die öffentlichen Rahmenbedingungen sowie das Ausmaß und den Stellenwert der materiellen Mitarbeiterbeteiligung in der öffentlichen und politischen Diskussion zeigen: So könnte man Frankreich und Großbritannien auf Grund ihrer langjährigen und umfassenden Gesetzgebung und den verfügbaren steuerlichen Anreizen als Vorreiter bei den Mitarbeiterbeteiligungsmodellen nennen, dazu auch noch Irland mit seinen steuerlichen Anreizen und der guten Kooperation mit den Sozialpartnern.

Österreich und Deutschland seien hingegen erst am Weg, materielle Mitarbeiterbeteiligungen verstärkt zu etablieren, wobei auch die Sozialpartner in den letzten Jahren ein steigendes Engagement zeigen, betonte der Minister. In Finnland und den Benelux-Ländern gebe es bisher kaum öffentliche Anreize für die Implementierung materieller Mitarbeiterbeteiligungen, allerdings zeige sich eine deutlich positive Entwicklung der Rahmenbedingungen.

In Dänemark, Spanien, Italien, Schweden und Portugal werde, so Bartenstein, der Mitarbeiterbeteiligung keine oder kaum Priorität beigemessen und die verfügbaren gesetzlichen Regelungen seien teilweise auf sehr spezifische Beteiligungsformen ausgerichtet. In den neuen EU-Mitgliedstaaten gebe es vielfach überhaupt keine Regelungen. In Osteuropa habe diese Form der Beteiligung nur im Rahmen von Privatisierungen ihren Einzug gefunden und finde aktuell wenig Beachtung, da grundlegendere Herausforderungen, wie die Übernahme von EU-Regelungen oder der Umgang mit hoher Arbeitslosigkeit naturgemäß von höherer Priorität seien, erklärte Bartenstein zum Abschluss seines Länder-Rundblicks.

 

 Kalina: Kritik von an ÖVP-Vorschlag
"ÖVP will Pensionsvorsorge immer weiter privatisieren"
Wien (sk) - SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina hat für die Pläne der ÖVP, die Mitarbeiterbeteiligung in eine Pensionsvorsorge umzuwandeln, wenig übrig. "Die ÖVP bleibt offenbar bei ihrem Kurs, die Pensionsvorsorge immer weiter zu privatisieren und auf den Kapitalmarkt zu verschieben", kritisiert Kalina. "Die einzigen, die wirklich davon profitieren, sind die Fondsgesellschaften und die Versicherungen, aber nicht die durchschnittlichen Arbeitnehmer", so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer.

"Für den überwiegenden Großteil der Arbeitnehmer ist die erste Säule, nämlich die gesetzliche Pensionsversicherung, die wichtigste", betonte Kalina, der es in dem Zusammenhang für bezeichnend hält, "dass ÖVP-Wirtschaftsminister Bartenstein den Pensionisten die anständige Erhöhung für 2008 nicht gönnt, aber zugleich jede Menge Steuergeld in die Förderung der Privat- und Firmenpensionen stecken will".

"Sowenig wie die Mitarbeiterbeteiligung ordentliche Tariflöhne und Lohnabschlüsse ersetzen kann, sowenig kann die private Pensionsvorsorge die gesetzliche ersetzen", sagte Kalina am Dienstag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. "Was die ÖVP mit der steuerlichen Förderung von Extras für Besserverdiener will, ist einfach eine Umverteilung von den niedrigen zu den hohen Einkommen", kritisierte Kalina. Die SPÖ wolle niemanden vorschreiben, was er mit seinem Einkommen macht, "aber bei steuerlichen Förderungen muss Verteilungsgerechtigkeit der Maßstab sein".

 

 Schalle: Mitarbeiter am Gewinn des Unternehmens beteiligen
Bei ÖVP-Modell droht Arbeitnehmern Verlust
Wien (bzö) - BZÖ-Wirtschaftssprecher Veit Schalle fordert ÖVP-Vizekanzler und Finanzminister Molterer auf, das BZÖ-Modell der Mitarbeiterbeteiligung am Gewinn der Unternehmen endlich umzusetzen. "Wenn Molterer meint Österreich soll bei der Mitarbeiterbeteiligung ein "Front Runner" sein, dann kommt er viel zu spät", so Schalle der in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass etwa in Großbritannien bereits 24 Prozent der Unternehmen und in Frankreich 43 Prozent eine Mitarbeiterbeteiligung praktizieren.

Das BZÖ habe bereits vor einem Jahr einen Vorschlag für eine Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter präsentiert. "Diese Gewinnbeteiligung soll etwa durch eine zusätzliche Prämie ausgeschüttet werden. Während die durchschnittlichen Lohnerhöhungen und Einkommenszuwächse für Arbeitnehmer in Österreich bei rund 2 bis 3 Prozent liegen, könnten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem solchen Modell überproportional profitieren, etwa durch ein zusätzliches 15. Nettogehalt pro Jahr. In Zeiten von Hochkonjunktur und Rekordgewinnen, die von den fleißigen Mitarbeitern der Unternehmen erarbeitet werden, ist es höchst an der Zeit, den Österreicherinnen und Österreichern ihren gerechten Anteil zukommen zu lassen. Das ist eine klare Ansage, eine Motivation und eine spürbare Einkommensanhebung", erklärt Schalle.

Der BZÖ-Wirtschaftssprecher warnt in diesem Zusammenhang vor dem ÖVP-Modell der Mitarbeiterbeteiligung. "Die ÖVP will die Mitarbeiter auch an den Anteilen des Unternehmens beteiligen, dadurch droht das Risiko eines Verlustes. Wir hingegen wollen nur ein am Gewinn orientiertes System."

"Die Bundesregierung ist gefordert, die Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter zu forcieren. Eine steuerliche Begünstigung, ähnlich wie bei der Abfertigung, aber auch Steuererleichterungen für Unternehmen müssen als starker Anreiz für die Verwirklichung des Investivlohnes kommen. Das BZÖ-Modell bedeutet mehr vom Gewinn für Mitarbeiter und Vorteile für Unternehmen. Das ist echte Fairness und eine Revolution für die Einkommen der Österreicherinnen und Österreicher", bekräftigt Schalle abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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