Minderheitenrechte im Parlament  

erstellt am
03. 12. 07

 Kräuter: ÖVP lässt Verhandlungen platzen
Schwarzer Tag für das Parlament
Wien (sk) - Bestürzt zeigt sich Günther Kräuter, der SPÖ-Verhandler zum Thema Minderheitenrechte im Parlament, von der Vorgangsweise des Regierungspartners ÖVP: "Die ÖVP hat die Verhandlungen über den Ausbau der Kontroll- und Minderheitenrechte ad absurdum geführt und daher platzen lassen. Die ÖVP hat allen Ernstes eine Reihe von massiven Verschlechterungen der derzeitigen parlamentarischen Geschäftsordnung vorgeschlagen. So sollte beispielsweise ein Untersuchungsausschuss nicht wie bisher von einer einfachen Mehrheit, sondern künftig in besonderen Fällen von einer Zweidrittelquorum abhängig sein. Zudem wollte die ÖVP noch massive Erschwernisse bei der Ladung von Zeugen und der Vorlage von Beweismitteln durchsetzen und die Rechte der Abgeordneten weiter schmälern."

Die ÖVP habe aus der jüngeren Geschichte nichts gelernt und noch immer nicht erkannt, dass die kritische Öffentlichkeit und die steuerzahlende Bevölkerung ein ausgeprägtes Interesse und ein Recht an parlamentarische Kontrolle hat, gab Kräuter zu bedenken. Als äußerst schade bezeichnete der SPÖ-Abgeordnete die Blockade der ÖVP, die eine Reihe von sinnvollen und guten Vorschlägen aller Fraktionen strikt ablehnt, die daher derzeit nicht realisiert werden können. Diese seien für einen modernen und selbstbewussten Parlamentarismus jedoch unverzichtbar. "Der heutige Tag war für den Parlamentarismus eindeutig ein schwarzer Tag", schloss Kräuter.

 

 Karl: Österreichisches Parlament ist Europameister bei Minderheitenrechten
Man kann der Mehrheit nicht den Willen der Minderheit aufzwingen
Wien (övp-pk) - Das österreichische Parlament liegt europaweit an der Spitze bei den Minderheitenrechten und muss keinen Vergleich scheuen. Das ergibt eine umfangreiche Studie, die von der Parlamentsdirektion in Auftrag gegeben wurde und die Minderheitenrechte in europäischen Parlamenten vergleicht. "Wir nehmen also in Österreich eine Spitzenposition ein, und das ist gut so", sagte ÖVP-Abgeordnete Univ.Prof. Dr. Beatrix Karl am 03.12. nach einer Sitzung der Untergruppe des Geschäftsordnungskomitees zu den Minderheitenrechten im Parlament und verwies auf die bei uns geübten Minderheitenrechte wie die Abhaltung Dringlicher Debatten und das Verlangen von Rechnungshof-Überprüfungen, "was in Europa einmalig ist."

"Leider werden bei uns manche Minderheitenrechte manchmal exzessiv ausgenützt, was der Sache keinen guten Dienst erweist", fuhr Karl fort. "Jedenfalls ist angesichts der Tatsache, dass die Minderheitsparteien im österreichischen Parlament mit Rechten sehr gut ausgestattet sind, eine weitere Ausweitung dieser Minderheitenrechte für uns nicht notwendig. Man kann der Mehrheit nicht den Willen der Minderheit aufzwingen", argumentierte Karl die Ablehnung der ÖVP.
Als weitere Themen standen in der heutigen Sitzung die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht und eine neue Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse auf der Tagesordnung.

  • Die ÖVP hat sich dagegen ausgesprochen, die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht zu installieren. "Wir haben aber eine Spielvariante in die Diskussion gebracht, einen ständigen Untersuchungsausschuss einzusetzen und haben auch ein Papier vorgelegt, unter welchen Bedingungen wir zustimmen würden", so Beatrix Karl. "Dies wurde aber von den anderen Parteien schlichtweg abgelehnt." Nachdem die ÖVP aber die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht abgelehnt hat, haben die anderen Fraktionen keine Bereitschaft gezeigt, zu drängenden Fragen der Verfahrensordnung zu einem Konsens zu kommen. "Obwohl das eine mit dem anderen nichts zu tun hat", bedauerte Karl diese "beleidigte-Leberwurst-Haltung".
  • Für die Verfahrensordnung von Untersuchungsausschüssen hat die ÖVP in der heutigen Sitzung eine Reihe sinnvoller und ausgearbeiteter Verbesserungsvorschläge vorgelegt. Auch hier haben sich vor allem FPÖ und Grüne, unterstützt von der SPÖ, geweigert, auf diese Fragen näher einzugehen - auch hier mit Verweis auf die Nicht-Einigung bei Punkt eins. "Das ist keine konstruktive Diskussionskultur, sondern bloßes Junktimieren und Blockieren", wundert sich Karl.- Auch die Vorschläge der ÖVP für weitere Möglichkeiten des Ausbaues von Minderheitenrechten haben die Vertreterinnen und Vertreter anderer Fraktionen abgelehnt, sodass auch hier keine Erörterung mehr möglich war. "Eine bedauerliche Haltung", kritisierte die ÖVP-Abgeordnete. "Mit einer so undemokratischen Einstellung kommen wir nie auf einen grünen Zweig."

 

 Glawischnig: ÖVP sieht parlamentarische Kontrolle als Majestätsbeleidigung
Koalition blockiert jegliche Transparenz
Wien (grüne) - "Offenbar empfindet die ÖVP jegliche parlamentarische Kontrolle ihrer Regierungstätigkeit als Majestätsbeleidigung und verweigert deshalb den Ausbau von Minderheitenrechten. Dabei braucht die existierende Zwei Drittel-Mehrheit dringend ein parlamentarisches Gegengewicht zur Regierungmacht", kritisiert Eva Glawischnig, 3. Nationalratspräsidentin und stv. Bundessprecherin der Grünen. "Dies ist ein Bruch des Regierungsübereinkommens, wo ein Ausbau der Minderheitenrechte paktiert wurde. Und es ist der Bruch eines SPÖ-Wahlversprechens, womit die SPÖ einmal mehr zu 100% in die Knie gegangen ist", so Glawischnig. Nebenher ist es ebenso ein Skandal, dass monatelang beraten wurde, internationale Expertisen eingeholt wurden und nun all das für den Papierkorb ist. "Die Große Koalition neu hat sich dort gefunden, wo die Große Koalition alt geendet hat. Bei einer völligen Blockade jeglicher Transparenz gegenüber den BürgerInnen und deren Bevormundung durch SPÖ und ÖVP."

 

 Graf: ÖVP bringt Geschäftsordnungskomitee zum Platzen
"ÖVP an Verwaltungskontrolle nicht interessiert"
Wien (fpd) - Zur Sitzung des Geschäftsordnungskomitees im Parlament äußerte FPÖ-NAbg. Dr. Martin Graf, dass die ÖVP mit ihrem Ansinnen - nämlich dem Beschneiden der parlamentarischen Minderheitenrechte - im Komitee gescheitert sei. "Die ÖVP hat in der heutigen Sitzung, in der die Stärkung der Minderheitenrechte behandelt wurde, ihr wahres Gesicht gezeigt. In dieser Sitzung schwenkte die ÖVP - vertreten durch Frau Dr. Beatrix Karl - insofern um, dass sie ernsthaft das Ansinnen gestellt hat, die bestehenden parlamentarischen Minderheitenrechte noch weiter auszuhöhlen."

"Den Vogel schoss die ÖVP ab, nunmehr die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses nur mehr mit einer Zweidrittelmehrheit zuzulassen", ergänzte Graf. Nach heftigen Diskussionen mit der Opposition und der SPÖ habe Frau Dr. Karl zur Überraschung des Vorsitzenden, dem zweiten Nationalratspräsidenten Spindelegger, erklärt, die ÖVP denke nicht daran, die parlamentarischen Minderheitenrechte in irgendeiner Form zu erweitern, sondern sei lediglich daran interessiert, die missbräuchliche Verwendung der derzeitigen Geschäftsordnung zu verhindern. Und dabei solle offensichtlich die ÖVP die oberste Instanz spielen, so Graf.

"Mit der heute an den Tag gelegten offenen Erklärung der ÖVP ist ein weiteres Versprechen der SPÖ - die parlamentarischen Minderheitenrechte zu stärken - zu Grabe getragen worden", zeigte Graf auf. "Die FPÖ stellt unmissverständlich klar, dass sich die Präsidentin des Nationalrates in der nächsten Sitzung damit befassen soll, ob ein Geschäftsordnungskomitee unter diesen Voraussetzungen überhaupt Sinn macht."

 

 Scheibner bedauert Scheitern der Verhandlungen
Es hätte wichtige Themen gegeben, über die man gerne diskutiert hätte
Wien (bzö) - BZÖ-Klubobmannstellvertreter Abg. Herbert Scheibner bedauerte das Scheitern der Parteien-Verhandlungen über den Ausbau der Minderheitenrechte im Nationalrat. "Es hätte wichtige Themen gegeben, über die wir gerne diskutiert hätten. Neben dem Themenkreis Untersuchungsausschüssen hätten wir gerne auch über die Erneuerung der Verfahrensordnung, aber auch über andere parlamentarische Fragen mit den Parteien verhandelt", so Scheibner.

Für das BZÖ sei die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen nicht das einzige wichtige Thema, denn es sollte etwa auch um Antragsrechte oder Sondersitzungen diskutiert werden. "Die Einsetzung von U-Ausschüssen muß wohl ein Minderheitenrecht sein, es müssen aber gleichzeitig auch Maßnahmen gegen den Mißbrauch geschaffen werden, damit man dieses wichtige Kontrollinstrument nicht entschärft", betonte Scheibner.

Es sei zu hoffen, daß es bis zu den abschließenden Verhandlungen doch noch Diskussions-Spielräume geben und keine Gesprächsverweigerung mehr stattfinden werde, so Scheibner abschließend.
 
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