| Potsam (idw) - In manchen Trennungsfamilien finden heillos zerstrittene Eltern trotz professioneller Hilfe
			von außen einfach keine Lösung in Fragen des Sorgerechts oder der Besuchsregelung. Leidtragende dieser
			Konflikte sind Zehntausende von Kindern. Aber auch von Seiten der Familiengerichte, Beratungsstellen und Jugendämter
			wird diese Situation als zunehmend problematisch erlebt. Denn diese in der Relation zwar kleine, in der Summe jedoch
			sehr dominierende Gruppe bindet erhebliche personelle Kräfte und Ressourcen, und dennoch führen die derzeitigen
			Mittel in vielen Fällen nicht zu befriedigenden Lösungen. Ziel eines DJI-Projekts ist es, hier wirksame
			Formen der Intervention und Unterstützung zu entwickeln und zu verbreiten, um vor allem auch einen verbesserten
			Schutz der betroffenen Kinder zu erreichen. 
 Weihnachten, theoretisch eine wunderbare Gelegenheit, mal wieder mit der ganzen Familie zu feiern, in der Praxis
			aber häufig eine logistische und psychologische Abstimmungsleistung der besonderen Art, wenn es mal wieder
			heißt: wann fahren wir mit den Kindern zu den Eltern, zu den Großeltern, den Schwiegereltern ...? Eine
			besondere Herausforderung entsteht in der stillen Zeit für die wachsende Zahl getrennter Paare mit gemeinsamen
			Kindern. 42 Prozent der neu geschlossenen Ehen in Deutschland werden früher oder später geschieden. In
			der Hälfte der Fälle sind Kinder davon betroffen. Und diese sitzen nur in Ausnahmefällen als Teil
			einer glücklichen Patchworkfamilie gemeinsam mit Stiefvätern, -müttern und -geschwistern friedlich
			unter einem Weihnachtsbaum.
 
 Für geschiedene Paare, die seit Monaten oder sogar Jahren in einer Dauerfehde um Sorgerecht und Umgangsfragen
			liegen, kann die "stade" Zeit zur extremen Nagelprobe werden. An die 50.000 Kinder sind derzeit großen
			psychischen Belastungen ausgesetzt, weil ihre Eltern keine einvernehmlichen Besuchsregelungen zum Beispiel für
			die Wochenenden oder Ferien finden. Abgesehen davon, dass sie dies im Interesse ihrer Kinder tun sollten, müssen
			sie auch, weil es entgegen der weit verbreiteten Annahme keine Festschreibung einer juristischen oder psychologischen
			Norm gibt, wie Dr. Jörg Fichtner (DJI) im "Interview" betont. Bislang gibt es kaum wirksame Unterstützung
			für heillos zerstrittene Trennungsfamilien.
 
 Deswegen führt das Deutsche Jugendinstitut derzeit in enger Kooperation mit dem Institut für angewandte
			Familien-, Jugend- und Kindheitsforschung an der Universität Potsdam (IFK) sowie der Bundeskonferenz für
			Erziehungsberatung (bke) ein Forschungsprojekt zum Kinderschutz bei hochkonflikthafter Elternschaft durch. Mit
			der Entwicklung und Evaluation von speziellen Diagnose-Instrumenten und Unterstützungsprogrammen verfolgt
			es zwei Ziele: die Folgen eskalierter Elternkonflikte insbesondere für die betroffenen Kinder zu entschärfen
			sowie die hohen personellen und finanziellen Belastungen der Institutionen, die an diesen Kindschaftsrechtsverfahren
			beteiligt sind, zu reduzieren und deren Arbeit effektiver zu machen.
 
 Welchen Widerständen die Fachleute in der Beratungspraxis begegnen, macht Matthias Weber, langjähriger
			Familien- und Erziehungsberater, in seinem "Blick von außen" sehr anschaulich. Er betont die Notwendigkeit,
			dass alle beteiligten Institutionen im Sinne der Kinder "an einem Strang ziehen": Familiengericht, Jugendamt
			und Beratungsstelle.
 
 Sabine Walper, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Expertin für Trennungsfamilien,
			hat u.a. die Wechselwirkungen zwischen elterlichen Zwistigkeiten, der Kontakthäufigkeit zu getrennt lebenden
			Elternteilen und Kindeswohl untersucht. Auch sie plädiert in ihrem "Blick von außen" für
			gezielte Interventionsangebote, die der Reduktion von destruktivem Konfliktverhalten dienen.
 
 Auf einen verbesserten Schutz des Kindeswohls zielt die Reform der Familiengerichtsbarkeit ab, die für 2008,
			spätestens 2009 geplant ist. Die darin festgeschriebenen Neuerungen seien grundsätzlich zu begrüßen,
			dennoch gäbe es Raum für weitere Verbesserungen, meint Dr. Jörg Fichtner (DJI) im "Interview".
			Vor allem sei eine klar abgegrenzte Funktionszuschreibung und ein hoher fachlicher Standard der beteiligten Fachkräfte
			notwendig, um nicht unnötig große und unzureichend qualifizierte "Expeditionsgruppen zur Erforschung
			des Kindeswohls" durch die Kinderzimmer zu schicken und damit unter Umständen die gute Intention ins
			Gegenteil zu verkehren.
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