Gedankenaustausch zwischen Bundesrat und tschechischem Senat
Wien (pk) - Eine Delegation des Senats der Tschechischen Republik unter der Leitung von Ludek Sefzig
besucht dieser Tage das Hohe Haus. Am 03.12. trafen die tschechischen Mandatare mit den Bundesräten Gottfried
Kneifel, Albrecht Konecny und Sissy Roth-Halvax zu einem Gedankenaustausch zusammen. Im Mittelpunkt der Unterredung
standen dabei das Konzept der Subsidiarität und die Aufgaben nationaler Parlamente angesichts der bevorstehenden
Reform der Europäischen Union.
Kneifel sprach von Tagen wesentlicher Entscheidungen für die Zukunft der Europäischen Union. Er werde
nachmittags noch nach Brüssel reisen, um bei der dortigen Konferenz seine Standpunkte einzubringen. Österreich
und Tschechien seien im ständigen Gesprächskontakt, dieses Treffen daher eine weitere Etappe in den hervorragenden
bilateralen Beziehungen.
Sefzig betonte, die Relevanz der Subsidiaritätsprüfung, die auch das Hauptthema dieses Gesprächs
sein sollte. Dieser Frage sei zuletzt leider nicht jene Aufmerksamkeit gewidmet worden, die sie verdiene, was schade
sei, da die Subsidiaritätsprüfung im Falle des Inkrafttretens des Reformvertrages die wichtigste Möglichkeit
sein werde, seitens der nationalen Parlamente auf die Gesetzgebung in Brüssel entsprechend Einfluss zu nehmen.
Die Bürger hätten eine viel engere Bindung an den nationalen Parlamentarier, und dementsprechend sollten
die nationalen Parlamente ihre Kontrollrechte nicht einfach an das Europäische Parlament abtreten. Ehe man
also dem Reformvertrag zustimme, bräuchte man gewisse Garantien, dass die nationalen Parlamente auch künftig
ihre Kontrollrechte ausüben könnten, und die Subsidiaritätskontrolle wäre, richtig angewandt,
ein probates Mittel. Sefzig erinnerte in diesem Zusammenhang an die Konferenz von St. Pölten im Rahmen des
österreichischen EU-Vorsitzes, wo man dieses Thema entsprechend erörtert habe.
Konecny meinte, mit dem Lissaboner Vertrag werde man ein gemäßigtes Instrument der Mitbestimmung nationaler
Parlamente haben, dies würde aber einen Umbruch im politischen System der EU bedeuten. Alle nationalen Parlamente
müssten sich fragen, wie sie diese neuen Aufgaben bewältigten. Es brauche eine gemeinsame Strategie,
zumal die bisherige Arbeitsweise gezeigt habe, dass ihre Fortführung jedes Mal zu einer Fristversäumnis
führen würde. Man benötige also ein internes Hinweissystem, so Konecny, um rechtzeitig das entsprechende
Quorum zu erreichen. Das rasche Akkordieren der nationalen Parlamente sei wichtig, da die vorgesehene Frist von
8 Wochen letztlich eine ziemlich kurze Zeitspanne sei.
Kneifel unterstrich, man müsse schneller, professioneller und kompetenter bei der Subsidiarität werden,
sonst bleibe das Instrument zahnlos. Roth-Halvax ergänzte, es wäre eine ganz wichtige Aufgabe für
den Bundesrat, die Stellungnahmen der Bundesländer in der Länderkammer zusammenzuführen. Der Bundesrat
könnte somit als Clearingstelle fungieren.
Kneifel sagte weiters, die Subsidiarität sei ein Instrument, mit dem die nationalen Parlamente arbeiten könnten
und müssten. Dazu brauche es entsprechende Kontakte, formelle und informelle, vor allem persönliche,
die künftig noch wichtiger sein würden als bisher. Konkret schlug er vor, gemeinsam in einem Netzwerk
der Europäischen EU-Ausschüsse eine Art Rechtsbereinigung vorzuschlagen, zumal manches aus dem Rechtsbestand
der EU kaum noch als zeitgemäß betrachtet werden könne. Konecny betonte schließlich nochmals
die Notwendigkeit der intensiven Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten und meinte, der Zusammenschluss
vieler Kleiner sei auch eine Großmacht. |