Zwischen "Soft Landing" und "Rezession"   

erstellt am
30. 11. 07

Gemischte Ertragsaussichten an den Finanzmärkten – Weitere US-Leitzinssenkungen im ersten Quartal 2008 notwendig, EZB nimmt von weiteren Leitzinserhöhungen zunächst Abstand
Wien (ba-ca) - Dualität beschreibt nicht nur die Austragungsorte der Fußballeuropameisterschaft 2008, sondern wohl auch die Trends an den Finanzmärkten im nächsten Jahr. Die UniCredit-Analysten sehen zwei Halbzeiten mit unterschiedlichen Vorzeichen. Die ersten Wochen des Jahres dürften aus einer Mischung der Themen Stagflationsangst und Rezessionsfurcht getrieben sein. Dazu dürften sich weiter negative Meldungen aus dem Finanzsektor gesellen. Die zweite Halbzeit ist von einer Beruhigung des Makroumfelds und der Finanzmärkte dominiert.

Die US-Notenbank wird sich genötigt sehen, dieses instabile Umfeld im ersten Quartal mit weiteren Leitzinssenkungen zu begleiten, meint Michael Rottmann, Leiter FX/FI Research der UniCredit. Er rechnet in den USA mit einem Leitzinsniveau von 4% zum Ende des ersten Quartals 2008 (aktuelles Niveau bei 4,5%). In diesem Zeitraum wird aber zugleich eine "sanfte Landung" gelingen und weitere "Notzinssenkungen" werden nicht mehr nötig sein. Damit kommt auch die EZB um eine Leitzinssenkung herum, wenngleich die Forderungen nach einer geldpolitischen Unterstützung in den ersten drei Monaten des neuen Jahres lauter werden.

Keine Leitzinserhöhungen im Euro
Das Thema Leitzinserhöhung ist hingegen, anders als man aufgrund der derzeitigen EZB Rhetorik annehmen könnte, für die nächsten Monate vom Tisch. Zwar wird die Inflation aufgrund des Basiseffekts nochmals deutlich über das erreichte Niveau von 2,6% hinausschießen. Letztlich zeigte die Vergangenheit, dass sich auch die EZB im Zweifel immer pro-Wachstum entschied und kurzfristige Inflationsrisiken hinten anstellte. Zum Ende des nächsten Jahres erwarten die UniCredit-Analysten ein Leitzinsniveau im Euroraum von 4%. Die 10jährigen Renditen dürften per saldo verhalten ansteigen und sich der Marke von 4,5% annähern.

Euro als wichtigste Reservewährung?
Angesichts der aktuellen EUR-USD-Entwicklung drängt sich die Frage auf, ob der EUR den USD als Reservewährung ablösen kann. Nach den letzten Daten des Internationalen Währungsfonds liegt der USD-Anteil an den Währungsreserven bei 64,8%, der Anteil des EUR bei 25,6%. Dieser Statistik zufolge ist der USD-Anteil seit Ende 2001 von 71,4% um 6,6% gefallen. Der Anteil des EUR stieg von 16.9% per Ende 1998 um 8.7% an, wobei nicht vergessen werden darf, dass allerdings ein Teil dieser Verschiebungen auf den Wechselkursveränderungen selbst basiert. Dieser Trend wird sich wohl fortsetzen und ein Anteil des EUR von 35% im Jahr 2015 ist durchaus realistisch. Eine massive Umschichtung, die innerhalb weniger Quartale auf einen Anteil von über 50% führt, bleibt unrealistisch. Es ist fragwürdig, ob eine Währung mit autonom operierenden Staaten und einer kurzen Historie am amerikanischen Status kratzen kann.

Zudem ist der Aufbau chinesischer Währungsreserven nicht von dem Wunsch nach möglichst hohen Erträgen charakterisiert, sondern dient nichts anderem als einer schnellen und schmerzhaften Aufwertung der heimischen Währung entgegenzuwirken. Ob man diese Strategie unmittelbar aufgeben möchte, erscheint doch eher unwahrscheinlich. Zudem würde eine rasante Reduzierung von USD-Reserven die Volatilität des Makroumfelds (Inflation und Wachstum) wie auch der Finanzmärkte nochmals deutlich beschleunigen, woran eigentlich auch den aggressiven Stimmen diverser Interesseverbände in den USA und zunehmend im Euroraum niemand gelegen sein kann.

Letztlich bleibt die relative Zinsentwicklung dominierend. Zu Beginn des Jahres war der USD im G 10 Universum bei Betrachtung der Geldmarktforwards auf 12 Monate die vierthöchst (nach NZD, AUD und GBP) verzinsliche Währung. Heute ist der USD unter dieser Betrachtung die drittniedrigste verzinsliche Währung und wurde damit zur Finanzierungswährung. Kein Wunder also, dass dieser Niedergang von einer eklatanten Währungsschwäche begleitet ist. Dieses Manko wird zwar zunächst anhalten, per Ende nächsten Jahres dürfte der USD allerdings wieder um einige Rankings aufgestiegen sein und vor NOK, SEK, EUR und vielleicht auch GBP notieren. Ein EUR-USD Wechselkurs um 1,45 gegen Ende 2008 erscheint unter dieser Prämisse realistisch.

Empfehlungen
"Cash ist Trash" ist laut Rottmann eine unzutreffende Aussage. Ein 12 Monats-Euriborsatz von 4,62% will angesichts der latenten Unsicherheit an den Finanzmärkten erst einmal verdient werden. Wer Anlagen am Geldmarkt tätigen muss, sollte unmittelbar den 12 Monatssatz ausnützen und nicht auf einen besseren Ertrag in 3 Monatssätzen rechnen.

Aber auch breit investierte Anleger können einen guten Teil ihrer Anlage für den Geldmarkt einplanen. Zudem impliziert die derzeit hohe Risikoaversion ein "Fahren auf Sicht". Risikoreiche Anlagen heute zu kaufen mit einem Anlagehorizont von einem vollen Jahr ist sicherlich nicht machbar. Carry Trades sollten angesichts der hohen Volatilität ebenfalls noch nicht aufgestockt werden. Erst im späteren Jahresverlauf erscheinen TRY und HUF interessant.

Von JPY-Finanzierungen wird nach wie vor abgeraten. Finanzierungen im Schweizer Franken sind hingegen nach wie vor interessant, allerdings sollte man mit dem Zinsvorsprung liebäugeln, eine weitere gravierende CHF-Abschwächung erscheint eher unwahrscheinlich.
 
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