Leitl: Wirtschaft schreibt Erfolgsstory fort - Ziel der Regierung, die Betriebe bei Verwaltungskosten
um 1 Mrd. Euro zu entlasten, wird begrüßt
Wien (pwk) - Zur Halbzeit der Funktionsperiode kann die Wirtschaftskammer Österreich eine sehr
erfreuliche Bilanz ziehen. Der Erfolg zeigt sich einerseits an beeindruckenden Wachstumszahlen und andererseits
an der hohen Zufriedenheit der Unternehmen, wie sie die neueste market-Umfrage ausweist.
"Seit 2005 wurden in Österreich rund 90.000 neue Unternehmen und 150.000 neue, zusätzliche Arbeitsplätze
geschaffen sowie mehr als 100.000 neue Lehrverträge abgeschlossen", freut sich WKÖ-Präsident
Christoph Leitl bei der Pressekonferenz im Vorfeld des Wirtschaftsparlaments am 29.11. Die Wirtschaft schreibe
die Erfolgsstory Österreichs fort und schaffe die gesunde Basis, auf der die Politik arbeiten kann. "Die
Wirtschaft zahlt auch soviel Unternehmenssteuern wie nie zuvor", machte Leitl aufmerksam, alleine rund 1 Mrd
mehr als 2005 fließe aus gesenkten Körperschaftssteuer heuer dem Fiskus zu.
In den letzten beiden Jahren konnte auch aufgrund der WKÖ/AMS-Aktion "Der Jugend eine Chance" die
Jugendlangzeitarbeitslosigkeit in Österreich halbiert werden. Und in der Energie- und Umwelttechnologie ist
Österreich innerhalb Europas genauso die Nummer eins wie beim Exportwachstum, so der WKÖ-Chef.
Die Hauptergebnisse der Unternehmerbefragung, die von David Pfarrhofer vom market-Institut vorgestellt wurden,
zeigen, dass auch die Stimmung unter den Unternehmen gut wie nie zuvor ist: "Bezüglich der aktuellen
Wirtschaftslage liegt das aktuelle Zufriedenheitsniveau seit Beginn unserer Befragungen 2001 am höchsten:
drei Viertel der österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer äußern sich zufrieden oder sehr
zufrieden, nur ein Viertel ist kritisch." Stabil und damit positiv sind auch die Aussichten für den Arbeitsmarkt:
weiterhin plant ein Fünftel der Betriebe die Einstellung neuer, zusätzlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Auch Kleinbetriebe denken über eine Expansion nach.
Bei der Einschätzung der Sozialpartnerschaft ist eine langsame Erholung spürbar. Die aufgrund der Vorkommnisse
rund um ÖGB und BAWAG gesunkene Stimmungslage im Jahr 2006 nähert sich bei den Unternehmern laut Pfarrhofer
"langsam wieder dem gewohnten Stimmungsbild". Die leichte Erholung zeigt sich auch in der rückblickenden
Beurteilung: "Nur mehr ein Fünftel spürt eine rückläufige Bedeutung der Sozialpartnerschaft,
im Jahr 2006 waren dies noch knapp doppelt so viele." Ein Drittel wünscht sich für die Sozialpartnerschaft
eine Renaissance in der Zukunft.
Ein sehr gutes Zeugnis stellen die Mitgliedsunternehmen auch der Wirtschaftskammerorganisation in ihrer Beurteilung
aus. "Bei der Zufriedenheit zeigt sich Stabilität auf hohem Niveau", so der Umfrageleiter. Drei
Viertel der Unternehmer sind zufrieden mit der WKÖ. Auch aus inhaltlicher Sicht wird die Arbeit sehr gut beurteilt.
Durchwegs finden die in den ersten 2,5 Jahren umgesetzten Maßnahmen viel Zuspruch bei den Mitgliedern. Sei
es die Abfertigung neu für Unternehmer, die Abschaffung von Erbschafts- und Schenkungssteuern oder die freiwillige
Arbeitslosenversicherung für Selbständige. Etwas gespalten ist die Stimmungslage bei der Schwarzarbeit:
Zwar beurteilen auch hier knapp 2/3 der Unternehmer das Engagement zur Bekämpfung als positiv, ein Drittel
wünscht sich aber noch mehr Einsatz auf diesem Gebiet.
Die von Präsident Leitl vorgestellten Themenschwerpunkte für die zweite Halbzeit der aktuellen Periode
finden laut Pfarrhofer ungeteilten Zuspruch bei den Unternehmen. Leitl: "Wir wollen das soziale Risiko von
Selbständigen minimieren, die steuerliche Diskriminierung der Unternehmer gegenüber den Unselbständigen
beseitigen und die Bürokratie- und Bundesstaatsreform vorantreiben!". Er kündigte an, innerhalb
von zwei Monaten einen Vorschlag über die wichtigsten Eckpunkte für eine Verfassungs- und Verwaltungsreform
aus Sicht der Wirtschaft vorzulegen.
Sehr positiv sieht Leitl in diesem Bereich das Regierungsziel, die Verwaltungskosten für Betriebe bis 2012
um 1 Mrd Euro zu senken. "Die konsequente Umsetzung dieses Ziels gibt der Wirtschaft langfristig einen Wachstumsschub
von rund 1 Prozent", ist Leitl überzeugt. Das von der Regierung in Kooperation mit der Wirtschaftskammer
entwickelte standard- cost-Modell, das sich am best practice-Modell der Niederlande orientiert, werde sehr begrüßt
und stelle einen Bereich der Verwaltungsreform dar, wo sich die Wirtschaft auch weiterhin aktiv einbringen wird.
"Die positiven Ergebnisse der Halbzeitbilanz werden nicht dazu führen, dass wir uns darauf ausruhen",
versprach Leitl. "Wir werden uns neben den drei Viertel der zufriedenen Unternehmen auch besonders um jenes
Viertel bemühen, das nicht zufrieden ist." Die innere Zustimmung der Mitglieder sei allein entscheidend
für die Wirtschaftskammer, nahm der WKÖ-Präsident auch zum heutigen Ausschuss-Beschluss des Parlaments
Stellung, die Sozialpartnerschaft in der Verfassung zu verankern: "Die Nennung der Sozialpartner in der Verfassung
ist eine Art Anerkennung der Politik für die gute Arbeit, welche die Kammern für Selbständige und
Unselbständige für Österreich und seine Bevölkerung leisten." Andererseits werde damit
im Sinn einer erhöhten Transparenz und Rechtssicherheit nur die bestehende einfachgesetzliche Rechtslage bestätigt
und die Grundstruktur von Selbstverwaltungskörpern in der Verfassung geregelt. Leitl verwies auch auf den
EU-Reformvertrag, wo die europäischen Sozialpartner bereits jetzt erwähnt werden. Für Leitl gewährleistet
die Nennung von Selbstverwaltungskörpern in der Verfassung vor allem die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit
der gesetzlich geschaffenen Interessenvertretungen gegenüber Staat und Parteien.
Strobl: Entwicklung einer "dienstleistungsbewußten öffentlichen Verwaltung"
Die in den ersten 2½ Jahren umgesetzten Maßnahmen finden großen Zuspruch bei den Mitgliedern.
Trotzdem müssten gerade für die vielen kleinen Unternehmen und EPU im Servicebereich weitere Anstrengungen
unternommen werden um noch besser zu werden, betonte Fritz Strobl, WKÖ-Vizepräsident und Fraktionsvorsitzender
des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes (SWV). Als Ziele einer Verwaltungsreform nannte Strobl die Entwicklung
einer "dienstleistungsbewußten öffentlichen Verwaltung", welche vor allem den kleinen Betrieben
hilfreich und effizient zur Seite steht.
Krenn für baldige Steuerreform
Für eine rasche Umsetzung der Ergebnisse des Österreich-Konvents und eine baldige Steuerreform
sprach sich der WKÖ-Vizepräsident und stellvertretende Bundesobmann des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender
und Unabhängiger (RFW), Matthias Krenn, aus: "Es kann nicht sein, dass durch die Nichtangriffnahme einer
Bürokratiereform die Volumina einer Steuerreform bereits im Vorhinein verpulvert werden."
Deutlich kritisierte Krenn eine seit Jahren fehlende Valorisierung der Einkommensgrenzen für den Höchststeuersatz
bei Lohn- und Einkommenssteuern und die damit verbundene kalte Progression. "Die durchaus respektablen Abschlüsse
für die unselbständig Beschäftigten kommen nicht an. Es kann nicht sein, dass bei einem Einkommensplus
von 3 Prozent nur 0,3 Prozent bei den Arbeitnehmern übrig bleiben", so der RFW-Sprecher. Allein die Abschlüsse
der Handelsangestellten und der Metaller würden dem Finanzminister Mehreinnahmen von 850 Mio. Euro im kommenden
Jahr bescheren. In Holland, Dänemark oder Liechtenstein gäbe es Best-Practice-Beispiele, die Vorbilder
bei der Valorisierung der Steuersätze sein könnten. "Seit 18 Jahren hat es keine Anpassung mehr
gegeben. Unter Einrechnung der Indexanpassung müsste der Höchststeuersatz nicht bei 51.000 Euro sondern
bei über 75.000 Euro liegen", erklärt Krenn. Es könne daher nicht sein, dass die Unternehmen
die Zeche für Dritte zahlen. Eine Steuerreform sei aus seiner Sicht nicht bis 2010 aufschiebbar, denn eine
erhöhte Kaufkraft komme schließlich wieder der Wirtschaft zugute.
Krenn sprach sich auch strikt gegen die Festschreibung der Kammern in der Verfassung aus: "Eine Verankerung
der Kammern in der Verfassung ist meiner Meinung nach absolut nicht zielführend. Die Wirtschaftskammer ist
eine modern ausgerichtete, kundenorientierte Institution, die das nicht notwendig hat. Schon gar nicht, um sich
seiner Mitglieder sicher zu sein!" Oberste Priorität der WKÖ sei es, die Interessen der Mitglieder
zu vertreten und sich damit über die Leistungen nach Außen auszudrücken.
Schenz: für Transparenz und die Vermeidung von Mehrbelastungen für die Betriebe
WKÖ-Vizepräsident Richard Schenz, Vertreter der "Liste Industrie" im WKÖ-Präsidium,
berichtete über ein "sparsames WKÖ-Budget". Man habe "nicht übermütig"
gewirtschaftet, sondern versucht, gerade angesichts der guten Konjunktur und der damit verbundenen höheren
Einnahmen, die Kosten im Griff zu halten. In der Energiepolitik plädierte Schenz für mehr Aufmerksamkeit
bei den Post-Kyoto-Verhandlungen. Man habe bereits einmal über das Ziel hinausgeschossen und sich als Land
mit dem niedrigsten pro Kopf Ausstoß von CO2 zu einer überproportional hohen Reduktion verpflichtet.
In Hinblick auf das Ökostromgesetz fordert die Industrie mehr Transparenz und die Vermeidung von Mehrbelastungen
für die Betriebe. Eine Deckelung für energieintensive Unternehmen sei wünschenswert, so Schenz.
Angesichts der 2008 auslaufenden Erbschafts- und Schenkungssteuern hofft der Industriesprecher über keine
neuen gesetzlichen Regularien "und kein ähnlich kompliziertes Gesetz wie es es jetzt in Deutschland gibt".
Mitarbeiterbeteiligung sei für die Betriebe ein Thema. So lange aber Prämien, die an Mitarbeiter ausgezahlt
werden, nicht steuerlich begünstigt werden, sei eine Beteiligung der Mitarbeiter am Gewinn kaum attraktiv.
Hier sollte aus Sicht von Schenz noch vor 2010 eine Entscheidung herbeigeführt werden. |