Studie im Auftrag des Bundeskanzleramtes, Sektion
Sport
Wien (spea) - Österreich verfügt über eine lange Tradition erfolgreicher Alpinistinnen und
Alpinisten, von denen einige Weltruhm erlangten. Im Wechselspiel zwischen den spektakulären Erfolgen Einzelner
und dem gesteigerten Interesse der Öffentlichkeit erfuhren traditionelle Formen des Bergsports jüngst
einen Aufschwung. Den Erfordernissen und Erwartungen einer modernen Freizeitkultur entsprechend bildeten sich zugleich
vielfältige neue Erscheinungsformen des Bergsports heraus.
Bisher dennoch weitgehend unbeachtet blieb die ökonomische Dimension des Bergsporttourismus, d.h. jene Beiträge,
die der Bergsporttourismus für Wertschöpfung (Einkommen) und Beschäftigung in Österreich leistet.
Berücksichtigt man zudem, dass sich der Sporttourismus - zu welcher auch der Bergsporttourismus zählt
- im Lebenszyklusvergleich diverser Tourismusprodukte noch in einer relativ frühen Phase befindet, sind hier
in Zukunft noch beträchtliche Wachstumspotenziale erschließbar. Dieses Analysedefizit nahm SpEA SportsEconAustria
im Auftrag des Bundeskanzleramtes - Sektion Sport - zum Anlass, um die wirtschaftliche Bedeutung des Bergsports
in Österreich zu dokumentieren.
Jede(r) 6. Tourist(in) ist Bergsporttourist(in)
Rund 5,2 Mio. Ankünfte und 23,5 Mio. Übernachtungen jährlich - davon mehr als die Hälfte
in Tirol - können in Österreich auf den Bergsporttourismus zurückgeführt werden. D.h. circa
jede(r) 6. Tourist(in) in Österreich ist Bergsporttourist(in). Daraus leitet sich eine bergsporttouristische
Nachfrage in Höhe von knapp 2,1 Mrd. Euro ab.
Knapp 2 Mrd. Euro Wertschöpfung durch Bergsport
Diese Tourismusnachfrage löst eine direkte Wertschöpfung in Höhe von 1,26 Mrd. Euro aus.
Aus diesem direkten Effekt erwächst im Inland ein zusätzlicher multiplikativer Wertschöpfungseffekt
in Höhe von 714,8 Mio. Euro. Der totale Wertschöpfungseffekt, als Summe von direktem und multiplikativem
Effekt, erreicht in Österreich somit eine Höhe von 1.975,7 Mio. Euro. Der Anteil des Bergsporttourismus
an der gesamtösterreichischen Wertschöpfung liegt somit bei rund 1 %.
Bergsport sichert 51.100 Arbeitsplätze
Insgesamt beträgt der direkte Beschäftigungseffekt rund 40.160 Jahresbeschäftigungsplätze
(dies entspricht einem Vollzeitäquivalent (VZÄ) von 35.490), die primär den Bereichen des Beherbergungs-
und Gaststättenwesens sowie dem Einzelhandel zugeordnet werden können. Die direkten, indirekten und induzierten
Beschäftigungseffekte summieren sich zu einem totalen Beschäftigungseffekt des Bergsporttourismus in
Höhe von 51.100 Jahresarbeitsplätzen (VZÄ: 44.640). Aus den berechneten totalen Beschäftigungseffekten
resultiert eine Verringerung an Sozialtransfers im Ausmaß von 327 Mio. Euro sowie ein jährliches Aufkommen
an Steuern und Sozialabgaben in Höhe von 437,5 Mio. Euro.
Nicht überraschend - da abhängig von den topographischen Gegebenheiten - variiert die ökonomische
Bedeutung des Bergsports zwischen den einzelnen Bundesländern. Bemerkenswert hingegen ist das Ausmaß
dieser Differenzierung: mehr als die Hälfte der gesamten Wertschöpfung entfällt auf Tirol. Mit deutlichem
Abstand folgen Salzburg, die Steiermark und Kärnten. Ebenso entfallen 50 % der mit dem Bergsport in Verbindung
stehenden Arbeitsplätze auf Tirol.
Träger des Bergsports in Österreich
In Österreich sind seit dem Jahr 1949 die wichtigsten alpinen Vereine unter der Dachorganisation des
Verbands alpiner Vereine Österreichs (VAVÖ) versammelt. In Summe repräsentiert der VAVÖ heute
knapp 490.000 aktive Mitglieder und damit in etwa gleich viele Mitglieder wie der österreichische Fußball.
Die alpine Infrastruktur umfasst neben den derzeit vom VAVÖ betreuten 513 Schutzhütten mit Übernachtungsmöglichkeiten
für 27.200 Personen, die über ein Netz von Wanderwegen mit rund 50.000 Kilometern Länge zu erreichen
sind, auch Infrastruktureinrichtungen des alpinen Skitourismus (Lifte und Seilbahnen), die zwar vorrangig dem Transport
der alpinen SkitouristInnen dienen, zum Teil jedoch auch von BergsportlerInnen genutzt werden.
Bergsport und Gesundheit
Bergsportaktivitäten liegen nicht nur im Trend, sondern stellen darüber hinaus einen geeigneten
Ansatz dar, die Leistungsfähigkeit des menschlichen Körpers zu erhalten und zu verbessern. Bergsportaktivitäten
sind ein hervorragendes Herz-Kreislauftraining, haben positive Wirkungen auf die Ausdauer, stärken das Immunsystem
und gelten als effektive vorbeugende Maßnahme im Kampf gegen den Altersdiabetes. Zunehmend wichtig ist auch
die stressregulierende Wirkung des Bergsports.
Risken des Bergsports in Bezug auf die Gesundheit
Neben den positiven Effekten auf die Gesundheit gehen mit der Ausübung von Bergsportaktivitäten
jedoch auch Unfall- und Verletzungsrisiken einher. Von insgesamt 206.600 Sportunfällen im Jahr 2005 entfielen
7.200 auf den Bergsport (Bergwandern, Bergsteigen). Damit liegt der Bergsport, gemessen an den absoluten Unfallzahlen,
an achter Stelle. Aussagekräftiger in Bezug auf das Unfallrisiko ist eine Aufschlüsselung der Sportunfälle
pro 1.000 Aktive. Demzufolge ist das Risiko eines Unfalls beim Snowboarden besonders hoch - rund 43 Sportunfälle
(pro 1.000 Aktive ab 15 Jahren) bilden in dieser Statistik den Extremwert. Für die Kategorie "Wandern/Bergwandern"
ist hingegen nur ein Wert von 2,5 zu verzeichnen, womit der Bergsport an zwölfter Stelle liegt.
Begriffsdefinition Bergsport
Um die ökonomischen Effekte des Bergsports in Österreich im Detail zu analysieren, bedarf es
zunächst einer allgemein gültigen Definition des Begriffs "Bergsport", welche bis dato allerdings
nicht existiert. Dem internationalen Usus folgend wird daher auf die so genannte "Tirol Deklaration"
zurückgegriffen, die jene Formen sportlicher Aktivitäten am Berg auflistet, die üblicherweise zum
Bergsport gezählt werden. Der Bergsport umfasst demnach "Bergwandern, Trekking und Bergsteigen",
"Klettersteiggehen", "Hochtourismusaktivitäten", "Skibergwandern und -steigen",
"Bergklettern" (beinhalten u.a. Bouldern, Klettern an Kunstwänden, Expeditionsbergsteigen, etc.)
sowie diverse "Spezialformen des Kletterns" (z.B. das Höhlenklettern). |