Autofahrer müssen ab März mit Eintreibung von Verkehrsstrafen rechnen
Wien (pk) - Wer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union eine Verwaltungsstrafe
erhält, muss künftig damit rechnen, dass die verhängte Geldstrafe bzw. Geldbuße von einer
österreichischen Behörde eingetrieben wird. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Regierung wurde am 28.11.
vom Verfassungsausschuss des Nationalrats mehrheitlich gebilligt und soll am 1. März in Kraft treten.
Allerdings werden nur Strafen über 70 € vollstreckt, zudem muss die ausländische Behörde ausreichende
Unterlagen vorlegen.
Basis für das so genannte EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz bildet ein EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr
2005, in dessen Rahmen die EU-Mitgliedstaaten vereinbart haben, verhängte Verwaltungsstrafen wechselseitig
zu vollstrecken. Damit soll etwa sichergestellt werden, dass Verkehrssünder, die im Ausland Verkehrsvorschriften
verletzen, nicht ungestraft davon kommen. Als besonderer Anreiz wurde vorgesehen, dass der Erlös aus der Vollstreckung
grundsätzlich dem Vollstreckungsstaat zufließt.
In Österreich werden dem vorliegenden Gesetzentwurf zufolge die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften
bzw. Magistrate) für die Eintreibung von im Ausland verhängten Verwaltungsstrafen zuständig sein,
wobei genau determiniert ist, in welchen Fällen die Vollstreckung unzulässig ist. So ist eine Vollstreckung
nicht nur dann zu verweigern, wenn die ausländische Behörde unvollständige Unterlagen vorlegt und
die verhängte Geldstrafe unter 70 € liegt, sondern etwa auch, wenn die Vollstreckbarkeit nach österreichischem
Recht verjährt ist oder die betreffende Person nach österreichischem Recht zur Tatzeit strafunmündig
war. Außerdem muss die Vollstreckungsbehörde den Bestraften gemäß einem Abänderungsantrag
vor der Vollstreckung der Strafe zunächst zur Zahlung auffordern und ihm dabei Gelegenheit geben, sich zu
den möglichen Gründen für eine Verweigerung der Vollstreckung zu äußern. Strafen von
Finanz- und Zollbehörden sind ausdrücklich nicht vom Gesetz umfasst.
Ursprünglich hätte das Gesetz bereits mit 1. Juli 2007 in Kraft treten sollen, nun wurde der Inkrafttretenstermin
per Abänderungsantrag um acht Monate verschoben und ausdrücklich festhalten, dass Übertretungen,
die vor dem 1. März 2008 begangen wurden, nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.
Im Gesetz enthalten sind auch Bestimmungen über die Vollstreckung österreichischer Verwaltungsstrafen
in anderen EU-Ländern. Da in diesem Zusammenhang immer wieder Schwierigkeiten bei der Lenkerermittlung auftreten,
regt der Verfassungsausschuss in einer Entschließung an, das Gesetz ein Jahr nach Inkrafttreten zu evaluieren
und entsprechend zu reagieren, wenn es mit bestimmten Ländern gehäuft Probleme gibt.
Beschlossen wurde das EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz mit den Stimmen der Koalitionsparteien. Die Opposition
stimmte zwar mit den Zielen der Novelle überein, äußerte aber die Befürchtung, dass sich künftig
ein Ungleichgewicht zwischen der Bestrafung österreichischer Verkehrssünder im Ausland und der Bestrafung
ausländischer Verkehrssünder im Inland ergeben werde. Da EU-weite Regelungen über den Austausch
von KFZ-Halter- und Lenkerdaten fehlten, fürchtet etwa G-Abgeordneter Albert Steinhauser, dass Schnellfahren
ausländischer Fahrer in Österreich weiter ein Kavaliersdelikt bleibt.
BZÖ-Abgeordneter Herbert Scheibner hielt fest, der erste Eindruck, den er von der Regelung gehabt habe, sei
ein positiver gewesen, bei näherer Betrachtung habe er aber das Gefühl bekommen, dass Österreich
"ein bisschen Musterschüler ist". Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) sprach von einer vernünftigen
Vorgabe, allerdings müsse die Gegenseitigkeit funktionieren.
Seitens der Koalitionsparteien begrüßten die Abgeordneten Hannes Fazekas (S), Heribert Donnerbauer (V)
und Helmut Kukacka (V) die Gesetzesvorlage. Fazekas hoffte, dass damit künftig fragwürdige Praktiken
des Inkassos ausländischer Verkehrsstrafen abgestellt werden. Kukacka und Donnerbauer räumten ein, dass
die Einwände der Opposition nicht unberechtigt seien, sie verwiesen jedoch auf die geplante Evaluierung des
Gesetzes. Für Kukacka liegt der "Pferdefuß" darin, dass es keine einheitliche Lenkererhebung
in Europa gebe. Allerdings könne man erst dann reagieren, wenn sich tatsächlich herausstelle, dass ausländische
Verkehrssünder in Österreich bessergestellt seien als österreichische Verkehrssünder im Ausland,
sagte er. Den Rechtsschutz sehen beide Abgeordnete durch das Anhörungsrecht betroffener Autofahrer gewährleistet.
Staatssekretärin Heidrun Silhavy betonte, es müsse im Interesse aller sein, dass Verkehrsregeln in ganz
Europa eingehalten würden. Es gehe aber nicht nur um die Eintreibung von Verkehrsstrafen, sondern etwa auch
um Umweltstrafen, unterstrich sie. |