Leonard Orban gegen "lingua franca" in der Europäischen Union   

erstellt am
13. 12. 07

EU-Kommissar im Gespräch mit Abgeordneten und Bundesräten
Wien (pk) - Der für die Mehrsprachigkeit zuständige EU-Kommissar Leonard Orban bekannte sich am 13.12. in einem Meinungsaustausch mit österreichischen Abgeordneten und Bundesräten zur sprachlichen Vielfalt in der Union und betonte mit Nachdruck, die EU verfolge nicht den Grundsatz einer "lingua franca", sondern baue vielmehr auf der Vielsprachigkeit auf. Dies sei auch eine Frage von politischer Dimension, zumal gerade die kleineren Mitgliedstaaten in der Anerkennung ihrer Sprache ein wichtiges Zeichen sehen, "dass sie am Tisch sitzen". Orban plädierte dafür, auch weiterhin alle EU-Dokumente in sämtliche offizielle Sprachen der Union zu übersetzen und meinte, die hohen Kosten dürften kein Argument für diesbezügliche Einschränkungen sein. Das Recht der Bürger zu verstehen und verstanden zu werden sei Teil der Demokratie. Eine Abkehr von der Übersetzungspraxis wäre wohl nicht die richtige Antwort auf die vielfach geäußerte Kritik des mangelnden Dialogs der Union mit ihren Bürgern, warnte Orban.

In dem Gespräch mit österreichischen MandatarInnen im Parlament skizzierte Orban weiters die Prioritäten seiner Arbeit als Kommissar und hob neben dem Stellenwert der Sprachenvielfalt auch die Propagierung des Fremdsprachenunterrichts in der Union hervor. Orban ging dabei von dem Grundsatz aus, dass das Erlernen von Fremdsprachen allen, und nicht nur einem kleinen elitären Kreis zugänglich sein müsse. Klar war er sich auch über die Bedeutung des Erlernens einer Fremdsprache für die Integration von Zuwanderern. Neben der politischen Dimension der Mehrsprachigkeit, die vor allem eine Folge des wachsenden Regionalismus ist, wies Orban darüber hinaus auch auf den Zusammenhang zwischen Mehrsprachigkeit und Wirtschaft, Innovation, Forschung und Entwicklung hin.

Die Vizepräsidentin des Bundesrates Anna Elisabeth Haselbach (S), die das Gespräch leitete, trat ebenfalls für die Übersetzung der EU-Dokumente in alle Sprachen ein – dies vor allem aus praktischen Gründen, wobei sie bemerkte, Politiker werde man nicht aufgrund der Fremdsprachenkenntnisse. Weiters beteiligten sich an der Diskussion mit Kommissar Orban auf österreichischer Seite die Abgeordneten Elisabeth Hlavac (S), Beatrix Karl (V), Gertrude Brinek (V), Dieter Brosz (G) und Bundesrat Albrecht Konecny (S).

Im Rahmen seines mehrtägigen Aufenthalts in Österreich wird Leonard Orban u.a. das Europäische Fremdsprachenzentrum in Graz sowie eine Europäische Mittelschule in Wien besuchen.
 
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