RH-Präsident Moser: Überlange Verfahren kosten 37 Mill. Euro
pro Jahr
Wien (pk) - Der Rechnungshofausschuss befasste sich in seiner Sitzung am 18.12. vorerst mit der Flüchtlingsbetreuung.
In seinem Bericht setzt sich der Rechnungshof vor allem mit der langen Dauer von Asylverfahren kritisch auseinander.
Die kontinuierliche Erhöhung der Anzahl unerledigter Berufungsverfahren habe einen gravierenden Anstieg der
Versorgungskosten bewirkt, heißt es im Bericht, wobei der Rechnungshof die seiner Meinung nach vermeidbaren
Kosten mit insgesamt 325 Mill. Euro beziffert. Als Grund für die lange Verfahrensdauer nennen die Prüfer
u.a. Mängel im Personalmanagement, mangelnde Koordination einzelner Organisationseinheiten, fehlende Kontrollmechanismen
und veraltete IT-Lösungen für die Asylbehörden, wobei sie einzelne Verbesserungsmaßnahmen
des Innenressorts durchaus würdigen.
Zu den Empfehlungen des Rechnungshofs zählen auch die personelle Aufstockung der Polizeiinspektion Traiskirchen,
Kosteneinsparungen bei der medizinischen Betreuung von Asylwerbern und die Schaffung eines institutionalisierten
Konfliktregelungsmechanismus bei Konflikten zwischen Bund und Ländern über die Grundversorgung von Asylwerbern.
Er macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass die Mehrzahl der Bundesländer die in der Grundversorgungsvereinbarung
verankerten Unterbringungsquoten für Asylwerber nicht erfüllt und zum Stichtag 19. Jänner 2006 rund
die Hälfte der in Bundesbetreuungseinrichtungen Versorgten in Unterkünften im Verantwortungsbereich der
Länder unterzubringen gewesen wäre.
Grundsätzlich positiv beurteilt der Rechnungshof die Einrichtung von Integrationswohnhäusern für
Asylberechtigte sowie die angebotene Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe für Asylwerber mit geringen
Aussichten auf Asyl, wobei die Prüfer jedoch darauf drängen, die Rückkehrberatung bereits in ein
möglichst frühes Verfahrensstadium zu legen. Im Rahmen der Rückkehrhilfe erhalten Betroffene u.a.
Unterstützung bei der Erlangung von Reisedokumenten und Überbrückungshilfe, wenn sie freiwillig
in ihre Heimat zurückkehren. Laut Aufstellung internationaler Hilfsorganisationen nahmen im Jahr 2005 1.405
Asylwerber diese Hilfe an.
Abgeordneter Kurt Gaßner (S) erkundigte sich in der Debatte danach, wie viele Asylanträge es heute gebe
und wie lange die Verfahren in anderen europäischen Ländern dauern. Eine weitere Anfrage betraf die Vertragserfüllung
der Bundesländer im Jahr 2007.
Abgeordneter Erwin Hornek (V) betonte, der Bericht untermauere mit Zahlen die Schwierigkeiten der Vergangenheit
und zeige Einsparungspotentiale auf. Die gesetzlichen Veränderungen der letzten Jahre machten aus seiner Sicht
Sinn. Wie effizient hat der UBAS gearbeitet? Wie hoch sind die Gerichtskosten, mit denen die Steuerzahler belastet
werden, betrug doch die Berufungsquote in der Zeit von 2001 bis 2005 zwischen 83 und 84 %? – So lauteten seine
Anfragen.
Abgeordneter Leopold Mayerhofer (F) wollte wissen, wie viele Asylfälle abgebaut bzw. wie viele positiv erledigt
wurden und wie viele vorbestrafte Asylwerber es gebe.
Bundesminister Günther Platter wies darauf hin, dass es seit 1945 aufgrund der geographischen Lage unseres
Landes mehr als 2 Millionen Flüchtlinge in Österreich gegeben habe, davon seien 800.000 geblieben.
1980 gab es 400.000 Asylanträge, teilte Platter weiter mit, in den letzten sechs Jahren, wo es keine Kriegsschauplätze
bei uns gebe, verzeichnete man 142.000 Asylanträge. Bis 2005 gab es in Österreich im internationalen
Vergleich eine Spitzenbelastung. Der Rechnungshof habe manche Punkte kritisch dargestellt, aufgrund des Fremdenrechtpakets
konnte manches verändert werden. Die Empfehlungen des Rechnungshofes wurden positiv aufgenommen: von den 19
Empfehlungen konnten inzwischen 13 umgesetzt werden, 5 befinden sich in der Umsetzungsphase und eine sei nicht
mehr notwendig.
Hauptkritikpunkt des Rechnungshofes seien die 27.000 unerledigten Berufungsverfahren gewesen. Man habe nun das
Personal aufgestockt, beim Bundesasylamt gibt es 54 zusätzliche Mitarbeiter, beim UBAS wurden 82 Bedienstete
neu aufgenommen. Eine massive Personalaufnahme stehe auch für 2008 aufgrund der Installierung des Asylgerichtshofes
ins Haus. Will man bis 2010 die Rückstände aufarbeiten und die Verfahren rascher durchführen, braucht
man mehr Personal, betonte der Innenminister.
2005 waren 154,7 Mill. Euro für die Bundesbetreuung aufzubringen; dies deshalb, weil auch aufgrund der 15a-Vereinbarung
die Zielgruppe erweitert wurde. 2006 reduzierte sich der Betrag infolge des Verfahrensabbaus und weniger Asylanträge
auf 138,7 Mill. Euro. Im laufenden Jahr 2007 werden sich die Kosten weiter verringern.
Seit der Beschlussfassung des Fremdenrechtspakets sei ein Rückgang der Asylanträge zu verzeichnen. Gab
es 2005 noch 22.500 neue Asylanträge, gingen sie 2006 um 40,6 % auf 13.300 zurück. 2007 rechnet man mit
einem weiteren Rückgang um zirka 12 %, sodass es zwischen 11.000 und 12.000 neue Anträge geben wird.
Mit dem Asylgerichtshof werde es laut Platter eine enorme Qualitätsverbesserung geben. Nicht mehr Einzelpersonen
werden entscheiden, sondern zwei Richter entscheiden über einen Asylantrag; kommt keine einhellige Beschlussfassung
zustande, dann befasse sich ein Fünfer-Senat damit.
Zu der Vertragserfüllung der Bundesländer teilte der Ressortchef mit, dass es aktuell 102 Asylwerber
gebe, die in die Verantwortung der Länder fallen würden, aber in der Bundesbetreuung untergebracht sind.
Zu einer Frage des Abgeordneten Josef Bucher (B) meinte der Minister, man verfolge die Zielsetzung, eine Harmonisierung
der Asylpolitik in Europa mit einer ausgewogenen Lastenverteilung zu erreichen. Es dürfen nicht einzelne Länder
die Hauptlast tragen, sondern es müsse europäische Solidarität geben.
In Österreich gebe es 50 Integrationsprojekte mit einer Gesamtförderung von 8,5 Mill. Euro; davon zahle
das Innenministerium 2,7 Mill. Euro, teilte Platter Abgeordnetem Gaßner mit.
Rechnungshofpräsident Josef Moser nannte im Zusammenhang mit einer Frage des Abgeordneten Alois Gradauer (F),
warum sich der österreichische Anteil an der Gesamtzahl aller in der EU gestellten Asylanträge vervierfacht
habe, als Auslöser für den steigenden österreichischen Anteil u.a. die unterschiedliche Asylrechtslagen,
die Dauer der Asylverfahren, die Rechtsprechung in Asylfragen, die Anerkennungsquoten, den Standard der Grundversorgung
und gruppendynamische Effekte. Moser wies auch darauf hin, dass die Kosten für Asylverfahren, die länger
als ein Jahr dauern, der Bund zu tragen habe; durch überlange Verfahren fallen für den Bund Kosten von
37 Mill. Euro pro Jahr an.
Moser bestätigte, dass 13 Empfehlungen bereits umgesetzt wurden und sich 5 in Umsetzung befinden; die Problematik
habe sich sichtbar entschärft. Man versuche jetzt, die Probleme in den Griff zu bekommen, betonte der RH-Präsident,
die Prüfung des Rechnungshofes sei notwendig gewesen. Man müsse trachten, die Asylverfahren rasch abzuwickeln,
um Klarheit zu schaffen. Man habe auch darauf zu schauen, dass die Menschen, so ihnen kein Asyl zusteht, wieder
in ihr Heimatland zurückkehren. Immerhin kehren in den ersten sechs Monaten 35 % von ihnen wieder in ihr Land
zurück; je länger sie in Österreich bleiben, desto geringer sei der Wille, in ihr Land zurückzukehren,
gab Moser zu bedenken. Der Rechnungshof, kündigte er an, werde in etwa zwei Jahre eine Follow up-Prüfung
machen. |