Gleichstellung der Frauen / Rollenbilder  

erstellt am
09. 01. 08

 Prammer: Echte Gleichstellung und ökonomische Abhängigkeit schließen einander aus
Prammer und Bures bei Festveranstaltung anlässlich des 100. Geburtstages von Simone de Beauvoir
Wien (sk) - "Wer über kein Einkommen verfügt, ist in seiner Lebensplanung nicht wirklich frei", betonte Nationalratspräsidentin und SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer am Abend des 08.01. in ihrer Eröffnungsrede im Rahmen der Festveranstaltung "Das andere Geschlecht - Immer noch anders?" anlässlich des 100. Geburtstages von Simone de Beauvoir, organisiert vom Renner-Institut und den SPÖ-Bundesfrauen. Die Politik müsse dem Gegensteuern, so Prammer weiter, man müsse etwa die Lohndiskriminierung bekämpfen und es sei auch eine Veränderung der männlichen Rolle unumgänglich. "Echte Gleichstellung und ökonomische Abhängigkeit schließen einander aus", unterstrich die Nationalratspräsidentin, es brauche daher Frauen, die immer wieder konsequent mehr Gerechtigkeit einfordern.

Seit die ersten Frauenrechtlerinnen zu kämpfen begonnen hätten sei viel geschehen. Die Chancen für Frauen seien gestiegen und auch im Bewusstsein der Frauen hätten die Ideen der Frauenbewegung Widerhall gefunden. Trotz allem sei noch vieles unerledigt, so Prammer. "Das größte Problem ist für mich der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen". Dieser habe sich in den letzten Jahren sogar vergrößert, kritisierte die Nationalratspräsidentin. Und auch die Entscheidungspositionen in Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Kirchen seien, trotz Verbesserungen, noch weitgehend in männlicher Hand.

"Wer Frauen in Beruf und Öffentlichkeit gleiche Chancen einräumen will, muss sie in der Familie entlasten", betonte Prammer. Die derzeitige Doppelbelastung, der sich Frauen ausgesetzt sehen, mache für manche Frauen die Erwerbstätigkeit uninteressant, die finanzielle Abhängigkeit berge jedoch ein erhöhtes Armutsrisiko im Alter und bringe viele Frauen dazu, Gewalt in Beziehungen jahrelang zu erdulden. Prammer kritisierte in ihrer Rede auch, dass der "Druck zur Normbiographie" wieder zugenommen habe. Kränkungen und Diffamierungen von Frauen, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen, seien wieder möglich, so die Nationalratspräsidentin, und sie verwies in diesem Zusammenhang auf die wieder aufgeflammte Abtreibungsdebatte.

Zu Simone de Beauvoir bemerkte Prammer, dass das Buch "Das andere Geschlecht" nach dessen Erscheinen im Jahr 1949 einen Sturm der Entrüstung ausgelöst habe. "Welchen Fauxpas hat Simone de Beauvoir begangen?" Die Autorin habe lediglich "gesagt was ist" und die Einschränkungen für Frauen unter die Lupe genommen und "sie hat damit an den Grundfesten des Patriarchats gerüttelt". Das bemerkenswerte an de Beauvoirs Werk sei, so Prammer, dass es nicht nur eine Beschreibung der Zustände liefere, sondern konsequent eine "Vision der Freiheit vermittelt".


Bures: Rechtliche Abschaffung des Patriarchats mit Leben erfüllen
"Feminismus heute heißt nach wie vor für die Befreiung aus der Unterdrückung zu kämpfen, dafür zu kämpfen, dass Frauen unabhängig leben können", betonte Frauenministerin Doris Bures in der anschließenden Podiumsdiskussion. Was die rechtlichen Bedingungen bezüglich Gleichstellung der Geschlechter betrifft, sei in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel geschehen, so Bures, nun gelte es, "die rechtliche Abschaffung des Patriarchats mit Leben zu erfüllen". Dies sei die Herausforderung der Frauenpolitik heute.

Legistisch habe man das Patriarchat überwunden, so Bures, und verwies in diesem Zusammenhang auf die UN-Konvention zur Gleichbehandlung, auf die österreichische Verfassung, auf das Familienrecht und das Gewaltschutzgesetz. Trotz allem sei die Lebenssituation für viele Frauen gleich geblieben. Noch immer gebe es "verstaubte Rollenklischees", nach wie vor existieren die Einkommensschere und die "Gläserne Decke". Daher, so Bures, "ist es unsere Aufgabe, die gesetzlichen Voraussetzungen spürbar, erlebbar und fühlbar zu machen".

In den letzten Jahren habe eine "Bildungsrevolution" stattgefunden, es gebe mehr weibliche Maturanten und Universitätsabsolventen als männliche. Trotz allem habe man beispielsweise bei den Universitätsprofessoren ein Verhältnis von 85 Prozent zu 15 Prozent, es gebe in Österreich lediglich eine Rektorin und nur 10 Prozent der Aufsichträte in Österreich seien weiblich. Die Erfahrung habe gezeigt, so Bures, dass es nicht reiche, an das Gewissen der Männer zu appellieren, sondern es brauche legistische Instrumente. Deshalb trete sie für eine Wirtschaftsförderung ein, die an die Frauenförderung in Betrieben geknüpft sei und auch vermehrte Quotenregelungen seien anzudenken.

"Feminismus führt nicht zu Kinderlosigkeit", so Bures. Dies sehe man an anderen Staaten, die sich verstärkt für die Rechte der Frauen einsetzen würden. Für sie gehe darum, dass jede Frau ihr Lebenskonzept entwickeln könne und dass es trotz Kindern möglich sei, eine Karriere zu machen und ein gutes Einkommen zu erwirtschaften. "Ich möchte, dass das, was für Männer selbstverständlich ist, auch für Frauen selbstverständlich ist", betonte die Frauenministerin.

 

 Mojzis: de Beauvoir war Wegweiserin zu selbstbestimmtem Leben
ÖVP-Bundesgeschäftsführerin erinnert an den 100. Geburtstag der französischen Schriftstellerin und Philosophin
Wien (övp-pd) - "Simone de Beauvoir ist für viele Frauen die Wegweiserin zu einem selbstbestimmten Leben", erinnert ÖVP-Bundesgeschäftsführerin Michaela Mojzis an die französische Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir. "Ich habe von ihr gelernt, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen", so Mojzis, die selbst alle Werke de Beauvoirs - zum Teil mehrmals - gelesen hat.

Die Freiheit zu wählen ist für Mojzis eine zentrale Botschaft der Französin. "Ich nehme mein Leben selbst in die Hand - unabhängig von einer Beziehung mit einem Mann. Jede Frau kann und soll ihr Schicksal selbst bestimmen", so Mojzis. "Das habe ich aus ihren Werken gelernt und ich habe es aus Überzeugung bereits mehreren Frauen mit auf den Weg gegeben", betont die ÖVP- Bundesgeschäftsführerin anlässlich des Geburtstages von Simone de Beauvoir.

 

 Weinzinger: Schluss mit der Bevormundung von Frauen durch die ÖVP
Die ÖVP ist gefordert, sich für Verhütungsmittel auf Krankenschein einzusetzen
Wien (grüne) -
„Von der ÖVP kommt beinahe täglich ein neuer Vorschlag zur Bevormundung von Frauen, die eine Abtreibung planen. Die von Justizsprecher Donnerbauer und Frauensprecherin Rauch-Kallat vorgeschlagenen Zwangsverpflichtungen von Frauen zu immer mehr Beratungen und Auflagen, sind strikt abzulehnen“, so Brigid Weinzinger, Frauensprecherin der Grünen. Oberstes Ziel sollte es sein ungewollte Schwangerschaften zu verhindern, so dass Frauen erst gleich gar nicht in die Situation kommen, dass sie sich für oder gegen eine Abtreibung entscheiden müssen. „Die ÖVP ist gefordert, sich für Verhütungsmittel auf Krankenschein einzusetzen und die ‚Pille danach’ endlich frei zu geben. Denn bei der Freigabe der ‚Pille danach’ steht ausgerechnet die ÖVP-Gesundheitsministerin Kdolsky auf der Bremse“, meint Weinzinger und weiter: „Im Bereich Verhütung gibt es in Österreich noch großen Nachholbedarf. Bevormundungen und Schikanen von Frauen, die ungewollt schwanger werden, sind jedoch höchst überflüssig“.

 

 Rosenkranz: Steinzeit-Feminismus Simone de Beauvoirs gehört endlich überwunden
Selbstbestimmtes Leben mit Mutterschaft versöhnen
Wien (fpd) - Die veraltete Weltsicht von Simone de Beauvoir könne wohl kaum zukunftsweisend sein, meinte FPÖ-Familiensprecherin NAbg. Barbara Rosenkranz zu den Aussagen von Ministerin Bures. Ein Gesellschaftsprogramm, das auf Kinderlosigkeit aufbaue, sei kein Überlebensprogramm, sondern ein Programm, um das Ende einer Gesellschaft herbeizuführen. Simone de Beauvoir war nämlich der Meinung, dass Frauen prinzipiell keine Kinder bekommen sollten und bezeichnete in ihrem Buch "Das andere Geschlecht" die Frau in der Schwangerschaft als "ein mit Flüssigkeiten gefülltes Objekt".

Dieser dumpfe rückwärtsgewandte Steinzeit-Feminismus gehöre endlich überwunden, meinte Rosenkranz. Ganz im Gegenteil müsse man Maßnahmen setzen, die es Frauen ermöglichten, ein selbstbestimmtes Leben mit der Mutterschaft zu versöhnen. Nur so könne man auch eine lebenswerte Gesellschaft bilden und erhalten. Daher müsse man schleunigst daran gehen, nicht die Mutterschaft abzuschaffen, sondern alle Benachteiligungen, die Frauen daraus entstünden.

Rosenkranz erhob daher folgende Forderungen: Tatsächliche Berücksichtigung dieser gesellschaftserhaltenden Leistung im Pensionsrecht; Berücksichtigung der Kinderkosten im Steuerrecht (Familiensteuersplitting); Konzept zum erleichterten beruflichen Wiedereinstieg nach der Familienaufbauphase; es könne schließlich nicht sein, dass Frauen, die sich der Betreuung ihrer Kinder in deren ersten Lebensjahren gewidmet hätten, dann dafür quasi bestraft würden, indem ihnen der Anschluss ans Berufsleben erschwert würde.

Es sei sehr bedauerlich, wenn sich die Frauenministerin am Gestern orientiere und nicht am Morgen. Sich Simone de Beauvoir zum Vorbild für heutige und morgige Politik zu nehmen, sei ungefähr das gleiche, als würde ein Physiker behaupten, die Sonne drehe sich um die Erde, meinte Rosenkranz.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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