Besseres Richtungshören bei Cochleaimplantaten    

erstellt am
08. 01. 08

Kontrollierte Zufälligkeit verbessert Richtungshören mit Cochleaimplantaten / Publikation in PNAS
Wien (öaw) - Cochleaimplantate (CIs) aktivieren den Hörnerv mittels im Innenohr eingebauter Elektroden. Ist die Stimulation jedoch zu regelmäßig, geht die beidohrige Hörverarbeitung des Gehirns drastisch zurück. Diese wird jedoch für das gezielte Richtungshören benötigt. In der Online-Ausgabe der US-Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS)" zeigen Forscher des Instituts für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), wie dem entgegengewirkt werden kann. Sie stimulieren den Hörnerv nach einem zufälligen Muster, welches die Richtungsinformation beibehält. Das Richtungshören kann damit verbessert werden.

Cochleaimplantate (CIs) können gehörlosen oder hochgradig schwerhörigen Menschen ihr Hörvermögen wiedergeben. Dabei werden akustische Signale in elektrische Pulse umgewandelt, welche die Hörnervenzellen in der Hörschnecke (Cochlea) mittels einer implantierten Elektrode direkt anregen. Damit erreichen viele CI-Träger eine hohe Sprachverständlichkeit.

Eine weitere wichtige Funktion des Gehörs ist die Lokalisation - also die Richtungsbestimmung - von Schallquellen. Dafür ist die Auswertung der an beiden Ohren ankommenden akustischen Signale notwendig, insbesondere der bei seitlichem Einfall einer Schallquelle auftretenden Laufzeitdifferenzen zwischen den Ohren (engl: interaural time difference, ITD). Um CI-Trägern das Richtungshören zu ermöglichen, wurde vor mehreren Jahren begonnen, CIs beidseitig zu implantieren. Dies führte tatsächlich zu einer Verbesserung der Lokalisation von Schallquellen.

Derzeitige CI-Systeme haben das Problem, dass die Sprachsignalübertragung hohe Pulsraten erfordert, die nachteilig sind für die Wahrnehmbarkeit von ITDs und somit der Richtungsinformation.

Eine Lösung für dieses Problem wurde am Institut für Schallforschung der ÖAW gefunden. Der Psychoakustiker Bernhard Laback entwickelte zusammen mit seinem Kollegen Piotr Majdak folgende Hypothese: Der Grund für die schlechte Wahrnehmbarkeit von ITDs bei hohen Pulsraten liegt darin, dass die beidohrige Hörverarbeitung des Gehirns gewissermaßen "einschläft". Ursache ist die bei elektrischer Anregung des Hörnervs typische Regelmäßigkeit der neuronalen Reaktion. "Unsere Idee war daher, durch die Einführung einer Art kontrollierten Zufälligkeit in der Zeitstruktur der elektrischen Anregungspulse das beidohrige Gehör wach zu halten", erklärt Bernhard Laback. Kontrolliert wird die Zufälligkeit unter anderem dadurch, dass sie zwischen den beiden Ohren koordiniert wird.

In Experimenten mit CI-Trägern konnten die Forscher zeigen, dass die Wahrnehmbarkeit von ITDs durch die Einführung kontrollierter Zufälligkeit tatsächlich wesentlich verbessert werden kann. Laback: "Die Ergebnisse der Studie können direkt in die Entwicklung neuer CI Systeme einfließen." Auch geben sie neue Einblicke in die neuronale Verarbeitung von Richtungsinformation: Kontrollierte Zufälligkeit in der Zeitstruktur hält das beidohrige Gehör "wach".
 
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