Slowenien und Österreich auf dem Weg in eine gute gemeinsame Zukunft   

erstellt am
18. 01. 08

France Cukjati zur europäischen Dimension einer Nachbarschaft
Wien (pk) - Im Rahmen seines Besuchs bei Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Hohen Haus referierte der Präsident der Nationalversammlung der Republik Slowenien France Cukjati am 17.01. über die "Europäische Dimensionen der österreichisch-slowenischen Nachbarschaft" und stellet sich im Anschluss daran der Diskussion mit einem prominent besetzten Podium unter der Moderation von Miroslav Polzer, dem Leiter des Österreichischen Wissenschaftsbüros Ljubljana. In allen Wortmeldungen klang Begeisterung über die enorme Dynamik in der Entwicklung der Beziehungen zwischen Österreich und Slowenien in Wirtschaft, Kultur und Politik an sowie Zuversicht und Optimismus für eine gute gemeinsame Zukunft in Europa.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zeigte ihre Bewunderung für die Erfolgsgeschichte Sloweniens, erinnerte an den Beitritt zur EU, zur EURO-Zone und kürzlich zum Schengen-Raum, machte auf die hervorragenden Wirtschaftsdaten aufmerksam und nannte die besonderen Herausforderung, vor denen Slowenien in seiner EU-Ratpräsidentschaft stehe: die Ratifizierung des Lissabonner Vertrags und wichtige Entscheidungen im Rat der Europäischen Union. "Österreich wird an ihrer Seiten stehen", sagte die Nationalratspräsidentin ihrem slowenischen Amtskollegen zu. Denn aus der Tatsache, dass die Slowenen Österreich ihr als ihr liebstes Nachbarland nennen, erwachse Österreich ein besonderer Auftrag, meinte Prammer. Überdies sei Slowenien der zwölftgrößte Außenhandelspartner Österreichs und Österreich der größte Investor in Slowenien sowie dessen drittwichtigster Exportmarkt. Präsidentin Prammer zeigte sich zuversichtlich für eine gute Weiterentwicklung der österreichisch-slowenischen Beziehungen und sah es als ein gutes Zeichen und als den richtigen Weg an, wenn in Kärnten immer mehr deutschsprechende Kinder in slowenischsprachige Kindergärten und Schulen zu gehen, um dort Slowenisch zu lernen.

Präsident France Cukjati stellte einleitend fest, es wäre einfach unvernünftig, würden Österreich und Slowenien die enormen Möglichkeiten nicht nützen, die in der Zusammenarbeit der beiden Länder lägen. Der Warenhandel nehme jährlich um 20 % bis 30 % zu, Österreich sei 2006 der viertgrößte Exportpartner und drittgrößter Importpartner Sloweniens gewesen. Der gemeinsame Dienstleistungssektor umfasse 1 Mrd. € und die Bedeutung des Adriahafens Koper nehme auch für Österreich permanent zu. Daher sei die Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa ein wichtiges Thema der slowenischen EU-Präsidentschaft, sagte Cukjati und erinnerte daran, dass unter dem Titel "Interreg" regionale Kooperationen von der EU mit 67 Mill. € und jeweils von Österreich und Slowenien mit 12 Mill. € gefördert werden. Durch Nutzung des gemeinsamen Potentials der Regionen in Nordslowenien, Steiermark und Kärnten können Österreich und Slowenien ihre Wettbewerbsfähigkeit gemeinsam stärken, zeigte sich der slowenische Parlamentspräsident überzeugt. In der Förderung des Tourismus sowie von kleineren und mittleren Unternehmen sah Präsident Cukjati große Entwicklungschancen für beide Länder. Es sei daher angebracht, diese Unternehmen administrativ zu entlasten, ihren Zugang zu Risikokapital zu erleichtern und ihre Kooperation mit Universitäten zu fördern, um den Wissenstransfer zu beschleunigen und Barrieren bei der Kooperation von KMU zu überwinden. Die Politik habe dabei die Aufgabe, Misstrauen im Umgang der Menschen zu überwinden und Vertrauen zu schaffen. "Wir haben gemeinsame Traditionen und gemeinsame Interessen, gute nachbarschaftliche Beziehungen versprechen uns eine gute Zukunft", schloss Präsident Cukjati.

Bernard Sadovnik (Obmann des Alpe Adria Zentrums für grenzüberschreitende Zusammenarbeit - AACC) unterstrich einleitend die Rolle der slowenischen Volksgruppe in Kärnten als Brücke zwischen Österreich und Slowenien und sprach sich dafür aus, diese Humanressource und ihre Sprachkompetenzen bei der wirtschaftlichen Kooperation verstärkt zu nützen. Österreich und Slowenien seien willkommene Partner auf dem Balkan und in Südost-Europa und sollten diesen Vorteil gemeinsam nützen. Der AACC verfolge das Ziel, die wirtschaftliche Kooperation auf der Ebene von Gemeinden, Regionen und Ländern in Kärnten, Slowenien und Friaul-Julisch-Venetien zu fördern und den Know-how-Transfer zu unterstützen. Mit Freude registrierte Sadovnik, dass der Wille zur Mehrsprachigkeit, und damit die kulturelle Vielfalt in Österreich und in Slowenien stark zunehmen.

Gerhard Draxler (Landesdirektor des ORF Steiermark) blickte zurück auf 25 Jahre österreichisch-slowenischer Beziehungen auf dem Gebiet gemeinsamer Medienproduktionen und erinnerte insbesondere an das Alpen-Donau-Adria-Magazin, in dem Journalisten aus der Schweiz, Kroatiens, Sloweniens, Österreichs und Bayerns bereits in Zeiten des Kalten Kriegs und der Systemkonfrontation für ein Millionenpublikum zusammenarbeiteten und einen wesentlichen Beitrag zu den politischen Umwälzungen in Europa geleistet haben. Jüngstes Produkt des ORF-Steiermark zur Förderung des kulturellen Dialogs ist die Initiative "Miteinander slowenisch g'redt" zur Förderung der Mehrsprachigkeit.

Caspar Einem (Präsident der österreichisch-slowenischen Gesellschaft) schilderte in launigen Anekdoten die guten Erfahrungen, die er als Staatssekretär und Innenminister bei der Zusammenarbeit mit seinem slowenischen Amtskollegen Andrej Ster seit Mitte der neunziger Jahre gemacht habe und machte seine Bewunderung für die enorme Entwicklung des südlichen Nachbarlandes deutlich. Die Unterkünfte, die Österreich nach seinem EU-Beitritt an der südlichen Staatsgrenze errichte, seien bewusst aus Holz gebaut worden, berichtete der ehemalige Innenminister, weil ihm von Anfang an klar gewesen sei, dass man sie bald wieder entfernen werde, sagte Einem. "Slowenien sei für Österreich ein Partner, wie wir keinen besseren haben könnten".

Franc Kangler (Bürgermeister der Stadt Maribor) schilderte die gute wirtschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit der Schwesternstädte Maribor und Graz und warb nachdrücklich um Unterstützung für die Bewerbung Maribors als Europäische Kulturhauptstadt 2012. Maribor plane als Kulturhauptstadt Kooperationen mit mehreren slowenischen Städten, aber auch mit dem kroatischen Varazdin, und erwarte eine "kulturelle Explosion" für die ganze Region, wenn es den Zuschlag durch die Europäische Union erhalte.

Marjana Kreitner Lozina (Koordinationsbüro Euregio Nordostslowenien-Steiermark) informierte über die Tätigkeit der beiden "Euregio"-Büros in Graz und Maribor, die sich der Entwicklung und Förderung grenzüberschreitender wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Projekte widmen. Konkret gehe es dabei um die Vernetzung von Institutionen, Behörden und Forschungseinrichtungen, um die Sammlung gemeinsamer Daten und um die Überwindung von Barrieren beim Kontakt zwischen den Menschen.

Ernest Petric (Botschafter Sloweniens in Österreich) sprach von einer außergewöhnlichen Zeit, die Slowenien seit seinem Beitritt zum Schengen-Raum und seit der Übernahme der EU-Präsidentschaft erlebe. Er sei stolz darauf, gemeinsam mit österreichischen Politikern im Budgetsaal des Parlaments sprechen zu können, in einem Raum, wo bereits am Beginn des 20. Jahrhunderts "unsere Vorfahren gemeinsam politische Entscheidungen getroffen haben". Nach einer bewegten Geschichte als Provinz Österreichs, als Teil eines Königreichs, nach Faschismus und Kommunismus "sitzen wir uns heute auf gleicher Augenhöhe gegenüber", alle Unterschiede im Status Sloweniens gegenüber seinen Nachbarländern seien nun überwunden, sagte Petric. Österreich und Slowenien können nun im gemeinsamen Haus Europa ihre gemeinsamen Erfahrungen mit dem Zusammenleben in multinationalen Staaten einbringen, sagte Botschafter Petric und schloss mit der Bitte, die noch offene Frage in Kärnten zu lösen.

Barbara Weitgruber (Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung) berichtete von der Kooperation zwischen den Universitäten Graz und Maribor sowie der beiden Akademien der Wissenschaften, insbesondere bei der Förderung des Studentenaustauschs, bei der Vermittlung von Erasmus-Stipendien und bei der Aufarbeitung von Problemen in der gemeinsamen Geschichte der beiden Länder durch Historiker. Ein wichtiges Ziel der Kooperation sei die Heranführung des Westbalkan-Raums an den europäischen Wissensraum. Für Fortschritte in diese Richtung biete die slowenische Ratspräsidentschaft große Chancen.

Wolfgang Pirklhuber resümierte als Obmann der Parlamentarischen Gruppe Österreich-Slowenien die Podiumsdiskussion, indem er die Bedeutung der vielen kleinen Schritte unterstrich, aus denen das Projekt Europa bestehe und gab aus persönlicher Erfahrung seiner Freude darüber Ausdruck, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit die Voraussetzung für das bessere Kennenlernen von Menschen schaffe.

An einem Büchertisch hatten die Teilnehmer der Veranstaltung Gelegenheit, in den zahlreichen slowenischen Publikationen der Verlage Drava, Wieser und Hermagoras/Mohorjeva zu schmökern.
 
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