Hirnforscher aus Jülich, Kiel und Köln entdecken neue Wirkungsweisen
des Hirnschrittmachers
Jülich (universität) - Ein Hirnschrittmacher verbessert bei Parkinson-Erkrankten nicht
nur die motorischen Fähigkeiten: Er kann auch Störungen der Blasenfunktion verringern. Wie er dabei in
das sensorische System im Gehirn eingreift, haben Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich zusammen mit
Kollegen aus Kiel und Köln nun erstmals beobachtet. Ihre Ergebnisse präsentieren sie in der aktuellen
Ausgabe der Fachzeitschrift "Brain".
Parkinson-Patienten leiden neben den bekannten Symptomen wie Zittern, Steifheit und Verlangsamung der Bewegungen
an weiteren Funktionsstörungen. So beklagt fast die Hälfte aller Parkinson-Patienten Blasenfunktionsstörungen,
etwa häufiges Wasserlassen oder Inkontinenz. Auch die Wahrnehmung des eigenen Körpers, das Empfinden
von Berührungen, das Sättigungsgefühl oder das Verspüren des Harndrangs ist bei vielen Parkinson-Patienten
gestört.
Die motorischen Störungen lassen sich durch elektrische Reize im Gehirn mit einem Hirnschrittmacher lindern.
Dass diese Therapie auch Blasenstörungen bessert, berichtete Dr. Jan Herzog von der Christian-Albrechts-Universität
Kiel mit Kollegen aus Köln und Jülich bereits 2006 im Fachmagazin "Brain". Nun haben die Neurologen
erstmals beobachtet, auf welche Weise der Hirnschrittmacher die sensorischen und vegetativen Funktionen des Gehirns
beeinflusst. Mit funktioneller Bildgebung (Positronen-Emissions-Tomographie, PET) hatten sie dazu die Gehirnaktivität
von Parkinson-Patienten mit ein- und ausgeschaltetem Hirnschrittmacher untersucht.
"Bereits 2006 hatten wir gesehen, dass bei Parkinson-Patienten mit ausgeschaltetem Schrittmacher ein Bereich
im Stirnhirn stärker aktiv ist, wenn sie ihren Harndrang unterdrücken. Das bedeutet, dass sie diesen
Prozess bewusster kontrollieren müssen als gesunde Menschen", sagt Dr. Herzog von der Neurologischen
Klinik des Universitätsklinikums Kiel. Die neue Studie zeigt nun, dass der Hirnschrittmacher das sensorische
Signal im Gehirn für den Harndrang verstärkt.
"Durch die Verstärkung gelangt die Information dann wieder automatisch an die Kontrollzentren im Gehir,n
und der Patient muss nicht bewusst darüber nachdenken, ob seine Blase voll ist oder nicht", erläutert
Dr. Weiss-Blankenhorn vom Forschungszentrum Jülich.
Die neuen Ergebnisse helfen, die verschiedenen Wirkungen des Hirnschrittmachers bei der Parkinsonschen Erkrankung
besser zu verstehen. "Das ist eine gute Basis, um diese erfolgversprechende Therapie langfristig weiter zu
optimieren und auch für andere Indikationen zu öffnen", freut sich Dr. Weiss-Blankenhorn.
Neben Demenzerkrankungen wie Alzheimer ist die Parkinsonsche Erkrankung die häufigste neurodegenerative Erkrankung
in Deutschland. Etwa 200 Menschen je 100 000 Einwohner leiden an Morbus Parkinson, wobei die Häufigkeit in
der älteren Bevölkerung stark zunimmt. |