ÖVP-Klubchef Schüssel in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
28. 01. 08

 Schüssel: Eine Große Koalition muss große Probleme lösen
Steuerreform: Die Steuerlast muss insgesamt gesenkt werden
Wien (övp-pd) - "Eine Große Koalition muss große Probleme lösen", betonte ÖVP-Klubobmann Dr. Wolfgang Schüssel in der "ORF-Pressestunde" am 27.01. "Ich verstehe, wenn die Menschen sauer oder wütend sind. Da sollte man sehr genau hinhören", so Schüssel in Verweis auf gebrochene Wahlversprechen, Koalitionsstreit und steigende Preise.

In puncto Koalition unterstrich Schüssel die ÖVP als Ton angebende Kraft etwa in der Pflege-Lösung: "Wir sagen ‚Ja' zu diesem Modell. Zusätzlich wollten wir auch die Straffreistellung, die letztendlich durch den Druck der Praktiker und des Hausverstandes erreicht werden konnte. Niemand muss jetzt mehr Angst haben. Es ist uns wichtig, dass man den Menschen Sicherheit gibt", so Schüssel.

Zur Teuerungsrate betonte der Klubobmann: "Es ist verständlich, dass die Menschen verunsichert sind. Hier müssen sich die Sozialpartner zusammensetzen und eine Lösung finden." In Verweis auf die Entwicklungen auf dem Börsenmarkt hielt Schüssel fest, dass man auch auf europäischer und internationaler Ebene "Gas geben" müsste. "Hier braucht es Kontrolleinrichtungen, hier ist die Politik international, europäisch und auch in Österreich gefordert."

Das Familiensplitting bezeichnete der ÖVP-Klubobmann als einen "wirklichen Fortschritt". Die ÖVP wolle "ein Steuermodell für die Kinder, aber nicht gegen die Frauen" entwickeln. Es sei "böswillig" von der SPÖ, zu behaupten, zusätzliche Leistungen für Familien würden gestrichen werden. Man müsse aber viele Anreize schaffen, um Frauen mehr Mut zum Kind zu machen. Der finanzielle Anreiz sei nur ein Aspekt. "Es ist ein Gewinn, wenn man Frauen mit Kindern a ‚à la carte'-Arbeitszeiten anbietet, sowie maßgeschneiderte Betreuungseinrichtungen."

Die Steuerbelastung in Österreich sei insgesamt zu hoch. "Die Steuern müssen insgesamt runter." Zu einer Vermögenssteuer verwies Schüssel darauf, dass SPÖ-Finanzminister Lacina diese seinerzeit abgeschafft habe. Zudem erinnerte der ÖVP-Klubobmann: "Vermögen ist immer schon mehrfach versteuertes Einkommen, mit zum Beispiel Lohn- und Einkommenssteuer. Warum man noch einmal eine zusätzliche Steuer drauflegen will, ist unverständlich." Bekannt sei aber, dass "alle Linken von mehr Steuern träumen". Die Position der ÖVP sei klar: "Der Steuertarif muss insgesamt abgeflacht werden. Insgesamt muss es zu einer Entlastung der direkten Steuern kommen."

Zur aktuellen Diskussion um Jugendgewalt betonte Schüssel, dass man das "tiefer liegende Problem" besprechen müsste. "Wir haben ein echtes Integrationsproblem." In Wien sprechen 50 Prozent der Kinder zuhause nicht Deutsch, in Hauptschulen sogar fast 60 Prozent, österreichweit gebe es einen Gesamtschnitt von nur 15 Prozent. "Die Sprache ist ein entscheidender Integrationsfaktor", so Schüssel, der darauf verwies, dass in Finnland ein Kind erst die Schule besuchen darf, wenn es ausreichend die Sprache beherrsche.

"Die wachsende Gewalt unter und von Jugendlichen darf man nicht ignorieren. Bisher haben wir zu wenig hingehört", so Schüssel. Einer Gruppe schwer sozialisierbarer, integrierbarer Jugendlicher muss eine Aufgabe gegeben werden, das ist die Idee von Jugendcamps - Jugendlichen eine Aufgabe zu geben und ein Gemeinschaftsgefühl zu vermitteln. Dieses Thema muss man auch in den Familien ernster nehmen. Gewalt entsteht aus Schweigen, Sprachlosigkeit und dem Unvermögen, eine Lösung zu finden. "Wir sind aufgerufen, miteinander die Dinge zu lösen", so Schüssel abschließend.

 

 Cap: Schüssels Familiensplitting geht an Lebensrealitäten vorbei
Cap "befremdet" über Schüssels abwertende Aussagen gegenüber ÖVP-Frauen
Wien (sk) - "Das von VP-Klubobmann Schüssel propagierte Modell des Familiensplittings käme überproportional gut- und bestverdienenden Alleinverdienern zugute. Es bietet aber keine Lösung des drängenden Problems für junge Frauen und Männer, wie Beruf und Kind bestmöglich vereinbart werden können. Es geht an der Lebensrealität des Großteils der jungen Familien vorbei", so SPÖ-Klubobmann Josef Cap zu den Aussagen Schüssels in der ORF-"Pressestunde". Obwohl Österreich bei den finanziellen Familienleistungen an der Spitze liegt, sei die Geburtenrate niedrig - "darauf kann Schüssel freilich keine Antwort geben", so Cap gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.

Im französischen Steuer-Modell, das Schüssel so propagiert und von dem sich andere Teile der ÖVP schon wieder verabschiedet haben, profitiert der stark, der viel Steuern bezahlt - "selbst wenn er keine Kinder hat"; Familien im unteren Einkommensbereich profitieren wenig oder gar nicht - eine Umverteilung nach oben also. Gleichzeitig wird Frauenbeschäftigung steuerlich unattraktiv. "Und das sind die familienpolitischen Antworten der ÖVP im 21. Jahrhundert?", so Cap. Die Motive Schüssels seien offenbar, ein konservatives Familienbild - Vater arbeitet, Mutter sorgt für Kinder, Haushalt und warmes Essen - zu forcieren. Und zweitens Best- und Spitzenverdiener zu entlasten.

"Geld spielt bei der Entscheidung, Kinder zu bekommen, natürlich eine Rolle. Aber nicht die einzige." Was junge Familien wollen, sind eine kinderfreundliche Gesellschaft und die Möglichkeit, beides zu leben - Beruf und Kinder. "Dazu brauchen wir flächendeckende ganztätige Kinderbetreuungseinrichtungen mit hoher Qualität und ganztägige Schulen, wo alle Kinder bestmöglich gefördert werden. Den Geldhahn für die aufzudrehen, die ohnehin schon wohlhabend sind, wird die Geburtenrate nicht steigern." Auch in Frankreich - so wie in den skandinavischen Ländern - ist vor allem die Tatsache, dass junge Mütter selbstverständlich arbeiten gehen können, Hauptgrund für relativ hohe Geburtenrate. Ein Blick in die Lebensrealität von Menschen, die mit Kindern leben, würde der ÖVP nicht schaden.

Befremdlich sind für Cap die abwertenden Aussagen Schüssels in Richtung ÖVP-Frauen, die laut Schüssel die Argumente der SPÖ "nachbeten". "Offenbar traut Schüssel seinen Parteifreundinnen nicht zu, dass sie eigenständig und wohlbegründet das Familiensplitting ablehnen. Das zeigt einen bedenklichen patriarchalen Geist im ÖVP-Klub", merkte Cap abschließend an.

 

 Petrovic: Der heimliche ÖVP-Chef heißt Wolfgang Schüssel
Grüne: Altkanzler für Koalition mit der Strache-FPÖ offen
Wien (grüne) - "Der heimliche Parteichef der ÖVP heißt Wolfgang Schüssel. Schüssel hält die ÖVP in Geißelhaft. Wer auch nur andenkt, von seinem Kurs abzurücken wird maßgeregelt. Molterer darf pro forma den Parteichef spielen, das Sagen in der ÖVP hat aber nach wie vor der jetzige Klubobmann", so die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Madeleine Petrovic.

"Der Altkanzler hat den ÖsterreicherInnen noch immer nicht verziehen, dass sie ihn 2006 abgewählt haben. Anders ist die Überheblichkeit nicht zu erklären, mit der Schüssel eine unumstrittene Persönlichkeit wie Caritas-Vorsitzenden Küberl beleidigt und jede einzelne Frage der Journalisten als falsch oder als unter der Würde der Fragesteller abkanzelt," so Petrovic.

"Was muss noch passieren, damit ÖVP-Klubobmann Schüssel eine Koalition mit der Strache-FPÖ ausschließt? Wenn Strache den Reform-Vertrag nicht mehr mit dem Anschluss an Hitler-Deutschland vergleicht und Winter keine Kinderschändervergleiche im Zusammenhang mit dem Islam unternimmt, sind die Freiheitlichen offenbar schon wieder regierungsfähig", so Petrovic.

 

 Strache: ÖVP forciert Brüsseler Zentralismus
FPÖ ist den österreichischen Bürgern verpflichtet – ÖVP hat als Familienpartei längst abgedankt
Wien (fpd) - "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", meinte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache zu den Aussagen von ÖVP-Klubobmann Schüssel zum Mehrheitswahlrecht in der ORF-Pressestunde. Wie Strache betonte, sei ein Mehrheitswahlrecht zutiefst undemokratisch. Wenn Schüssel seine heutigen Aussagen ernst meine, solle er dafür sorgen, dass die Diskussion zu diesem Thema in seiner Partei beendet werde.

Was das Familiensteuersplitting betreffe, sei es natürlich begrüßenswert, wenn die ÖVP damit eine langjährige freiheitliche Forderung übernehme. Den Willen zur Umsetzung habe man aber bisher nicht erkennen können, meinte Strache, der sich auch entschieden gegen die Homo-Ehe aussprach. Die ÖVP habe als Familienpartei längst abgedankt.

Hinsichtlich der Forderung Schüssels, dass die FPÖ ihren EU-Kurs ändern solle, erklärte Strache, dass die Freiheitlichen den österreichischen Bürgern verpflichtet seien. Daher würden sie auch entschieden für eine Volksabstimmung über das EU-Verfassungsdiktat eintreten und auch weiterhin die krassen Fehlentwicklungen in der EU aufzeigen. Die FPÖ sei für ein föderales Europa der Vaterländer, während die ÖVP einen zentralistischen EU-Bundesstaat forciere und jede Order aus Brüssel kritiklos bejuble.

 

 Westenthaler: Regierung soll Teuerungsausgleich umsetzen!
ÖVP hat keine BZÖ-Initiative für Entlastung mitgetragen - nur Diagnose zustellen, ist zu wenig
Wien (bzö) - BZÖ-Chef Klubobmann Peter Westenthaler machte darauf aufmerksam, dass das BZÖ seit Monaten von der Regierung Maßnahmen gegen die hohe Inflation verlange. So habe das BZÖ zu diesem Thema extra eine Parlamentssondersitzung einberufen. "Leider hat die ÖVP keine einzige Initiative des BZÖ für eine spürbare Entlastung der Menschen mitgetragen", so Westenthaler in einer Reaktion auf die Aussagen von ÖVP-Klubobmann Schüssel in der heutigen ORF-Pressestunde.

Westenthaler forderte die rot-schwarze Regierung auf, allen Haushalten bis zu einem Einkommen von 3.000 Euro sofort einen Teuerungsausgleich von 200 Euro zukommen zu lassen. "Nur eine Diagnose zu stellen ist zuwenig. Die Menschen können sich aufgrund der Teuerungs- und Belastungswelle die Grundnahrungsmittel und das Heizen nicht mehr leisten. Anstatt dem Brüsseler EU-Bürokratismus das Geld in den Rachen zu stopfen, sollte man den Menschen die Teuerungen abgelten, um die Kaufkraft zu steigern", so der BZÖ-Chef abschließend.
 
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