Wien (pk) - Im Hauptausschuss des Nationalrats wurde am 25.01. auch über
die Notwendigkeit einer Volksbefragung über den EU-Reformvertrag (Vertrag von Lissabon) diskutiert. Grundlage
dafür war ein Antrag des BZÖ auf Durchführung einer solchen Volksbefragung. Dieser wurde schließlich
mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.
Der Antrag des BZÖ, über den EU-Reformvertrag, eine Volksbefragung gemäß Art. 49b Bundes-Verfassungsgesetz
abzuhalten, gab einmal mehr Anlass zu einer Debatte über den Einsatz eines Mittels der direkten Demokratie
in dieser Frage. Klubobmann Peter Westenthaler (B) argumentierte, der EU-Reformvertrag unterscheidende sich nur
marginal vom ursprünglichen Verfassungsentwurf. Mehr als 70 % der ÖsterreicherInnen würden sich
für die Durchführung einer Volksabstimmung aussprechen, nur 14 % würden die Meinung der Regierungsparteien
teilen, wonach das Parlament über den EU-Reformvertrag entscheiden soll. Auch 25 NGOs und zahlreiche JournalistInnen
träten für die Abhaltung eines Plebiszits ein. Es wäre erforderlich, der Bevölkerung noch vor
dem Ratifizierungsprozess zumindest im Wege einer bundesweiten Volksbefragung die Möglichkeit zu geben, ihrem
Willen Ausdruck zu verleihen.
Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) hielt dem entgegen, dass 182 von 183 Abgeordneten dem ursprünglichen Verfassungsvertrag
bereits einmal zugestimmt hätten, und zwar mit gutem Grund, wie sie sagte. Der nunmehrige Reformvertrag gehe
viel weniger weit als der Verfassungsvertrag und stärke die nationale Souveränität, insbesondere
die nationalen Parlamente. Es wäre daher unlogisch, vom bewährten Prinzip der repräsentativen Demokratie
abzugehen, bemerkte sie und appellierte, keine Ängste zu schüren und Abstand von den Polemiken zu nehmen.
Ähnlich äußerte sich Klubobmann Josef Cap (S), der darauf hinwies, dass man sich für den Ratifizierungsprozess
im Parlament zwei Monate Zeit nehme und man damit ausreichend Gelegenheit für eine tiefgreifende Auseinandersetzung
habe. Mit dem Reformvertrag würden die Spielregeln für die EU der 27 geschaffen, darüber hinaus
gebe es die Grundrechte-Charta, die auch soziale Grundrechte enthalte. Ein Plebiszit sei daher substanziell nicht
begründbar.
Ginge es nach den Grünen, so wäre eine europaweite Volksabstimmung an einem Tag das richtige Instrument.
Dies sei aber nicht möglich, bedauerte Abgeordnete Ulrike Lunacek (G). Eine nationale Volksabstimmung oder
–volksbefragung halte sie für den falschen Weg, weil im Zuge dessen nicht die Inhalte des Vertrags im Vordergrund
stünden, sondern die Kommunikation von lediglich negativen Themen.
Während Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) zwar eine Volksbefragung für ein untaugliches Mittel
hielt, sprach er sich dezidiert für eine Volksabstimmung nach Beendigung des Ratifizierungsprozesses aus.
Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Haltung der EU in Fragen des Universitätszugangs, der Atomkraft
und der Gentechnik.
Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) brachte schließlich einen Antrag auf Vertagung des Antrags ein.
Die drei Oppositionsparteien sprachen sich vehement dagegen aus und befürworteten eine Abstimmung über
den BZÖ-Antrag.
Der Vertagungsantrag wurde schließlich mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP
mehrheitlich angenommen. |