Konjunkturelles Atemholen   

erstellt am
28. 01. 08

Konjunkturbarometer erholt sich – Auftragsbestände deutlich rückläufig – weiterhin positive Beschäftigungstendenz
Wien (PdI) - „Trotz des rauen Klimas auf den internationalen Kapitalmärkten hat sich der Abstieg vom Gipfel der österreichischen Industriekonjunktur im vierten Quartal des Jahres 2007 nicht weiter fortgesetzt. Zwar spiegelt der aktuelle Geschäftsgang die Abschwächung der konjunkturellen Dynamik deutlich wider, doch erwarten die befragten Unternehmen für die zweite Jahreshälfte 2008 wieder eine Aufhellung der Geschäftslage“, fasst der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Markus Beyrer, das Hauptergebnis der aktuellen IV-Konjunkturumfrage zusammen. „Vor diesem Hintergrund ist in wirtschaftlich schwierigerer Lage der noch erhaltene Rest der Konjunkturdividende für die strukturell notwendigen Entlastungsimpulse aus der kommenden Steuerreform zu reservieren.“

Der IV-Generalsekretär appellierte an die Bundesregierung, nachhaltige Zukunftspolitik zu betreiben, die die „Assets des Standortes“ erhält und zusätzliche schafft. „Die Zeit der konjunkturellen Flitterwochen ist vorbei! Wir werden noch einige Monate erleben, in denen sich der Arbeitsmarkt positiv entwickelt und sich das Füllhorn der Steuereinnahmen über Österreichs Politik und Verwaltung ergießt, aber – das sind „Nachläufer“ – das Versiegen des konjunkturgetriebenen zusätzlichen Einnahmenflusses ist nahe!“, betonte Beyrer. Mehr denn je sei es notwendig, konzentrierte Zukunftspolitik zu machen und nicht auf Kosten der Zukunft in den Budgettopf zu greifen!

Beyrer nannte als Notwendigkeiten konkret die Erarbeitung einer Steuerreform, was angesichts der steuerlichen Entwicklungen in den Nachbarländern Österreichs dringend notwendig sei. In diesem Zusammenhang kritisierte er die Verlängerung der Hacklerregelung bis 2013 als „kontraproduktiv.“ Die wirklich großen Strukturänderungen in der Verwaltung, die auch finanzielle Spielräume schaffen, seien ebenso noch ausständig, wie eine Reform des Gesundheitswesens. Von europäischer Ebene erwächst den österreichischen Industrieunternehmen im Klima- und Energiepaket der EU-Kommission zudem eine zusätzliche Belastung von bis zu 1 Mrd. Euro im Jahr ab 2013 – eine „riesige Herausforderung“.

Die Ergebnisse im Detail
Gegenüber dem 3. Quartal 2007 legt das IV-Konjunkturbarometer, das als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in 6 Monaten gebildet wird, leicht von 40 Punkten auf 43 Punkte zu. Diese temporäre Verlaufswende des Konjunkturbarometers ist ausschließlich der vorsichtig günstigeren Einschätzung der Geschäftslage auf Sicht von 6 Monaten zuzuschreiben (Saldo von +16 nach +5), während die Lagekomponente nunmehr bereits zum zweiten Mal in noch dazu verschärfter Weise keine Unterstützung mehr bietet (+69 nach +74). „In die konjunkturelle Abkühlung mischt sich ein Hauch von frühlingshaftem Konjunkturoptimismus, denn die zyklische Abschwächung trifft die Industrie nicht unvorbereitet“, formuliert IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein. „Das Abflauen der Finanzmarktturbulenzen für die zweite Jahreshälfte erwartend, beginnen die Unternehmen auf Basis der kräftigen Investitionstätigkeit der vergangenen Quartale ihren Fokus wieder auf die fortbestehenden globalen Wachstumspotenziale zu richten.“

Von den USA ausgehend schwächt sich das globale Wirtschaftswachstum allgemein ab, sodass der Gesamtauftragsbestand um 9 Punkte und damit deutlich geringer mit nunmehr +60 Punkten ausgewiesen wird. Primär wirkt dieser Rückgang derzeit noch verkürzend auf die Auftragsreichweite, während die Kapazitätsauslastung verhältnismäßig hoch bleibt. Die gute Mengenkonjunktur setzt sich somit fort. Sie erfährt dabei zuletzt wieder leichte Unterstützung aus der Komponente der Auslandsaufträge (Saldo von unverändert +60), zumal die verstärkte Auflösung von Carry Trades infolge einer höheren Risikoaversion auf den Kapitalmärkten zu einer Aufwertung des japanischen Yen und des Schweizer Franken führt, welche die Abwertung des US-Dollars partiell kompensiert.

Angesichts des derzeit noch guten Geschäftsganges in Verbindung mit den Kapazitätseffekten der kräftigen Investitionstätigkeit erwarten die befragten Unternehmen auf Sicht der nächsten drei Monate in saisonbereinigter Betrachtung eine weitere Expansion ihrer Produktionstätigkeit. „Der positive Beschäftigungstrend wird vor diesem Hintergrund bis in das Jahr 2008 hinein anhalten, wenngleich in einer gegenüber dem Vorjahr abgeschwächten Weise“, so IV-Generalsekretär Beyrer.

Sofern sich die Aufwertung der Gemeinschaftswährung nicht weiter fortsetzt, verbessern sich nach Einschätzung der befragten Unternehmen auf Sicht von drei Monaten die Chancen, den erheblichen Kostendruck über höhere Verkaufspreise zumindest zum Teil weiterzugeben. Der Indikator der Verkaufspreise legt dementsprechend per Saldo von +3 Punkten auf +8 Punkte zu. Bei einer vor dem Hintergrund der starken Mengenkonjunktur einstweilen noch überdurchschnittlich guten Ertragslage (Saldo +48 nach +49) rechnen die befragten Unternehmen folglich mit einer stabilen Entwicklung derselben auf Sicht von sechs Monaten. Der betreffende Saldo verändert sich nur marginal um 1 Punkt von +9 Punkten auf +10 Punkte.

Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 465 Unternehmen mit mehr als 290.000 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt – ähnlich wie bei dem bekannten deutschen IFO-Konjunkturklimaindex – folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.
 
zurück