Bisher unheilbarer Erbkrankheit auf der Spur   

erstellt am
24. 01. 08

Innsbrucker Neurologie erforscht Therapie zur Behandlung der "Friedreich Ataxie"
Innsbruck (universität) - Die "Friedreich Ataxie" ist die häufigste erbliche Koordinationsstörung (Ataxie) beim Menschen. Auf der Suche nach einer Therapie gegen diese bisher noch nicht heilbare Krankheit legen Innsbrucker Neurologen in Zusammenarbeit mit Wiener Biochemikern einen international beachteten Erfolg vor. "Nature" berichtet über die Pilotstudie der Innsbrucker Gruppe in der aktuellen Ausgabe des Journals "Nature Clinical Practice Neurology" als "Research Highlight".

"Bei Menschen, die an Friedreich Ataxie leiden, ist - genetisch bedingt - das Protein Frataxin verändert. Ein Funktionsverlust bzw. ein zu geringer Gehalt an Frataxin führt in den Mitochondrien, die für die Energiebereitstellung in allen Zellen des menschlichen Körpers verantwortlich sind, zu einer Zunahme des ´oxidativen Stresses` und zu einer Eisenüberladung sowie letztlich zu frühem Zelltod", erklärt Priv. Doz. Dr. Sylvia Bösch von der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie. Die Arbeitsgruppe rund um Bösch an der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie unter Leitung von Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe hat im Zuge einer weltweit ersten klinischen Pilotstudie zwölf Patienten mit Friedreich Ataxie zwischen 26 und 55 Jahren mit "rekombinantem menschlichen Erythropoietin" (rhuEPO) behandelt. Nach den Resultaten der Pilotstudie konnte durch diese Behandlung der Frataxin-Gehalt erhöht und damit ingesamt die gesundheitliche Verfassung der betroffenen Patienten verbessert werden.

"Die Patienten erhielten rhuEPO drei Mal wöchentlich subcutan - als unter die Haut verabreicht - über acht Wochen. Durch diese Behandlung verbesserte sich im Mittel der Frataxin-Gehalt in den weißen Blutkörperchen von Patienten mit Friedreich Ataxie um 27 Prozent. Darüberhinaus konnten wir nachweisen, dass sich durch diese Behandlung auch der oxidative Stress deutlich verringert", betont die Neurologin. Unerwartet verbesserte sich laut Bösch nach nur acht Wochen Behandlung mit rhuEPO die gesamte gesundheitliche Verfassung der Patienten. Das Innsbrucker Team ist bei der Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen international renommiert. Derzeit wird im Zuge weiterer Studien geklärt, welcher Wirkungsmechanismus im Detail bei der Behandlung mit rhuEPO zu einer Erhöhung von Frataxin bei Friedreich Ataxie führt.

Das Hormon Erythropoietin wird in der Niere des Menschen produziert. Neben seiner blutbildenden (erythropoetischen) Wirkung, die für die Namensgebung ausschlaggebend war, spielt es bei zahlreichen biologischen Vorgängen eine wichtige Rolle. Erst seit Kurzem wird Erythropoietin wegen seiner breiten neuro- und kardio-protektiven Wirkungen in der internationalen Medizin intensiv erforscht. Ausschlaggebend für die Innsbrucker Pilotstudie war die Beobachtung von Wiener Biochemikern, dass sich bei einer Behandlung mit rhuEPO in Zellkulturen der Gehalt an Frataxin in weißen Blutkörperchen erhöht.

Die Friedreich Ataxie wurde erstmals 1881 vom deutschen Neurologen Nicolas Friedreich beschrieben. Sie ist eine genetisch bedingte und fortschreitende neurologische (neurodegenerative) Erkrankung. In Europa tritt sie in einer Häufigkeit (Inzidenz) von rund 1:50.000 auf. Allerdings ist etwa jeder 50. bis 60. gesunde Mensch Anlageträger (heterozygot) dieser autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung. Die Friedreich Ataxie trifft daher unterschiedslos Frauen und Männer. Sie setzt häufig im Kindes- und Jugendalter mit Gang- und Gleichgewichtsstörungen ein. "Betroffene" sind leider rasch auf den Rollstuhl angewiesen. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es oft zu einer Herzmuskelschwäche, einer so genannten Kardiomyopathie und deren Komplikationen sind bisher leider für einen frühen Tod der Patienten verantwortlich", betont Bösch.

Publikation: Sylvia Boesch, MD Brigitte Sturm, PhD, Sascha Herin, MD, Hans Goldenberg, PhD, Werner Poewe, MD and Barbara Scheiber-Mojdehkar, PhD, Friedreich´s Ataxia: Clinical Pilot Trial with Recombinant Human Erythropoietin, Nature Clinical Practice Neurology (2007) 3, 650.
 
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