Finanztransaktionssteuer  

erstellt am
22. 01. 08

 Gusenbauer plädiert für EU-weite Finanztransaktionssteuer
Für "beharrliches, kompetentes und gemeinsames Vorgehen"
Wien (sk) - Klar für eine Finanztransaktionssteuer (FTS) auf EU-Ebene plädierte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer bei einer Veranstaltung des Ökosozialen Forums zum Thema "Besteuerung von Finanztransaktionen" am 21.01. Es gebe in Österreich "große Bereitschaft, sich mit den neuen Finanzierungsmitteln für die Entwicklungszusammenarbeit und für die Aufgaben der EU einzusetzen", so Gusenbauer. Zwar sei klar, dass die Thematik neuer Finanzierungsinstrumente "kontrovers" sei, dennoch sollte "unsere Rolle darin bestehen, beharrlich und kompetent darauf hinzuweisen, dass Finanztransaktionssteuern technisch möglich sind und ein gemeinsames Vorgehen wichtig ist." Eine minimale FTS etwa auf kurzfristige und extrem häufige Börsenspekulationen wäre auch "ein Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit", so der Bundeskanzler.

Die öffentlichen Ausgaben für Investitionen in den Klimaschutz, in die Infrastruktur, in die Gesundheit oder in den nationalen Zusammenhalt würden immer mehr und müssten finanziert werden. "Die unkoordinierte Besteuerung auf nationaler Ebene, die sich zunehmend auf die Besteuerung des Faktors Arbeit stützt, wird dieser Herauforderung nicht gerecht. Ein gemeinsames europäisches Vorgehen, wie zum Beispiel die Einführung einer europaweiten Devisentransaktionssteuer, sehr wohl", bekräftigte Gusenbauer. Auch im Regierungsprogramm habe man ein gemeinsames Eintreten für innovative Finanzierungsmöglichkeiten vereinbart, so Gusenbauer, der klarmachte: "Wir werden uns im Rahmen der europäischen Institutionen für die Durchführbarkeit und einleitende Umsetzung EU-weiter Steuern, wie zum Beispiel die Devisentransaktionssteuer, einsetzen." Österreich werde hier "mit guten Argumenten als kompetenter Fürsprecher" auftreten, ergänzte Gusenbauer.

Der Bundeskanzler unterstrich in seinem Statement, dass "nicht alle Spekulationen zum Guten wirken". Auch sei es durch das Internet sehr einfach geworden, zu niedrigen Gebühren mitzuspekulieren, so Gusenbauer, der hervorhob, dass eine steuerliche Begünstigung von schnellem Geld "nicht sehr fair" sei. Auch träfen viele Gegenargumente bezüglich der Einführung einer FTS heute nicht mehr zu: So sei eine weltweite Einführung einer FTS heute beispielsweise nicht mehr nötig, führte Gusenbauer aus, der unterstrich, dass eine EU-weite Einführung technisch machbar sei. Gusenbauers abschließende Forderung: "Die Steuerpolitik soll Transaktionen, die laufend billiger werden, mit geringfügigen Steuern oder Abgaben belegen".

 

 Molterer: "Diskussion zu Finanztransaktionssteuer darf keine Anti-Globalisierungsdebatte sein"
"Ziel ist mehr Transparenz für Stabilität auf Finanzmärkten und Stärkung von Wachstum und Beschäftigung"
Wien (bmf) - Bei einer Podiumsdiskussion des Ökosozialen Forums zum Thema Finanztransaktionssteuer betonte Vizekanzler Finanzminister Wilhelm Molterer, dass bei diesem Thema in Österreich ein breiter Konsens herrsche. "Die Diskussion zum Thema Finanztransaktionssteuer ist eine zukunftsgerichtete. Gleichzeitig darf diese Diskussion aber keine Anti-Globalisierungsdebatte sein. Denn Globalisierung und die Offenheit der Märkte haben Österreich einen Wachstumsschub gebracht. Ich halte das Thema Finanztransaktionssteuer insgesamt für eine Chance, weltweite Ungleichgewichte in den Griff zu bekommen", so der Vizekanzler.

Die Finanz- und Kapitalmärkte haben eine wichtige Bedeutung für die Schaffung von Wachstum und Beschäftigung. "Die globalen Finanzmärkte sind ein Grundpfeiler für eine starke Weltwirtschaft und stabile Märkte sind Voraussetzung für eine stabile Wirtschaftsentwicklung. Die brauchen wir - vor allem, um Wachstum zu stärken und so mehr Arbeitspätze zu schaffen. Dafür müssen wir auch mehr Transparenz schaffen. Eine Finanztransaktionssteuer könnte ein Ansatzpunkt sein", so Molterer.

Die Finanztransaktions-Debatte sei ein interessanter Ansatz, der nicht im Gegensatz zur Wachstums- und Beschäftigungs-Strategie in Österreich und der EU stehe. "Das ist eine Standortfrage. Daher müssen wir sie auch auf europäischer Ebene diskutieren und dort eine Lösung finden. Österreich wird dabei eine aktive Rolle spielen. Klar ist, dass hier ein weiter Weg zu gehen ist, denn die Diskussion wird auf europäischer Ebene sehr kontroversiell geführt", meinte der Vizekanzler.

Man dürfe auch den globalen Zusammenhang in der Diskussion nicht vergessen. "Mir ist vor allem die langfristige Perspektive wichtig. Eine stärker Eigenmittel-finanzierte EU ist auch eine stärkere EU - und die wollen wir als selbstbewußtes Österreich. Nur eine starke EU kann wichtige supranationale Aufgaben wie den Klimaschutz auch adäquat erfüllen. Dafür brauchen wir auch supranationale Finanzinstrumente", schloss der Vizekanzler.

 

Breiter Konsens für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer
Bei einer Veranstaltung des Ökosozialen Forums Europa gibt es breite Zustimmung von Politik und Experten zu einer Besteuerung von Finanztransaktionen
Wien (OTS) - Möglichkeiten und Grenzen einer Besteuerung von Finanztransaktionen in der EU standen im Mittelpunkt einer Veranstaltung des Ökosozialen Forums in Wien. Dabei gab es einen breiten Konsens für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der Europäischen Union. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer, Franz Fischler, der Präsident des Ökosozialen Forums sowie Jean-Pierre Landau, stv. Gouverneur der französischen Nationalbank sehen in einer Bagatellbesteuerung auf Finanztransaktionen vor allem Chancen für die EU. Als Vorteile werden vor allem die prognostizierten Einnahmen für supranationale Aufgaben der EU, eine Erhöhung der Transparenz und der Steuer-gerechtigkeit genannt. Experten des Wirtschaftsforschungs-institutes sehen durch eine geringe Besteuerung keine Gefahr für die Finanzmärkte der EU.

Fischler: "Die Zeit ist reif für eine internationale Abgabe."
In seinem Eröffnungsstatement fordert Franz Fischler, der Präsident des Ökosozialen Forums Europa, die Einführung einer supranationalen Abgabe auf den Finanzmärkten: "Kurzfristige Kursgewinne und Spekulationen sind die Realität auf den Finanzmärkten. Nur mehr ein kleiner Teil der Transaktionen finanziert realwirtschaftliche Geschäfte wie Handelsgüter und Dienstleistungen. Aufgrund dieser Entwicklungen ist die Zeit reif für internationale Abgaben." Eine Möglichkeit sei eine Besteuerung von Finanztransaktionen mit einem sehr niedrigen Steuersatz von etwa 0,01 Prozent. "Eine inter-nationale Abgabe auf den Handel mit Aktien, Derivaten, Devisen etc. erhöht die Transparenz und ist zudem das richtige Instrument, um internationale Aufgaben gemeinsam finanzieren zu können ohne den Finanzplatz zu gefährden", betont Franz Fischler.

Für eine sozial und ökologisch verantwortungsvolle Wirtschaftsentwicklung
Als Träger der Global Marshall Plan Initiative setzt sich das Ökosoziale Forum für eine sozial gerechte und ökologisch verantwortungsvolle Welt-Wirtschaftsentwicklung ein. Und spricht sich seit langem für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer aus. "Eine Bagatellsteuer auf Finanztransaktionen würde auch die internationalen Player auf den Finanzmärkten in die Pflicht nehmen, um die EU oder dringende internationale Aufgaben wie die Erreichung der Millenniums-Entwicklungsziele zu finanzieren", betont Franz Fischler.

WIFO: Bagatellbesteuerung würde Finanzmärkte nicht gefährden
Eine geringe Besteuerung aller handelbaren Finanztransaktionen würde die Finanzmärkte Europas nicht gefährden, betonten Margit Schratzenstaller und Stephan Schulmeister vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung bei der Veranstaltung in Wien und belegen das auch durch den Erfolg der mit 0,5 Prozent relativ hohen britischen Aktientransaktionssteuer (stamp duty). Auch Handelsplätze mit besonders großen Börsenumsätzen (z. B. Großbritannien) würden nicht speziell belastet, weil eine Transaktionssteuer letztlich nicht von der Börse selbst, sondern von den internationalen Investoren aus den verschiedensten Ländern gezahlt würde.

Seit der Liberalisierung der Finanzmärkte in den 80er Jahren ist die Zahl der Finanztransaktionen massiv gestiegen. Heute beträgt das globale Volumen der Finanztransaktionen laut WIFO 3.300 Billionen US Dollar im Jahr, oder 13.100 Milliarden US Dollar pro Handelstag. Auch der Hintergrund der Geldgeschäfte hat sich stark geändert. Nur mehr ein kleiner Teil finanziert realwirtschaftliche Geschäfte wie Handelsgüter und Dienstleistungen. So ist das Volumen von Devisenge-schäften fast 70 Mal höher als das Volumen des Handels mit Gütern und Dienstleistungen.

Eine Bagatellbesteuerung von nur 0,01 Prozent innerhalb des EU-Raumes würde laut WIFO Einnahmen von rund 103,9 Mrd. Dollar im Jahr bringen (Rechnung mit mittlerem Transactions-Reduction-Scenario TRS /Zahlen vom Jahr 2006). Das sind umgerecht 82,7 Mrd. Euro - fast zwei Drittel des gesamten EU-Budgets für das Jahr 2008 (EU-Haushalt = 129,1 Mrd. Euro im Jahr 2008). In Österreich lägen die Erträge bei einem Steuersatz von 0,01 (im mittleren TRS) bei 0,5 Mrd. Euro.

Ökosoziales Forum als überparteiliche Plattform für Ökosoziale Marktwirtschaft
Das Ökosoziale Forum Europa vereinigt als überparteiliche Plattform Persönlichkeiten, Institutionen und Organisationen aus verschiedenen europäischen Ländern mit dem Ziel, die Idee der Ökosozialen Marktwirtschaft zu verbreiten, zu vertiefen und in der Politikgestaltung zu verankern. Die Ökosoziale Marktwirtschaft verbindet eine wertschöpfungsfähige Marktwirtschaft mit sozialer Fairness und Ökologie im Sinne von Nachhaltigkeit. Die Mitwirkenden im Ökosozialen Forum Europa wollen diesem Konzept in der Politikgestaltung auf Ebene der einzelnen Staaten, der EU und in internationalen Organisationen (WTO, UNO, OECD etc.) zum Durchbruch verhelfen.

Der Global Marshall Plan vereinigt als integrative Plattform rund 150 Organisationen und tausende Einzelpersonen. Ziel der Initiative ist eine fairere Gestaltung der Globalisierung und der weltökonomischen Prozesse. Der Global Marshall Plan fordert verbesserte und verbindliche globale Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft und die rasche Verwirklichung der weltweit vereinbarten Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, um die Armut weltweit bis 2015 zu halbieren.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück