Wo das im familiären Umfeld nicht möglich ist, muss die Politik Rechtssicherheit
schaffen
Wien (bmgf) - "Die Pflege und Betreuung von Angehörigen ist eine große Herausforderung,
die unsere volle Unterstützung verdient. Wo das im familiären Umfeld nicht möglich ist, muss die
Politik Rechtssicherheit schaffen und Menschen die Möglichkeit bieten, in Würde zu Hause gepflegt und
betreut zu werden", sagte Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky am 04.02. im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz
mit Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein sowie dem Nationalratsabgeordneten und ÖVP-Behindertensprecher
Franz-Joseph Huainigg.
Der Nationalrat hatte mit Entschließung vom 16. Jänner 2008 eine Regierungsvorla-ge zum Gesundheits-
und Krankenpflegegesetz gefordert. Diese soll insbesondere gewährleisten, dass Betreuungspersonen im Sinne
des Hausbetreuungsgesetzes auch Assistenz bei Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sowie bei Körperpflege
und Toilette vornehmen dürfen.
"Wir brauchen ein alltagstaugliches Modell, eine leistbare, unbürokratische und legale Regelung für
die Betroffenen und deren Familien. Es freut mich deshalb sehr, dass wir schon wenige Tage nach der Entschließung
des Nationalrates in enger Zusammenarbeit mit dem BMWA eine Novelle vorlegen können, die in den nächsten
Tagen in Begutachtung gehen wird", so Kdolsky weiter.
"Diese Gesetzesvorlage, deren Adressaten die Betreuungskräfte sowie persönliche Assistenten sind,
ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Trennlinien zwischen Pflege
und Betreuung geringer zu gestalten und die Schnittstellenproblematik zu überwinden", sagt Wirtschafts-
und Arbeitsmi-nister Martin Bartenstein.
Das Thema Pflege sei die letzte große Baustelle in Österreichs Sozialsystem, so der Arbeitsminister.
Es werde wohl einige Jahre in Anspruch nehmen, um Pflege aus der Sozialhilfe herauszuführen und damit das
Pflegerisiko gleich wie das Krankheitsrisiko abzusichern. "Aber: eine lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt."
Für NRAbg. Huainigg werden mit der Novelle die wesentlichen Forderungen umgesetzt, die sowohl betreuenden
als auch betreuten Personen Rechtssicherheit geben. Vor allem werde damit behinderten Menschen ein integriertes
Leben außerhalb von Krankanstalten ermöglicht, so Huainigg.
Die Änderungen im Detail
Zum einen umfasst die Gesetzesinitiative Änderungen im Gesunden- und Kranken-pflegeGesetz (GuKG) und
dem Ärztegesetz (ÄrzteG). Zudem werden das Haus-betreuungsgesetzes (HBeG) angepasst, indem die erwähnten
Tätigkeiten dem Betreuungsbegriff des im HBeG unterstellt werden. Der Tätigkeitskatalog zum Ge-werbe
der Personenbetreuung wird entsprechend den Änderungen im GuKG und ÄrzteG ebenso erweitert. Somit wird
in fachlicher und berufsrechtlicher Hinsicht end-gültig Rechtssicherheit für Betreuungskräfte geschaffen.
Klargestellt wird, dass Personen, die nicht zur Ausübung eines Gesundheits- und Krankenpflegeberufs berechtigt
sind, befugt sind, im Rahmen der Unterstützung betreuungsbedürftiger Menschen folgende Tätigkeiten
durchzuführen, solange keine Umstände vorliegen, die aus medizinischer Sicht die Durchführung dieser
Tätigkeiten durch Laien nicht zulassen:
- Unterstützung bei der Nahrungs-, Flüssigkeits- und Arzneimittelaufnahme,
- Unterstützung bei der Körperpflege,
- Unterstützung bei der Benützung von Toilette oder Leibstuhl einschließlich Hilfestellung beim
Wechsel von Inkontinenz-Produkten.
Damit eine 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung praxisnah realisiert werden kann, ist es darüber hinaus
erforderlich, dass eine Möglichkeit der Delegation einzelner pflegerischer und ärztlicher Tätigkeiten
an Personenbetreuer/innen im Ein-zelfall geschaffen wird.
Dies betrifft beispielsweise die Verabreichung von Arzneimitteln, aber freilich nur dann, wenn sich der delegierende
Arzt bzw. Pflegekraft nach vorheriger Anleitung genau vergewissert hat, dass die Person, an die die Delegierung
erfolgt, über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt. Im Hinblick auf die Qualitätssicherung
ist dies unerlässlich.
Diese Problematik stellt sich auch im Zusammenhang mit der Begleitung und Unterstützung von Menschen mit dauerhaften
körperlichen Funktionsbeein-trächtigungen (persönliche Assistenz), um diesen Menschen eine gleichberechtigte
und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen.
Insgesamt hat diese Regelung einerseits dem Erfordernis des Funktionierens einer 24-Stunden-Rund-um-die-Uhr-Betreuung
bzw. der Ermöglichung eines selbstbestimmten Lebens von funktionsbeeinträchtigten Menschen Rechnung zu
tragen und andererseits zu gewährleisten, dass nur Tätigkeiten, die keine gesundheitliche Gefahr für
die betreuten Menschen sowie die Betreuer/innen darstellen, durch medizinische Laien durchgeführt bzw. an
diese delegiert werden.
Der gesetzlich ausdrücklich geforderten Qualitätssicherung und der Möglichkeit, die Delegierung
zu befristen um so eine laufende Kontrolle der Laienbetreuer im gebotenen Maß sicherzustellen, kommt daher
größter Stellenwert zu.
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