Maschinenbauer der Technischen Universität
(TU) Wien untersuchen den Übergang von laminaren zu turbulenten Strömungen mit Hilfe von mathematischen
Störungsmethoden
Wien (tu) - Die für den Widerstand eines schlanken Flugkörpers verantwortlichen Reibungseffekte
sind bei hohen Geschwindigkeiten auf eine dünne körpernahe Schicht begrenzt. Mit der Berechnung des Verhaltens
dieser sogenannten Grenzschicht beschäftigen sich Professor Alfred Kluwick, Vorstand des Institutes für
Strömungsmechanik und Wärmeübertragung der TU Wien und Universitätsdozent Stefan Braun. Durch
Anstellen eines Tragflügels wird der für den Flug notwendige Auftrieb erzeugt. Zu starkes Anstellen führt
zum plötzlichen Verlust des Auftriebes und birgt die Gefahr eines Absturzes. Diese Flugmanöver führen
daher nur Kunstflieger absichtlich herbei. Bei geringeren Anstellwinkeln kann sich unter normalen Flugbedingungen
eine moderatere Form der Strömungsablösung in Form einer kleinen Ablöseblase innerhalb der Grenzschicht
ausbilden, die typischerweise den laminar-turbulenten Übergang der Grenzschichtströmung bewirkt. Die
Untersuchung dieses Phänomens ist deshalb von großer Bedeutung, weil die stromab der Ablöseblase
anschließende turbulente Strömungsform im Gegensatz zur laminaren mit einem höheren schädlichen
Widerstand und damit auch mit einem höheren Treibstoffverbrauch verbunden ist, den man vermeiden will. Außerdem
verspricht man sich von einem grundlegenden physikalischen Verständnis des Strömungsüberganges (Transitionsvorganges)
mehr Einsicht in die Dynamik der Turbulenz selbst. Mit Hilfe eines in die Grenzschicht eingebrachten Rauchfadens
lässt sich die Ablöseblase und der dadurch bewirkte Transitionsvorgang sichtbar machen.
Den höheren Widerstandsbeitrag der turbulenten Strömung möchten die TU-WissenschafterInnen durch
spezielle Strömungskontrollmaßnahmen an der sensiblen Stelle der Ablöseblase vermeiden beziehungsweise
hinauszögern und so verbesserte Strömungsverhältnisse an Tragflügel-, Hubschrauber- und Windkraftrotorblättern
sowie bei Turbo- und Wasserkraftmaschinen erreichen. "Ziel ist es, zur Strömungskontrolle sogenannte
'smart structures' - ein Zusammenspiel von Sensoren, Aktuatoren und Echtzeitdatenverarbeitung - mit den Erkenntnissen
der theoretischen Strömungsmechanik zu einer Einheit zu verbinden", erläutert Alfred Kluwick. Mit
Hilfe von asymptotischen, das heißt weitgehend analytischen Methoden, die die TU-ForscherInnen bei ihren
Berechnungen anwenden, können beispielsweise Diskretisierungs- und Rundungsfehler, die sich bei einem rein
numerischen Zugang zwangsweise ergeben, vermieden werden. Die komplizierten Grundgleichungen der Strömungsmechanik
(Navier-Stokes Gleichungen) werden mit Störungsmethoden entwickelt. Das daraus erhaltene, wesentlich vereinfachte
Gleichungssystem und dessen Lösungen führen zu einem grundlegenden Verständnis des Strömungsverhaltens.
Die Vermutung, dass der Transitionsvorgang im Zusammenhang mit der Ablöseblase eine charakteristische Schallabstrahlung
aufweist, wird derzeit im Rahmen eines FWF Postdoc Forschungsprojektes von Dr. Stefan Scheichl untersucht. Kluwick:
"Wenn man in der Lage ist, die Schallabstrahlung richtig zu interpretieren, weiß man, ab wann es gefährlich
wird und kann noch etwas dagegen unternehmen. Ich bin überzeugt davon, dass man die in diesem Bereich sehr
sensible Strömungen mit relativ einfachen Mitteln und vor allem geringen Energieeinsatz regeln kann. Bereits
eine geringfügig deformierteOberfläche, zum Beispiel mit Hilfe einer elastischen Membran oder einem Schlitz,
durch den das strömende Medium gezielt abgesaugt wird, beeinflusst das Verhalten der Ablöseblase entscheidend."
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