Berlin (idw) - Zum ersten Mal haben Wissenschaftler bei einem Wirbeltier
beobachtet, wie sich aus einer flachen Scheibe die Vorstufe des Herzens, das Herzrohr, entwickelt. Ihre Untersuchungen
machten Stefan Rohr und Cécile Otten aus der Forschungsgruppe von Dr. Salim Abdelilah-Seyfried vom Max-Delbrück-Centrum
für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch an Embryonen von Zebrafischen. Diese Embryonen sind durchsichtig,
sodass Forscher jede Zelle des lebenden Tieres unter dem Mikroskop verfolgen können. Das macht diese Wirbeltiere
für Entwicklungsbiologen besonders interessant. Die Ergebnisse der MDC-Forscher hat jetzt die Fachzeitschrift
Circulation Research (Vol. 102, Nr. 2, 31. Januar 2008)* veröffentlicht.
Eine der größten Aufgaben der Entwicklungsbiologie ist es gegenwärtig, die zellulären Umwandlungprozesse
zu verstehen, die zur drei- dimensionalen Gestalt (Morphogenese) von Organen führen. Ein besseres Verständnis
dieser Vorgänge ist Voraussetzung für die Aufklärung angeborener Fehlbildungen von Organen.
Das Herz zum Beispiel entwickelt sich im Embryo aus einer flachen Scheibe, dem sogenannten Herzfeld. Das Gewebe
dieser zwei- dimensionalen Struktur besteht aus einer dünnen Schicht von Epithelzellen. Ähnliche Zellen
kleiden alle inneren Organe, aber auch die Haut und Blutgefäße aus. Durch welche Prozesse formen diese
Zellen das drei-dimensionale Herzrohr, aus dem dann ein mehrkammeriges Hohlorgan wird? Wandern einzelne Zellen
und bilden die Hohlstruktur indem sie sich mit anderen Zellen zusammenschliessen oder verformt sich das gesamte
Herzfeld? Diese Fragen waren bisher in der Entwicklungsbiologie ungeklärt.
Wie Stefan Rohr, Doktorand bei Dr. Abdelilah-Seyfried, zeigen konnte, verhalten sich die Zellen des rechten und
linken Herzfeldes sehr unterschiedlich. Die rechtsliegenden Zellen machen eine Gruppenwanderung und formen eine
Art Lippe, die sich unter die linksliegenden Zellen schiebt und dabei nochmals um die eigene Achse dreht. Dabei
bildet die rechte Seite des Herzfeldes die Unterseite, während die linke Seite des Herzfeldes zur künftigen
Oberseite des Herzschlauchs wird. Gesteuert wird dieser Vorgang von unterschiedlichen Genen, welche auch die Rechts-/Links-Asymmetrie
von Wirbeltieren kontrollieren. Schalteten die Forscher eines dieser Gene aus, wanderten die Zellen häufig
in die falsche Richtung und die Lippe bildete sich an der falschen Stelle. |