Außenministerin Plassnik in der Fragestunde des Nationalrats
Wien (pk) - Die österreichische Katastrophenhilfe im Ausland und der Einsatz des Bundesheers
im Tschad waren die zentralen Themen der Fragestunde, mit der am 30.01. die Sitzung des Nationalrats eröffnet
wurde. Außenministerin Dr. PLASSNIK machte deutlich, dass es im Außenministerium keinen "geheimen
Topf" nicht ausgegebener Steuermittel gebe, und verteidigte engagiert die Auslandseinsätze des Bundesheers
einschließlich des Tschad-Einsatzes.
Abgeordnete Dr. EDER-GITSCHTHALER (V): Was kann eine Außenministerin zur Verbesserung der Situation der Frauen
in der Welt beitragen?
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Außenministerin Dr. PLASSNIK erinnerte an im vergangenen Jahr durchgeführte einschlägige Konferenzen
und stellte klar, dass das österreichische Engagement für den Schutz von Frauen und Kindern in Krisenregionen
fortgesetzt werde. Österreich trete für die universelle Geltung der Menschenrechte ein; hinsichtlich
der Situation in Kenia sei Österreich im Rahmen der EU-Außenministerkonferenz aktiv geworden und unterstütze
die Initiative des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan. Auch die Menschenrechtssituation in Lateinamerika
werde regelmäßig thematisiert. In einer Zusatzfrage auf die Frauenquote in ihrem Ministerium angesprochen,
nannte die Ressortchefin Zahlen: In ihrer Amtszeit seien 29 Frauen in wichtige Positionen gelangt, 15 Auslandsvertretungen
würden von Frauen geleitet, im Außenamt gebe es eine Protokollchefin und auch die Entwicklungsagentur
stehe unter der Leitung einer Frau.
Abgeordnete Mag. LUNACEK (G): Werden Sie dem Vorschlag von Caritas-Präsident Franz Küberl nachkommen,
einen "fix dotierten Auslandskatastrophenfonds im Außenministerium" einzurichten, um den ÖsterreicherInnen
künftig Peinlichkeiten wie die groß angekündigte aber letztlich nur zu etwa einem Viertel ausgeschöpfte
Tsunami-Hilfe zu ersparen?
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Die Ministerin wies den Vorwurf einer "Peinlichkeit" zurück und umriss die eingeschlagene "verantwortungsvolle
Vorgangsweise": Nach dem Tsunami sei von der Regierung ein finanzieller Rahmen für Hilfsmaßnahmen
festgelegt worden; da es schließlich aber keine Projekte mehr gegeben habe, die zu finanzieren waren, habe
man das Geld der Steuerzahler "nicht mit Gewalt ausgegeben". Beim Tsunami hätten 86 ÖsterreicherInnen
den Tod gefunden, rund 1.700 Personen seien aus dem Katastrophengebiet heimgeholt worden. Dafür seien 1,4
Mill. € aufgewendet worden, zusätzlich 2 Mill. € für Projekte unterschiedlicher Art. Man habe zum einen
Projektträger – NGO – unterstützt, zum anderen direkte Hilfe geleistet, etwa bei der Identifizierung
der Opfer und bei der Aufbereitung von Trinkwasser. Es sei bei Hilfe im Ausland immer auch ein wichtiges Anliegen,
die Mittel richtig einzusetzen und Missbrauch hintanzuhalten. Dem in einer Zusatzfrage angesprochenen Vorschlag,
im Auslands-Katastrophenfonds zurückgebliebene Mittel im Inland einzusetzen, erteilte Plassnik eine Absage,
weil es derartige übrige Mittel nicht gebe. Ausdrücklich sprach sich die Außenministerin dagegen
aus, private Spenden aus Steuergeld zu verdoppeln, weil dies eine Form von "Zwangsspenden" darstelle.
Abgeordneter WEINZINGER (F): Sie ließen am 25.11.2007 folgendes verlauten: "Wir können die militärische
Lage im Tschad nicht einschätzen, aber den Einsatz verantworten". Liegt diese widersprüchliche Einschätzung
darin begründet, dass der Einsatz des Österreichischen Bundesheeres im Tschad eine zu erbringende Vorleistung
für den von Ihnen angestrebten nicht permanenten Sitz Österreichs im UN-Sicherheitsrat ist?
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Das vom Fragesteller angeführte Zitat sei eine "unsinnige Aussage", stellte die Außenministerin
klar, es sei inhaltlich falsch und weder von ihr noch von MitarbeiterInnen ihres Ressorts gesagt worden. Plassnik
sprach von einem "Versuch, den Tschad-Einsatz zu diffamieren", denn tatsächlich sei man über
die Sicherheitslage sehr wohl informiert. Zudem habe Österreich mit insgesamt 60.000 Menschen bei verschiedenen
Friedenseinsätzen einen derartigen Einsatz mit Blick auf den nicht ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat
"nicht nötig". Die Chancen Österreichs auf den Sitz im Sicherheitsrat schätzte Plassnik
als "gut" ein, weil Österreich als erfahrenes Land geschätzt werde.
Abgeordneter WEINZINGER bedankte sich für diese Klarstellung und stellte eine Zusatzfrage zum seiner Ansicht
nach islamistischen Regime im Sudan. Die Außenministerin stellte dazu klar, dass der Einsatz des Bundesheers
nicht im Sudan erfolge, sondern im Tschad. Grundlage dafür seien Mandate der EU und der UNO, wobei 14 von
27 EU-Staaten sich an dem Einsatz beteiligten, darunter Neutrale wie Schweden und Finnland. Die weiter zurückreichende
Präsenz französischer Soldaten im Tschad sei eine Tatsache; diese seien aber von den EUFOR-Kräften
strikt getrennt, und Überparteilichkeit gehöre zum Teil der operationellen Leitlinie der EUFOR-Truppen.
Außerdem sei man am politischen Dialog interessiert und um politische Lösungen bemüht. Österreich
sei nie ein "Trittbrettfahrer der Solidarität" gewesen, betonte die Ministerin, es entspräche
österreichischer Tradition, dort zu helfen, wo ein sinnvoller Beitrag geleistet werden könne.
Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S): Ist es zutreffend, dass ein interner Revisionsbericht des Bundesministeriums für
europäische und internationale Angelegenheiten nun aufzeigt, dass von 34 Mill. € Tsunami-Hilfe der damaligen
Bundesregierung nur 8,9 Mill. € tatsächlich den Betroffenen zu Gute kamen?
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Die Außenministerin stellte klar, dass ein derartiger Bericht nicht existiere. In einer Zusatzfrage auf die
externe Koordination der Hilfsmaßnahmen nach der Tsunami-Katastrophe – durch Exminister Ernst Strasser –
angesprochen, stellte sie klar, dass die externe Koordination wegen der Beteiligung mehrerer Ressorts sinnvoll
gewesen sei; Strasser habe die Koordination zudem ehrenamtlich gemacht. Plassnik nannte weitere Zahlen im Zusammenhang
mit dem Tsunami: 231 Mitarbeiterinnen seien engagiert gewesen, davon 51 aus ihrem Ressort. Es habe zusätzliche
Hilfsmaßnahmen für betroffene Angehörige gegeben. Die Tsunami-Hilfe sei sinnvoll und nachhaltig
gewesen und zudem von der Innenrevision, dem Rechnungshof und einem Beirat des Finanzministeriums geprüft
worden. Ein Wiederaufbauprojekt für eine Bahnlinie sei allerdings über das Stadium eines Vorschlags nicht
hinausgekommen.
Abgeordneter OBERNOSTERER (V): Welche Vorteile hat die EU-Mitgliedschaft für Österreich in den letzten
Jahren gebracht?
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Um nicht den Rahmen der Fragestunde zu sprengen, beschränkte sich die Ministerin auf wenige Stichworte: die
Möglichkeit der Mitgestaltung in der EU, bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Kriminalität und Terror,
die Erfolge der Wirtschaft, speziell im Export und nach der Osterweiterung, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt
– "es hat sich für Österreich bezahlt gemacht", fasste Dr. Plassnik zusammen. Auf eine Zusatzfrage
nach dem Nutzen für Kärnten nannte die Ressortchefin konkrete Zahlen: Seit dem EU-Beitritt Österreichs
lukriere Kärnten pro Jahr rund 70 Mill. € an Förderungen, von 2007 bis 2013 würde dieser Betrag
auf 85 Mill. € steigen.
Warum sie sich dennoch vor einer Volksabstimmung über den EU-Vertrag fürchte, wurde Plassnik gefragt.
Furcht sei ihre Sache nicht, replizierte die Ministerin, doch als Juristin sei ihr bewusst, dass dies kein Fall
für eine Volksabstimmung sei. Dies falle, wie in der Vergangenheit, in die Zuständigkeit der gewählten
Volksvertreter.
Auf die Reform der Wegekostenrichtlinie der EU angesprochen, betonte die Außenministerin, die vom Bundeskanzler
skizzierte Linie werde von der Bundesregierung geschlossen vertreten und sei in Brüssel bekannt.
Auf eine Zusatzfrage nach ungesetzlichen Einreisen und Visahandel betonte Plassnik, dass das Außen- und das
Innenministerium gemeinsam um bestmögliche Überwachung bemüht seien und ein "möglichst
missbrauchsfestes System" angestrebt werde. Darauf seien Ausbildungsmaßnahmen sowie die Zusammenarbeit
mit den Partnern in Österreich und im Ausland ausgerichtet. Wo Missbräuche festgestellt worden seien,
arbeite das Außenamt eng mit den ermittelnden Behörden und der Justiz zusammen, betonte Außenministerin
Plassnik. |