Vom Tsunami bis zum Tschad-Einsatz   

erstellt am
31. 01. 08

Außenministerin Plassnik in der Fragestunde des Nationalrats
Wien (pk) - Die österreichische Katastrophenhilfe im Ausland und der Einsatz des Bundesheers im Tschad waren die zentralen Themen der Fragestunde, mit der am 30.01. die Sitzung des Nationalrats eröffnet wurde. Außenministerin Dr. PLASSNIK machte deutlich, dass es im Außenministerium keinen "geheimen Topf" nicht ausgegebener Steuermittel gebe, und verteidigte engagiert die Auslandseinsätze des Bundesheers einschließlich des Tschad-Einsatzes.


Abgeordnete Dr. EDER-GITSCHTHALER (V): Was kann eine Außenministerin zur Verbesserung der Situation der Frauen in der Welt beitragen?

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Außenministerin Dr. PLASSNIK erinnerte an im vergangenen Jahr durchgeführte einschlägige Konferenzen und stellte klar, dass das österreichische Engagement für den Schutz von Frauen und Kindern in Krisenregionen fortgesetzt werde. Österreich trete für die universelle Geltung der Menschenrechte ein; hinsichtlich der Situation in Kenia sei Österreich im Rahmen der EU-Außenministerkonferenz aktiv geworden und unterstütze die Initiative des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan. Auch die Menschenrechtssituation in Lateinamerika werde regelmäßig thematisiert. In einer Zusatzfrage auf die Frauenquote in ihrem Ministerium angesprochen, nannte die Ressortchefin Zahlen: In ihrer Amtszeit seien 29 Frauen in wichtige Positionen gelangt, 15 Auslandsvertretungen würden von Frauen geleitet, im Außenamt gebe es eine Protokollchefin und auch die Entwicklungsagentur stehe unter der Leitung einer Frau.

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G): Werden Sie dem Vorschlag von Caritas-Präsident Franz Küberl nachkommen, einen "fix dotierten Auslandskatastrophenfonds im Außenministerium" einzurichten, um den ÖsterreicherInnen künftig Peinlichkeiten wie die groß angekündigte aber letztlich nur zu etwa einem Viertel ausgeschöpfte Tsunami-Hilfe zu ersparen?

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Die Ministerin wies den Vorwurf einer "Peinlichkeit" zurück und umriss die eingeschlagene "verantwortungsvolle Vorgangsweise": Nach dem Tsunami sei von der Regierung ein finanzieller Rahmen für Hilfsmaßnahmen festgelegt worden; da es schließlich aber keine Projekte mehr gegeben habe, die zu finanzieren waren, habe man das Geld der Steuerzahler "nicht mit Gewalt ausgegeben". Beim Tsunami hätten 86 ÖsterreicherInnen den Tod gefunden, rund 1.700 Personen seien aus dem Katastrophengebiet heimgeholt worden. Dafür seien 1,4 Mill. € aufgewendet worden, zusätzlich 2 Mill. € für Projekte unterschiedlicher Art. Man habe zum einen Projektträger – NGO – unterstützt, zum anderen direkte Hilfe geleistet, etwa bei der Identifizierung der Opfer und bei der Aufbereitung von Trinkwasser. Es sei bei Hilfe im Ausland immer auch ein wichtiges Anliegen, die Mittel richtig einzusetzen und Missbrauch hintanzuhalten. Dem in einer Zusatzfrage angesprochenen Vorschlag, im Auslands-Katastrophenfonds zurückgebliebene Mittel im Inland einzusetzen, erteilte Plassnik eine Absage, weil es derartige übrige Mittel nicht gebe. Ausdrücklich sprach sich die Außenministerin dagegen aus, private Spenden aus Steuergeld zu verdoppeln, weil dies eine Form von "Zwangsspenden" darstelle.

Abgeordneter WEINZINGER (F): Sie ließen am 25.11.2007 folgendes verlauten: "Wir können die militärische Lage im Tschad nicht einschätzen, aber den Einsatz verantworten". Liegt diese widersprüchliche Einschätzung darin begründet, dass der Einsatz des Österreichischen Bundesheeres im Tschad eine zu erbringende Vorleistung für den von Ihnen angestrebten nicht permanenten Sitz Österreichs im UN-Sicherheitsrat ist?

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Das vom Fragesteller angeführte Zitat sei eine "unsinnige Aussage", stellte die Außenministerin klar, es sei inhaltlich falsch und weder von ihr noch von MitarbeiterInnen ihres Ressorts gesagt worden. Plassnik sprach von einem "Versuch, den Tschad-Einsatz zu diffamieren", denn tatsächlich sei man über die Sicherheitslage sehr wohl informiert. Zudem habe Österreich mit insgesamt 60.000 Menschen bei verschiedenen Friedenseinsätzen einen derartigen Einsatz mit Blick auf den nicht ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat "nicht nötig". Die Chancen Österreichs auf den Sitz im Sicherheitsrat schätzte Plassnik als "gut" ein, weil Österreich als erfahrenes Land geschätzt werde.

Abgeordneter WEINZINGER bedankte sich für diese Klarstellung und stellte eine Zusatzfrage zum seiner Ansicht nach islamistischen Regime im Sudan. Die Außenministerin stellte dazu klar, dass der Einsatz des Bundesheers nicht im Sudan erfolge, sondern im Tschad. Grundlage dafür seien Mandate der EU und der UNO, wobei 14 von 27 EU-Staaten sich an dem Einsatz beteiligten, darunter Neutrale wie Schweden und Finnland. Die weiter zurückreichende Präsenz französischer Soldaten im Tschad sei eine Tatsache; diese seien aber von den EUFOR-Kräften strikt getrennt, und Überparteilichkeit gehöre zum Teil der operationellen Leitlinie der EUFOR-Truppen. Außerdem sei man am politischen Dialog interessiert und um politische Lösungen bemüht. Österreich sei nie ein "Trittbrettfahrer der Solidarität" gewesen, betonte die Ministerin, es entspräche österreichischer Tradition, dort zu helfen, wo ein sinnvoller Beitrag geleistet werden könne.

Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S): Ist es zutreffend, dass ein interner Revisionsbericht des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten nun aufzeigt, dass von 34 Mill. € Tsunami-Hilfe der damaligen Bundesregierung nur 8,9 Mill. € tatsächlich den Betroffenen zu Gute kamen?

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Die Außenministerin stellte klar, dass ein derartiger Bericht nicht existiere. In einer Zusatzfrage auf die externe Koordination der Hilfsmaßnahmen nach der Tsunami-Katastrophe – durch Exminister Ernst Strasser – angesprochen, stellte sie klar, dass die externe Koordination wegen der Beteiligung mehrerer Ressorts sinnvoll gewesen sei; Strasser habe die Koordination zudem ehrenamtlich gemacht. Plassnik nannte weitere Zahlen im Zusammenhang mit dem Tsunami: 231 Mitarbeiterinnen seien engagiert gewesen, davon 51 aus ihrem Ressort. Es habe zusätzliche Hilfsmaßnahmen für betroffene Angehörige gegeben. Die Tsunami-Hilfe sei sinnvoll und nachhaltig gewesen und zudem von der Innenrevision, dem Rechnungshof und einem Beirat des Finanzministeriums geprüft worden. Ein Wiederaufbauprojekt für eine Bahnlinie sei allerdings über das Stadium eines Vorschlags nicht hinausgekommen.

Abgeordneter OBERNOSTERER (V): Welche Vorteile hat die EU-Mitgliedschaft für Österreich in den letzten Jahren gebracht?

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Um nicht den Rahmen der Fragestunde zu sprengen, beschränkte sich die Ministerin auf wenige Stichworte: die Möglichkeit der Mitgestaltung in der EU, bessere Möglichkeiten im Kampf gegen Kriminalität und Terror, die Erfolge der Wirtschaft, speziell im Export und nach der Osterweiterung, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – "es hat sich für Österreich bezahlt gemacht", fasste Dr. Plassnik zusammen. Auf eine Zusatzfrage nach dem Nutzen für Kärnten nannte die Ressortchefin konkrete Zahlen: Seit dem EU-Beitritt Österreichs lukriere Kärnten pro Jahr rund 70 Mill. € an Förderungen, von 2007 bis 2013 würde dieser Betrag auf 85 Mill. € steigen.

Warum sie sich dennoch vor einer Volksabstimmung über den EU-Vertrag fürchte, wurde Plassnik gefragt. Furcht sei ihre Sache nicht, replizierte die Ministerin, doch als Juristin sei ihr bewusst, dass dies kein Fall für eine Volksabstimmung sei. Dies falle, wie in der Vergangenheit, in die Zuständigkeit der gewählten Volksvertreter.

Auf die Reform der Wegekostenrichtlinie der EU angesprochen, betonte die Außenministerin, die vom Bundeskanzler skizzierte Linie werde von der Bundesregierung geschlossen vertreten und sei in Brüssel bekannt.

Auf eine Zusatzfrage nach ungesetzlichen Einreisen und Visahandel betonte Plassnik, dass das Außen- und das Innenministerium gemeinsam um bestmögliche Überwachung bemüht seien und ein "möglichst missbrauchsfestes System" angestrebt werde. Darauf seien Ausbildungsmaßnahmen sowie die Zusammenarbeit mit den Partnern in Österreich und im Ausland ausgerichtet. Wo Missbräuche festgestellt worden seien, arbeite das Außenamt eng mit den ermittelnden Behörden und der Justiz zusammen, betonte Außenministerin Plassnik.
 
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